Störgröße M
wiederhaben.«
»Aber das andere«, sagte er, »wäre Flucht gewesen.«
Mit Ungestüm erstickte sie seine Worte, und er glaubte, aus ihrem Atem herauszuhören, versuche es nie wieder, versuche es nie wieder.
Zu schnell war er bereit, ihre Liebe zu erwidern. Mit dem Bewußtsein an die wiedergewonnene Zeit schwand die Bedrängung der Gedanken, und er nahm Undine heiterer und unbeschwerter wahr. Das doppelt errungene Leben ließ sie ein Glück empfinden, welches keine Grenze kannte, alles einbezog, was menschliche Sinne erreichte, und ihre Lust steigerte sich zu jener traumhaft atemlosen Erstmaligkeit. Er genoß das Gefühl, mit allen Erfahrungen des ersten Lebens ein zweites neues beginnen zu können. Wurm oder Schmetterling? Die Sicherheit der Larve oder der Gewalt der Stürme ausgesetzt. Wie hatte der Koordinator gesagt? Menschen mit solchen Eigenschaften braucht die Zukunft. Die Zukunft! Also nicht diese oder jene Erde.
Ihr Frühstück nahm einen heiteren Verlauf. Batoo war eingeladen, und Cerpendeels Tod wurde mit Witzen und Weisheiten bedacht. Schnell stellte sich eine dreieinige Vertraulichkeit her.
Cerpendeel blickte nach rechts und nach links. Da saßen ihm die beiden Menschen zur Seite, die über sein Leben entschieden hatten. An seiner Stelle hatte Undine ihr Einverständnis gegeben. Sie hatte beider Risiko auf sich genommen; Batoo und Cerpendeel, den Schöpfer und sein Werk, vereinte ihre Bewunderung. Ihre Freude und zärtliche Hingabe galt gleichermaßen Batoo, der sich der unausgesprochenen Danksagung entzog, indem er unkokett sagte: »Ich bin ein einfacher Arzt. Was kann ich schon für ein Geschenkmachen!«
»Wolltest du ihr eins machen?« fragte Cerpendeel.
»Du hättest sie nicht wiedererkannt«, sagte Batoo. »Jetzt belohnt mich ihr Anblick. Weißt du, wenn man zwei Jahre lang zu zweit ein Geheimnis trägt, lernt man ein Gesicht kennen. Ich wollte sie so sehen, wie sie jetzt ist.«
»Ich bin ein Scharlatan«, sagte Cerpendeel fröhlich. »Was versprichst du mir da! Schau genau hin.«
»Erwarte nicht zuviel«, sagte Batoo ernst. »Es waren wohl die schwersten Jahre ihres Lebens.«
»Nimm ihn nicht ernst«, sagte Undine. »Er übertreibt.«
»Gib es nur zu«, forderte Batoo. »Es tut deinem Selbstbewußtsein keinen Schaden.«
»Hört auf, euch zu streiten«, sagte Cerpendeel. »Ich könnte mir zumindest vorstellen, daß es so gewesen ist.«
»Ach, dieser Batoo«, seufzte Undine. »Er hat mich nie ernst genommen. Glaub ihm kein Wort. Du bist sein Geschenk an sich selber. Ein Gott und ein Halbgott, ihr seid ein grandioses Paar.«
Sie lachten ziemlich ausgelassen, und Batoo sagte: »Immerhin haben wir die Geschicke der Menschheit bestimmt. Wenn das keine göttliche Eigenschaft ist.«
»Es steht zu befürchten«, äußerte Undine, »daß ihr euch in Zukunft weiter darin üben wollt.«
Die beiden Männer wechselten einen Blick, und Batoo bemerkte spöttisch: »Die Gelegenheiten sind selten.« Und Cerpendeel sagte: »Warum nicht wir?«
»Müssen es gleich die Geschicke der ganzen Menschheit sein?« fragte Undine. »Wie wäre es erst einmal mit den eigenen?«
»Ich sehe keinen Unterschied«, sagte Batoo. »Wovor hast du Angst?«
»Angst? Nein«, sagte sie. Plötzlich war alle Heiterkeit aus ihrem Wesen verschwunden. »Habe ich nicht in den fünf Jahren genau das getan, was ihr fordert? Ich habe Geschicke bestimmt, meins und das Tausender von Menschen. Ich habe es getan an dem Platz, an den ich gestellt war. Aber ihr wollt, dem Knaben gleich, der Disteln köpft, an Eichen euch versuchen.«
»Ich weiß wirklich nicht, worum wir uns streiten«, sagte Batoo. »Es kann sich nur um ein Mißverständnis handeln.«
Der Anruf aus dem Welthaus enthob sie einer Klärung. Alle andere Wichtigkeit wurde gegenstandslos.
»Sie sehen ungehalten aus«, sagte die Macht.
»Sie werden entschuldigen, Koordinator«, erwiderte Cerpendeel, »wir waren bei einem wichtigen Gedanken.«
Der Koordinator musterte die Anwesenden und hob entschuldigend die Brauen. »Das tut mir leid.« Er wandte sich wieder Cerpendeel zu. »Sind Sie soweit wiederhergestellt, daß Sie heute noch ins Welthaus kommen können?« Er warf Batoo einen Blick zu, und als erahne er die Zusage, fuhr er fort: »Ich würde Sie bitten, Doktor Cerpendeel, Ihre Frau mitzubringen. Oder wünschen Sie jemand anderes als Flugkapitän?«
»Dürfte ich erfahren, worum es geht?« fragte Cerpendeel steif.
Der Koordinator lächelte. »Wir haben seit einiger Zeit Funkkontakt mit
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