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Störgröße M

Störgröße M

Titel: Störgröße M Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Ulbrich
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kennenlernen«, sagte er.
»Hilf mir dabei«, erwiderte sie.
Den Rest der Fahrt sprachen sie über ihre Zukunft. Sie wollten Kinder haben, zwei oder drei. Die Geburteneinschränkung würde oben aufgehoben sein, wie so vieles andere!
Undine sagte: »Wir sind noch nie zusammen geflogen. Ich meine so, für uns selbst.«
»Du freust dich?« sagte er. »Ich bin voller Unruhe. Ich traue ihm keine ironische Revanche zu.«
Sie wehrte ab. »Du siehst Gespenster. Schließlich hast du es mit einer Persönlichkeit zu tun, die ihr Amt über solche Dinge erhebt. Du solltest nicht noch einmal versuchen, seine Entscheidungen zu korrigieren. Er handelt in seiner Verantwortung.«
»Er ist der beliebteste Mensch auf Erden.«
Sie zögerte. »Vielleicht. Man nennt ihn den ›Retter der Menschheit‹.«
»Findest du nicht«, fragte er spöttisch, »daß der Titel mir gebührte?«
Sie nahm seinen Ton auf und erwiderte: »Du bist unbescheiden, mein Lieber. Nennt man dich nicht bereits den ›neuen Prometheus‹?«
Er lachte fröhlich auf. »Habe ich mir nicht Anspruch auf beide erarbeitet, erlitten, habe ich nicht Anspruch, unbescheiden zu sein?«
»Vielleicht«, sagte sie. »Aber hast du es nötig?«
Das hielt er für den mutigsten Gedanken, den sie aussprach, seit Beginn ihres neuen Lebens, und er machte ihm Hoffnung. Er sagte, nicht um sie zu provozieren, sondern um die Hoffnung bestätigt zu bekommen: »Mose will keinen Bruder.«
Sie schwieg einen Moment lang verwirrt und überlegend. Sie sah an ihm vorbei auf die rasende Wand des Tunnels. Ihr Lächeln sollte sie entschuldigen.
»Du bist doch unbescheiden. Ist es dein Ehrgeiz, Aaron zu sein?«
»Was könnte ich sonst, welchen Gipfel könnte mein zweites Leben haben?«
Sie richtete sich auf. »Im Ernst, du bist ein erwachsener Mensch und rüttelst wie ein Kind an den Gittern des Kristalls. Du hast ihn eingenommen, deinen Platz. Du hast es bewußt getan, so wie der Koordinator, ich, Batoo, wir alle. Ich kann nicht auf einmal nicht mehr Commander sein wollen. Mein Energetiker muß Energetiker bleiben. Versteh mich doch!«
»Beispiele«, sagte er, »nichts als Beispiele. Du lebst in deinem Raumschiff, du befiehlst deiner Mannschaft. Die Erde, die Menschheit aber sind weder das eine noch das andere. Eingeschlossen in Enge, sind wir zu unseren eigenen Untertanen geworden. Aber nun herrschen wir wieder über die Welt. Dieses Selbstbewußtsein wird uns von der eigenen Last befreien.«
»Du Lieber«, sagte sie, »über dem Sterben bist du ein Träumer geworden. Aber ich will nicht, daß du dich zerstörst.«
Er zog sie an sich, soweit das die Sitze gestatteten. »Arme Undine. Was haben fünf Jahre aus dir werden lassen?« Seine Hand liebkoste ihr Gesicht. »Wir werden zusammen leben und zusammen entscheiden. Das ist das einzige, aber das Beste, was wir tun können. Das muß uns gelingen.«

Zivilleutnant Dincklee
»Man hat Sie hierher strafversetzt«, sagte Jeperzon.
    Dincklee neigte schräg, doch nur so weit den Kopf, daß er seinen Vorgesetzten nicht aus den Augen verlor. Von einer Strafversetzung war nie die Rede gewesen, und er sah nicht ein, warum er sich Angst einjagen lassen sollte.
    »Sie lächeln?« Jeperzon maßregelte ihn mit einem Kopfschütteln. »Ich könnte Ihrer, verzeihen Sie, unpassenden Geste nur insofern eine Motivation zubilligen, als ich bereit wäre anzunehmen, sie entspränge dem Bewußtsein, Ihre Kraft auch hier freudig – vor allem aber diszipliniert! – Ihrer Aufgabe widmen zu wollen.«
    Dincklee machte sich nicht die Mühe zu begreifen, was Jeperzon um sieben Ecken herum eigentlich hatte sagen wollen. Er hielt es für durchaus überflüssig, Zustimmung oder Ablehnung zu äußern. Er hatte den Kampf um »C4« gewonnen, und es war ihm ziemlich egal, was Jeperzon dachte oder erwartete.
    »Ich hatte gehofft, Sie würden sich hier bessern. Ihr Verhalten jedoch während des Einsatzes bei ›C4‹ straft jede Ihrer Beteuerungen Lügen.«
»Um einem Mißverständnis vorzubeugen«, versetzte
    Dincklee, »ich hatte nicht vor, irgend etwas zu beteuern.« »So«, Jeperzon zog das Wort in die Länge, »Sie hatten
nicht!« Er verstummte. Soviel Unverfrorenheit war er offenbar
nicht gewachsen. Er atmete aus, ohne etwas zu erwidern. Der
Luftstrom erzeugte einen ächzenden Ton, und die Falten in
seinem Gesicht fanden sich zu einem Muster des Bedauerns. Seine Schultern sanken wieder nach vorn. »Mann! Sind Sie
sich über Ihre Position im klaren?«
Luft, dachte Dincklee, nichts als

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