Stolz der Kriegerin
um einen Kopf größeren Tulo halten würde, und hob die Hand.
»Also gut, Leute! Wenn ihr es so haben wollt, sollen die beiden ihren Streit miteinander ausmachen. Aber ihr werdet die Regeln einhalten, verstanden? Die Sache wird nur zwischen meinem und eurem Freund ausgetragen, und nur mit Fäusten. Wer blanken Stahl zieht, dem ziehe ich meine Harfe über.«
Ein paar Anwesende lachten, doch noch war Tharon nicht fertig. »Sollte Rogon a’Gree gewinnen, so will ich, dass ihr euch als gute Verlierer erweist. Geht das in eure Köpfe?«
»Der und gewinnen? Da lachen ja die Mäuse!« Tulo zog sein Hemd aus und präsentierte einen mächtigen Brustkorb und einen ebenso beeindruckenden Bizeps. Als Rogon sich seines Rocks und seines Hemds entledigte, musste jedem Zuschauer angst und bange um ihn werden. Auch Tharon bekam nun seine Zweifel und beschloss, früh genug einzugreifen, wenn es nötig war.
Anders als der Evari wusste Tirah, dass ihr Wirt weitaus kräftiger war als ein normaler Wardan. Dennoch erteilte sie Rogon einige Ratschläge. »Du musst schnell sein, damit er dich nicht mit voller Wucht trifft. Mit seiner Kraft könnte er dich leicht niederschlagen. Am besten helfe ich dir.« Sie schob sich wie eine zweite, für alle außer Tharon unsichtbare Haut über Rogon und wurde eins mit seinen Muskeln und Sehnen. Gleichzeitig rief sie ihre Fähigkeiten auf, die ihr bereits bei vielen Kämpfen geholfen hatten.
Rogon keuchte, als in seinem Kopf plötzlich Bilder erschienen, die ihm die Umgebung in einer Weise zeigte, als hätten bereits alle einen Schritt zurückgelegt, bevor dies wirklich geschehen war.
»Keine Sorge!«, beruhige Tirah ihn. »Ich kann ein, zwei Augenblicke in die Zukunft sehen und teile diese Gabe jetzt mit dir.«
»Na, Winzling, jetzt hast du wohl Angst«, höhnte Tulo und hob die Fäuste. »Wenn ich mit dir fertig bin, wirst du nur noch Brei essen können.«
»Ist das ein Zweikampf mit Fäusten oder im Schwatzen?«, unterbrach Rogon ihn mit ruhiger Stimme.
»Wenn du es so willst!«, rief Tulo und rammte seine rechte Faust nach vorne. Doch dort stand Rogon nicht mehr. Durch Tirah hatte er den Schlag vorhersehen und rechtzeitig ausweichen können. Er aber traf Tulo zweimal hart am Körper und hörte ihn vor Schmerz aufstöhnen.
»Der Kleine hat einen ganz schönen Hammer drauf«, kommentierte einer der Zuschauer verblüfft.
Tharon nickte, obwohl er dies nicht erwartet hatte. Tulo aber war irritiert und schlug noch unbeherrschter zu. Seine Fäuste trafen nur Luft, denn sein Gegner war ihm bereits ausgewichen.
Rogon setzte seine Hiebe nun mit kalter Präzision. Seine Wut war längst gewichen, und ihm ging es nur darum, ohne schweren Treffer aus diesem Kampf herauszukommen. Erneut schossen seine Fäuste vor und trafen den Tawaler am Kopf. Der Hüne wankte und schüttelte sich, griff aber erneut an.
Nach zwei weiteren Treffern, die Rogon bei seinem Gegner landete, beschloss Tharon, dem Ganzen ein Ende zu machen. »Hört auf! Ihr habt beide bewiesen, dass ihr mutige Männer seid. Tulo, du hast einfach zu viel getrunken, um mit einem so flinken Kerl fertig zu werden, und Rogon kann noch eine Stunde auf dir herumschlagen, ohne dass du fällst!«
Letzteres war eine Übertreibung, denn Tharon wusste, dass der nächste oder übernächste Hieb seines Begleiters dem Tawaler den Rest geben würde. Doch er wollte die Sache nicht eskalieren lassen und wurde dabei von den anderen Gästen unterstützt. Tulos Begleiter packten ihren Freund und zerrten ihn zu seinem Stuhl zurück. Sofort reichte die Schankmaid ihm ein Tuch, damit er sich den Schweiß abtrocknen konnte, und einen vollen Weinbecher. Der Mann nahm ihn und stürzte den Inhalt in einem Zug hinunter.
»Kämpfen macht durstig!«, sagte er mit einem schiefen Grinsen und streckte Rogon die Hand hin. »Einigen wir uns auf ein Unentschieden?«
»Mir soll’s recht sein!« Rogon ergriff die Hand und drückte sie.
Dann erhielt auch er einen frischen Becher Wein und nippte daran. »Du bist ein tapferer Mann, Tulo. Wenn die Panzerreiter eures Königs ebenso sind, werden sie das grüne Gesindel bald wieder über den Strom zurücktreiben!«
Rogon hatte gehofft, damit das Eis brechen zu können, doch die Gäste verzogen die Gesichter, und die Schankmaid knallte einen Becher so fest auf den Tisch, dass der Wein nur so spritzte.
»Erst einmal kommt noch mehr grünes Gesindel herüber. Der König will nämlich eine von drüben heiraten. Soll eine Prinzessin
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