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Stolen Mortality

Stolen Mortality

Titel: Stolen Mortality Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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abzulenken, ging er in den Keller, wo er sich vor einigen Jahren mit seinem Vater zusammen einen kleinen Proberaum für seine damalige Band eingerichtet hatte. Mit den Fingern fuhr er über die mehr schlecht als recht angebrachte Schallisolierung an den Wänden. Inzwischen wusste er, warum sein Dad trotz dieser Isolierung meist aus dem Haus geflüchtet war, wenn er und die Jungs losgelegt hatten.
    Erinnerungen tasteten wie aufdringliche Finger nach ihm, als er sich auf den Hocker hinter den Drums sinken ließ. Er versuchte , sie abzuschütteln und griff nach dem verhassten Gehörschutz. Dieser nutzte nicht viel und störte den Klang erheblich, aber ohne ging es überhaupt nicht mehr. Und ohne Schlagzeug zu spielen, funktionierte Jamian nicht. Sein halbes Leben lang war es seine Möglichkeit gewesen, sich auszudrücken und das zu vermitteln, was er sagen wollte, wenn über seine Lippen keine Wahrheiten kamen, sondern bloß Ausflüchte, stilsicher verpackt in hipper Ironie, aber nicht … ehrlich.
    Er war ein Aufziehvogel und seine Musik war die Schraube. Zwar bestand seit seiner Wandlung ein erheblicher Fehler in der Mechanik, den er nicht mehr reparieren konnte, aber irgendwie musste es doch gehen. Er klaubte sich die Sticks vom Boden und schlug ein paar Mal zögerlich die Snare Drums und die Toms an. Die Lautstärke war erträglich, solange er nur leicht schlug. Nur mit der tief klingenden Basedrum hatte er keine Probleme, alles andere war zu laut, wenn er es richtig machte.
    Leise Schlagzeug spielen – was für eine Farce, wenn man allein war und nicht im Hintergrund eine andere Darbietung in Szene setzte. Leider nicht zu ändern. Er war halt allein. Jamian begann einen einfachen Grundrhythmus, fand sich schnell in einem Song wieder, den er mit den Jungs früher oft gespielte hatte. Das Schlagzeug klang einsam. Sein Instrument derart verloren zu hören, schmerzte. Wie gern hätte er jetzt die Gitarre, den Bass und das Keyboard um sich herum gehabt. Und Fannys göttliches Saxophon. Aber selbst , wenn er inzwischen wieder spielen konnte, würde keiner seiner Bandkameraden ein leises Schlagzeug in der Band hinnehmen. Wie sollte er ihnen das auch erklären? Natürlich hatten sie längst einen neuen Drummer; einen Typen wie ein Bär, tätowiert bis hinter die Ohren. Soweit Jamian gehört hatte, schlug er nicht nur an den Drums begeistert zu.
    In seinen Gedanken versunken trommelte er die einsame Begleitung zur Strophe, gelangte zum Refrain und schlug wie tausend Mal zuvor das Chinabecken an. Das helle Scheppern drang ihm wie zwei Messer von links und rechts in die Ohren. Er krümmte sich und ließ den Stick fallen. Es war und blieb zu laut. Selbst mit dem Kopfhörer. Verflucht, und jetzt pfiff es ihm auch noch im Kopf , als wütete ein Sturm durch seine Hirnwindungen.
    Er pfefferte den anderen Stick mit wutdurchtränkter Wucht vor die Wand, sodass er wie ein Pfahl inmitten der Schallisolierung stecken blieb. Den Gehörschutz knallte er zu Boden, bevor er gemeinsam mit seinem Frust den Keller verließ, um die Sticks gegen einen Dolch auszutauschen, und im Garten den Kampf zu trainieren. Nicht , dass ihm der Sinn danach stand, aber an solchen Fähigkeiten hing mehr als nur sein eigener Hals. Schlagzeug zu spielen war dagegen ein lahmer Witz. Blöd nur, dass er das einfach nicht einsehen und darüber lachen wollte. Stattdessen war ihm nach Heulen.

    Gegen Mittag piepste sein Handy und kündigte auf dem Display eine SMS von Rachel an. Was wollte die nun schon wieder?
    „Finde deinen Grund schnell heraus, wenn es dir so wichtig ist, Wächter. Sie versteckt sich nahe des Sees , zwölf Kilometer nördlich von Glen Mertha. Finde sie, ehe der Förster sie findet, und beende die Sache. Der Förster hat zehn Minuten Vorsprung.“
    „Verdammte Blutsaugerbrut!“, bellte Jamian und war schon halb bei seinem Auto. Was geschah, falls der Förster Laine fand, war klar. Sie würde ihn töten. Ihr blieb vermutlich nicht einmal eine Wahl. Sie musste ihn töten, wenn er sie in der prallen Mittagssonne in ihrem Versteck ausfindig machte und erkannte, was sie war.
    Es beruhigte Jamian kein bisschen, dass er Laine gegenüber bei Tag im Vorteil war, auch wenn Rachel es natürlich geschickt eingefädelt hatte, ihm gerade zur Mittagsstunde den Startschuss zu geben. Sie musste Laines Versteck in der Nacht gefunden haben. Ob er sich über seine loyalen Blutsauger freuen sollte, die abwartend in ihren sicheren Verstecken hockten, war nicht so

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