Stollengefuester
wissen alle, dass ich nie wieder nach Bern fahren wollte. Es wäre allen verdächtig vorgekommen, wenn ich nun plötzlich meine Meinung geändert hätte. Aber zum Glück ist heute Zibelemärit, und für den Zibelemärit kann jeder eine Ausnahme machen, das leuchtet allen ein, und zwar seit 500 Jahren.«
Sie lachte laut, zog ihren Stuhl noch näher zu Nore Brand hin und warf zuerst einen prüfenden Blick in die Runde, bevor sie weitersprach.
»Damit es überhaupt keinem auffällt, habe ich beschlossen, ein Riesentheater darum zu machen.« Sie kicherte. »Ein letztes Mal an den Zibelemärit, ein allerletztes Mal! Weil der Zibelemärit halt etwas Besonderes sei. Das habe ich allen erzählt und meinen Freundinnen habe ich versprochen, Zwiebeln mitzubringen. Keine soll etwas vom wahren Grund meiner Reise nach Bern ahnen. Nur Doris weiß es. Das ist meine Cousine.«
Sie zupfte ihren Begleiter am Arm. »Und Fritz natürlich. So gut wie der schweigt keiner.«
Fritz Künzi lächelte erfreut.
»Zum Glück hat Herr Zoppa mir geholfen, Sie zu finden!«
Dann atmete Elsi Klopfenstein tief durch.
»Also, Frau Brand, der Direktor vom Grandhotel ist tot. Deshalb sind wir hier. Er ist abgestürzt! Und das im November! Ich hatte immer gedacht, dass dieser schöne und elegante Mann doch etwas gescheiter ist. Von einigen Hotelgästen habe ich gehört, dass er doch ziemlich in die Jahre gekommen war. Nicht mehr ganz auf der Höhe.« Sie tippte sich an die Stirn. »So ein Hotel braucht doch einen Direktor, der voll im Saft ist. Vor allem in der heutigen Zeit. Unser Land ist teuer geworden für die Gäste aus dem Ausland. Und jetzt ist dieser arme Kerl tot!«
Sie verstummte und gab Acht, wie diese Botschaft auf Nore Brand wirkte.
»Der war doch nie ganz auf der Höhe, zu keinem Zeitpunkt in seinem Leben«, warf Nino Zoppa großspurig ein und zog seine Designermütze tiefer ins Gesicht.
Elsi Klopfenstein drehte sich zu ihm. »Immer noch ziemlich frech, dieser kleine Polizeilehrling!«
Die Bedienung schob sich energisch heran und stellte die Kaffeetassen und das Körbchen mit den Gipfeli vor ihre Gäste.
»Kann ich bitte einkassieren? Ich habe Feierabend«, erklärte sie geschäftig.
»Feierabend?«, wiederholte Fritz Künzi verständnislos und schaute auf seine Uhr. »Jetzt? Der Tag hat doch eben erst begonnen!«
»Trotzdem, ich arbeite seit vier Stunden und jetzt ist Schluss!«
»Feierabend, also«, wiederholte er fassungslos.
»Bezahl einfach und grüble nicht«, forderte Elsi Klopfenstein ihn auf.
Fritz Künzi kramte sein Portemonnaie hervor, bezahlte und wünschte der Bedienung einen schönen Feierabend.
Nino Zoppa zwinkerte Nore Brand zu. Sie sah nichts. Sie saß tief in Gedanken versunken da.
Elsi Klopfenstein ließ nicht locker.
»Passen Sie auf, Frau Brand! Da ist nämlich noch etwas. Sie wissen ja vom alten Militärflugplatz. Ich habe eine Cousine, die wohnt in Matten, beim Flugplatz. Der wird für Feste gebraucht. Im Sommer. Da kommen die wilden Horden und machen Musik. ›Rock and Roll‹! Das tönt dann ein Wochenende lang, als ob permanent zwei Dutzend Düsenjäger gleichzeitig starten würden. Ein absoluter Höllenspektakel. Furchtbar! Zum Glück ist der Krach nach zwei Tagen vorbei. Aber was ich Ihnen sagen wollte, Doris, das ist meine Cousine, hat mir berichtet, dass im Frühling und im Sommer immer wieder Flugzeuge gelandet seien, immer abends, nach der Dämmerung. Sie hat gesehen, wie dunkle Gestalten große Kisten aus dem Rumpf der Maschine geholt haben.«
Elsi Klopfenstein verstummte einen Augenblick und schaute in die Runde.
»Nein, es ist nicht so, wie ihr jetzt denkt! Sie ist keine Schnüfflerin. Sie hat einen alten Hund und der muss häufig hinaus, auch in der Nacht. Er ist etwas schwach auf der Blase. Es stört sie nicht. Sie weiß ja, wie das ist.«
Fritz Künzi legte seine Hand auf Elsis Arm. »Das interessiert Frau Brand vielleicht nicht so sehr.«
»Lass mich«, sagte Elsi Klopfenstein unwirsch und schüttelte seine Hand ab, »das gehört auch zur Geschichte.«
»Ja, erzählen Sie weiter«, sagte Nore Brand.
»Siehst du?« Elsi Klopfenstein schaute ihren Freund triumphierend an. »Ich habe dir immer gesagt, so eine wie Frau Brand will alles wissen!«
»Ich meinte ja nur«, sagte Fritz Künzi kleinlaut. »Aber das mit der Blase des Hundes hilft jetzt nicht weiter, finde ich zumindest.«
»Denkst du? Du begreifst ja nichts. Gerade dank der Blasenschwäche des alten Hundes hat Doris erst
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