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Stollengefuester

Stollengefuester

Titel: Stollengefuester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marijke Schnyder
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nicht merken.«
    Er durchsuchte seine Taschen.
    »Bingo! Schon gefunden.«
    »Und?«
    »Wart! Ich hab’s gleich.«
    Er betrachtete die Bilder auf seinem Handy. »Madre mia, ja! Rot am Abend und grün am Tag.« Er schob das Handy in die Tasche zurück. »Gemäß Couperus handelt es sich um einen Teil einer größeren Ladung von Kunstschätzen, die vor zwei Jahren verschwunden ist. Wie vom Erdboden verschluckt. Er meint, das Verschwinden dieser Sachen hätte mit einem internationalen Abkommen zu tun.«
    Er schaute sie von der Seite an. »Weißt du etwas von einem solchen Abkommen?«
    »Es geht um Raubkunst aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges. Die sollte endlich an die rechtmäßigen Besitzer zurückgegeben werden. Es gibt tatsächlich Politiker, die in dieser Sache endlich reinen Tisch machen wollen. Man plant ein Provenienzforschungsprogramm.«
    »Ein was?«
    »Akademische Detektive sollen die Herkunft von Kunstobjekten überprüfen und dann so viele Schätze wie möglich den ursprünglichen Besitzern zurückgeben.«
    Er staunte. »Was du alles weißt!«
    »Meine Zeitung ist auch etwas umfangreicher als dein Gratis-Blatt. Dein Enten-Kurier.«
    »Enten-Kurier?«, grinste Nino Zoppa. »Das gefällt mir. Muss ich mir merken.«
    Nore Brand ignorierte sein Kompliment. »Das Ziel sei eine nachhaltige Entspannung in Europa, meinte Couperus. Zur Sicherung des Friedens. Erinnerst du dich nicht? Als wir mit ihm auf dem Boot waren, hat er darüber geredet.«
    »Der hat so viel geredet, der Kerl. Der hat mich ganz wirr gemacht.«
     
    Nino schaute aus dem Seitenfenster ins Schneegestöber. So schmerzte es weniger in den Augen, als wenn man durch die Frontscheibe schaute. Da flogen sie einem direkt in die Augen.
    »Glaubst du an die Gerechtigkeit?«
    Sie dachte nach.
    »Ich glaube an ein bisschen mehr Gerechtigkeit. Ein bisschen mehr, das wäre doch schon etwas.«
    »Und für dieses bisschen mehr setzen wir immer wieder das Leben aufs Spiel?«
    »Oder gehen zwischendurch auf Reisen«, entgegnete sie. »Aber ja. In unserem Fall heißt ein bisschen mehr, dass nicht einfach irgendeiner eine Ladung Raubkunst in einen Berg einbunkern und dann auf irgendeine Weise davon profitieren kann. Vielleicht bunkert unser Mister Unbekannt die Schätze für jemand anderen ein. Und wenn die Weltgeschichte es eines Tages wieder zulässt, das heißt, wenn die Politiker dieser Welt von anderen Problemen absorbiert sind, dann geht er damit auf den legalen oder illegalen Kunstmarkt und poliert sein Taschengeld auf damit. Und inzwischen hat die schweizerische Eidgenossenschaft wieder mal unwissentlich etwas Unappetitliches gehortet, für irgendwelche Ganoven.«
    »Unwissentlich?«, höhnte Nino Zoppa. »Das glaubst du ja selber nicht.«
    »Es gibt vermutlich schon einige, die davon wissen.«
    »Die Berge hüten also diesen Plunder, der gewisse Leute verrückt macht.«
    Er warf einen Blick auf ihre Jeans.
    »Hast du das Edelsteinchen immer noch bei dir?«
    Nore Brand befühlte die kleine Tasche auf der rechten Hüfte.
    »Ja, natürlich.«
    »Wie teuer ist das denn?«
    »Keine Ahnung. Aber es sollte nicht einfach so in meinen Jeans stecken. Das habe ich in dieser Woche gelernt.«
    »Mit andern Worten, es müsste längst in einen absolut sicheren Tresor.«
    »Ja, schon.«
    Er grübelte eine Weile vor sich hin.
    »Bist du mutig?«, wollte er dann von ihr wissen.
    »Was für eine Frage! Keine Ahnung. Ich habe es einfach mitgenommen, ohne darüber nachzudenken. Es war keine Zeit zum Nachdenken. Aber es war richtig, denn es hat offenbar jemanden aufgeschreckt. Manchmal tut man etwas, ohne dass man sofort begreift, wozu.«
    »Das kenne ich gut«, grinste Nino Zoppa. »Das nennt man Intuition, oder?«
    Sie nickte.
    Er war zufrieden. So langsam bekam er ein paar Fremdwörter auf die Reihe. Da fiel ihm etwas ein. Wie war das noch gewesen mit ›fiktiv‹? Er konnte sich nicht erinnern. Na ja, bis jetzt hatte diese Lücke in seinem Allgemeinwissen seine Karriere nicht wesentlich behindert.
    Eben hatte ein Lastwagen zu einem Überholmanöver angesetzt.
    »Was für ein Idiot! Hast du das gesehen?«, rief Nore Brand.
    »Kein Wunder. Du fährst ja nur 80. Der hatte schon lange seine Zähne im Steuerrad. Dass du das nicht gemerkt hast!«
    »Bei diesen Verhältnissen fährt kein vernünftiger Mensch schneller als 80!«
    Nino Zoppa schwieg. ›Reisschüssel‹, dachte er. Und die Farbe erst! Orange!
    Bisher hatte es das Schicksal gut gemeint mit ihm. Noch hatte ihn

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