Stollengefuester
sich auf der Stelle um deren neuen Liebhaber kümmern! Gib mir sofort ihre Handynummer!«
»Darf ich nicht. Sie bringt mich um dafür!«
»Gib mir ihre Nummer! Sie ist in Lebensgefahr!«
Couperus schien verzweifelt.
»Ich habe unangenehme Neuigkeiten von Sylvia Feuerstein. Hey, Nino! Hörst du mir überhaupt noch zu?«
»Ja!«, schrie Nino. In dem Augenblick fuhr ein Lastwagen vorbei und spritzte ihn von oben bis unten voll mit Schneematsch.
»Scheiße!« Nino Zoppa versuchte verzweifelt, die Hosenbeine auszuschütteln.
»Ist was passiert?«, rief Couperus.
»Da fährt so ein Vollidiot mit seinem Lastwagen über meine Zehen!«, schrie Nino Zoppa empört.
»Keine Angst, die wachsen nach! In deinem Alter sowieso!«, spottete Couperus lachend, »also, mein Junge, du gehst jetzt auf der Stelle zu ihr und dann bleibst du bei ihr! Verstehst du mich? Ich versuche seit Stunden, in die Schweiz zu fliegen. Ich muss warten, bis dieser verdammte Herbststurm vorüber ist! Er hat ganz Schiphol lahmgelegt. Alle Flugzeuge bleiben am Boden. Ich habe keine Ahnung, wie lange das noch dauert! Wiederhole jetzt bitte die Nummer von Nore! Und zwar langsam!«
Nino wiederholte gehorsam.
»Gut, und jetzt los, mein Junge! Such Nore!«
Nino ärgerte sich. »Such Nore!«, hatte Couperus gebrüllt. Verflucht! Er war doch kein Hund!
Und überhaupt, was hatte dieser dicke Holländer ihm zu befehlen?
Warum war er nicht längst hier, wenn er doch wusste, dass es um Leben und Tod ging?
»Geh sofort zu Nore!«, dröhnte es in seinem Kopf.
»Mach ich ja, mach ich ja«, murmelte Nino, schob das Handy in die Tasche zurück und stolperte los.
Er fühlte seine kalten Beine unter dem klatschnassen Stoff. Bei diesem Wetter schickte man nicht einmal einen Hund hinaus. In wenigen Minuten würde ihn dieser Schnee vollständig zugeschüttet haben.
Die Flocken wirbelten vor seinem Gesicht und kitzelten an Nase und Wangen. Er rutschte mit seinen Schuhen; seine Füße waren eiskalt auf diesen Plastiksohlen. Er fluchte, zog sich die Kapuze über den Kopf und trottete los.
Im Grandhotel schaute er sich um.
Da war keiner am Empfang. Wo hatte sich dieser komische Kerl mit dem gescheitelten Haar versteckt? Warum sollte sich Nore um den kümmern?
Diese Krawattenratte schien sich in Luft aufgelöst zu haben.
Er trat näher und beugte sich über den Tresen.
Er verzog das Gesicht.
Dieser Duft! Das war doch dieses eklige Rasierwasser!
Das kannte er vom Museum in Amsterdam, als er vor dieser Vitrine mit den Waffen von Alexander dem Großen stand!
Das war kein Zufall! Nino Zoppa schaute sich um. An der Bar stand dieselbe junge Frau, die er ein Jahr zuvor kennengelernt hatte. Er begrüßte sie wie eine alte Bekannte. Sie strahlte ihn an. Aber dieses Mal hatte er keine Zeit für sie.
»Der Kerl am Empfang, der immer so gekämmt ist, wo ist der?«, fragte er hastig.
Sie lächelte. »Herr Heller, Viktor Heller, meinen Sie?«
Hoppla, sie siezte ihn wieder. Man hatte Vorschriften.
Natürlich, Heller hieß dieser Wicht. Viktor. Wie konnte man einen solchen Namen bloß vergessen.
Plötzlich drohten seine Beine unter ihm wegzusacken. Heller war doch der neue Lover der Witwe!
»Viktor Heller«, wiederholte er tonlos, »ja, natürlich, Viktor Heller.« Er griff sich an den Kopf. Shit!
»Wo ist er?«
Sie dachte eine Weile nach. »Ich weiß nicht genau. Er war doch auf einer Geschäftsreise«, murmelte sie. »Gestern war noch, ach, wie heißt sie schon …, aber er müsste eigentlich wieder hier sein.« Sie schaute ihn entschuldigend an. »Leider kann ich Ihnen dieses Mal nicht helfen.«
»Geschäftsreise?«, wiederholte Nino Zoppa. »Ja, natürlich. Er war in Amsterdam.«
Wenn der Kerl wüsste, was er für eine Riechspur hatte.
Sie lächelte. »Da wissen Sie aber mehr als ich.«
Erschrocken registrierte er, dass sie versuchte, ihm tief in die Augen zu schauen. »Ich bin so froh, dass Sie nicht von der sizilianischen Mafia hingerichtet wurden.«
Nino Zoppa erstarrte. Auf einen Schlag erinnerte er sich an den Unsinn, den er ihr damals erzählt hatte, um an den Fingerabdruck des Direktors zu kommen. Er verließ das Grandhotel Belvedere fluchtartig.
Wo war Nore?
Und wo war dieser gut gekämmte Wicht mit den feinen Anzügen?
In der Kaverne. Natürlich, in der Felsenkaverne.
Er rannte zurück ins Dorf.
Im Schneetreiben sah er das Schild vom Gasthof Steinbock. Der rote Bus stand am Straßenrand. Künzi! Nino Zoppa atmete auf.
Künzi musste da drin
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