Störgröße M
ihre Arbeit einstellten und sich zurückzogen, ging einer von Parcholds Leuten auf die Schleuse zu. Das Letzte, was man von dem Mann sah, war sein Schatten. Vor der Schleuse zuckte ein Lichtblitz auf, eine feurige Woge wälzte sich gangeinwärts. Knackend bogen sich in der Hitze die Wandplatten. Von den fünf Automaten blieb nur ein Gewirr glühenden Schrotts.
Über den tragischen Tod des Besatzungsmitglieds wurden in kleinem Kreis erregte Debatten geführt. Man stellte Vermutungen an über die Ursache des Unglücks. Absurdeste Überlegungen kamen Laurenz zu Ohren. Doch nie tauchte in diesem Zusammenhang die Person des Kommandanten auf. Für niemanden existierte offenbar eine Schuldfrage. Wie sah es bei den Mitgliedern der Leitung aus? Wegen der Wacheinteilung hatte Laurenz weder mit Gendries noch mit Parchold sprechen können. Das Schweigen um Benders Namen beunruhigte ihn.
Als Laurenz die Zentrale betrat, überfiel ihn wie ein Schwall abgestandener Luft Stille. Ein Spinnweb reizgeladener Spannung umstrickte der Sinne Überempfindlichkeit.
Benders Lachen brach sich Bahn. »Sie sind abgefallen! Kinder, sie sind abgefallen. Sie haben es nicht durchgehalten.«
Molm sekundierte ihm mit einem euphorischen Hurrageschrei.
»Bist du nicht ein bißchen voreilig?« fragte Gendries.
Irritiert hielt Molm inne, sagte schnell: »Es ist unnötig, mir zu beweisen, daß der gefährlichste Abschnitt noch vor uns liegt. Ich habe in der Schule aufgepaßt und weiß, daß der Sprung in massereiche Raumsektoren, wie Planetensysteme sie darstellen, gefährlich ist.«
»Daher verboten«, ergänzte ihn Gendries.
»Wenn wir im Mittelpunkt eines Planeten aus dem Hyperraum auftauchen«, sagte Parchold, »gehst du unter Umständen in die Mythologie der Eingeborenen ein.«
Molm starrte ihn an, bis das Begreifen seine Miene zusammenzog, als hätte er ein Ungeziefer verschluckt. »Deine Witze waren schon immer platt«, zischte er.
Laurenz kicherte. Die Vorstellung von Parcholds fetter, teuflischer Existenz erheiterte ihn maßlos.
Molm bezog Laurenz’ Ausbruch auf sich. Sichtlich bereitete es ihm Mühe, in letzter Sekunde eine Erwiderung gegen den Stellvertreter des Kommandanten zu unterdrücken. »Wolltest du etwas sagen?« provozierte ihn Gendries.
Unversehens lief der Dritte rot an. »Es ist nur schade«, stotterte er. »Soviel ich weiß, ist die Unterwelt eine Männerwelt.«
»Da hast du wohl nicht aufgepaßt«, sagte Laurenz seufzend, um den Spott zu verbergen. »Es kommt nämlich ganz darauf an.«
»Spaß beiseite«, sagte Bender. »In sieben Stunden leiten wir das Bremsmanöver ein.«
Gendries starrte ihn an. »Das ist zu spät. Außerdem, meine ich, ist unser Vorsprung groß genug.«
Ungewohnt nachsichtig äußerte Bender: »Unterschätzt Aramet nicht. Ich wette, er hat noch Überraschungen in seiner Kiste, daß wir kopfstehen werden.«
»Wer hat Angst vorm Schwarzen Mann«, höhnte Parchold.
»Du solltest die Worte deines Kommandanten ernster nehmen«, rügte ihn Molm. »Das ganze Rennen über hat es sich gezeigt, daß Aramet die geringste Unaufmerksamkeit ausnutzt. Mitunter kam es mir merkwürdig vor, mit welcher Schnelligkeit sie reagierten. Als sage ihnen ein siebenter Sinn, wann und wo wir ihnen eine Chance überlassen.« Den letzten Satz sprach er mit bedeutungsheiserer Stimme, die ein lastendes Schweigen hinterließ.
»Du willst sagen, sie haben vielleicht einen Beobachter bei uns eingeschleust?«
Molm nickte. »Nicht ungeschickt, daß gerade du das aussprichst.«
Parchold fuhr auf, hatte sich jedoch sofort wieder in der Gewalt. Plötzlich wirkten seine Fettwülste wie gehauenes Eis, sein massiger Körper schien eine Bombe mit Zeitzünder zu sein. Doch verlor er kein Wort, atmete nicht einmal, wie es seiner Natur entsprach, schnaufend ein und aus. Statt dessen zog ein Lächeln sein Gesicht noch mehr in die Breite, aus seiner Kehle drang jenes nervenaufreibende Wimmern, das ein menschliches Lachen sein sollte.
»Molm«, sagte Laurenz mit gefährlich leiser Stimme, »es ist eine uralte Praxis, Kritiker der Zusammenarbeit mit dem Gegner zu beschuldigen. Am entschiedensten polemisierte stets Parchold gegen jegliche verantwortungslose Forcierung dieses Rennens. Schärfer als ich, was ich nun bereue, forderte er, den Kopf zu gebrauchen, Kühle und Überlegenheit zu bewahren, auch wenn es einen spektakulären Sieg kostet. Du hast dir ihm gegenüber noch lange nicht das Recht anzumaßen, eine solche, aus dümmlicher Arroganz geborene,
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