Stolz der Kriegerin
sollte.
☀ ☀ ☀
Obwohl Kolnir als königlicher Richter auch für die Verwaltung der Stadt Urdillion verantwortlich war und daher für Laisas Weiterreise nach Urdilrah hätte sorgen müssen, überließ er diese Aufgabe dem Oberpriester der Stadt.
Der gute Mann war ihm deswegen nicht böse, denn Kolnirs Weigerung bot ihm die unverhoffte Gelegenheit, wieder einmal die Hauptstadt und den dortigen Tempel zu besuchen. Außerdem konnte er unterwegs mit der weißen Katzendame reden und von ihr auch so einiges über die Ereignisse im gelben Reich Tanfun erfahren. Dem Vernehmen nach hatte sie dort den Thronerben Punji gegen den Rebellen Waihe unterstützt und ihm zum Sieg verholfen.
Trotz aller Beflissenheit des Oberpriesters stellte Laisa rasch fest, dass man hier in Urdil weder etwas über T’wool hören wollte noch darüber, dass Prinzessin Elanah als Braut auf die rote Seite gebracht werden sollte. Es war, als hätte das Volk sich verschworen, diese Angelegenheit mit dem Mantel des Schweigens zuzudecken. Sie spürte jedoch eine unterschwellige Scham und eine tiefsitzende Verzweiflung bei den Menschen. Dies mochte an der Armut liegen, die wie Mehltau über dem Land lag und den einfachen Leuten kaum mehr als das nackte Überleben sicherte. Urdil hatte im Südkrieg viele Krieger jenseits des Großen Stromes verloren, ohne dass die dort gemachte Beute den einfachen Menschen zugutegekommen wäre. Nicht lange danach hatten die Urdiler zu den am stärksten betroffenen Opfern des Schwarzlandmagiers Salavar gehört, der als grüner Prophet verkleidet in Gamindhon aufgetreten war und versucht hatte, mehr als hunderttausend Menschen grüner Farbe zu versklaven.
Zunächst war Laisa gerne bereit, von ihren Taten und denen ihrer Freunde zu erzählen, doch allmählich wurde ihr die Neugier des Oberpriesters lästig. Dieser wollte nämlich mehr über sie erfahren und fragte nach ihrer Herkunft und ob es in ihrer Heimat mehr weiße Katzenmenschen gäbe.
Daher war sie froh, als sie nach vier Tagen die Hauptstadt Urdilrah vor sich auftauchen sah. Die Stadt lag am Fuße eines Berges, dessen Flanken sanft abfielen und der von einem intensiv grün schimmernden Wald bedeckt war. Ein kleiner See mit ebenfalls grün schimmerndem Wasser begrenzte Urdilrah auf der anderen Seite, während sich außerhalb der Stadt ausgedehnte Felder und Wiesen erstreckten, deren Pflanzen ebenfalls zu den grünsten zählten, die sie je gesehen hatte.
Sie ritt auf Vakka, ihrer schwarzblauen Stute, die glücklicherweise nicht magisch genug war, um sich an dem grünen Gras, das sie unterwegs rupfte, den Magen zu verderben. Rongi hingegen musste sich weiterhin von den Vorräten ernähren, die Khaton zum Glück großzügig genug bemessen hatte.
Da der Mantel, den der Katling von Khaton erhalten hatte, die Ausstrahlung des Landes auf ein für ihn erträgliches Maß reduzierte, hockte er zufrieden auf dem großen Lederkissen, das hinter Laisas Sattel befestigt war, und schaute sich mit der Neugier eines Kindes um.
Laisa musterte ebenfalls die Stadt, deren Tor sie sich nun näherten. Auch vor Urdilrah schien die Armut nicht Halt gemacht zu haben. Die Rüstungen der Wachen am Tor sahen alt aus, und ihre Kleidung, die wahrscheinlich einst makellos grün gewesen war, wirkte ausgebleicht und vielfach geflickt.
Ihr Anführer trat dem Reisezug in den Weg. »Woher und wohin?«, schnauzte er den Vorreiter an.
»Es heißt erst einmal Tenelin zum Gruß«, wies der Oberpriester von Urdillion ihn zurecht.
»Ah, Ihr seid es! Ich habe Euch nicht sofort erkannt. Was bringt Ihr für seltsame Leute in die Stadt?«
»Das ist die Dame Laisa, die Botin der Evaris. Trotz ihrer befremdlichen Gestalt ist sie eine Dame des Westens«, erklärte der Priester freundlich. »Das hier ist Herr Borlon aus Borain, ihr Leibwächter, und die dort«, seine Hand wies auf Ysobel und Rongi, »sind Gesandte von drüben, die erfahren wollen, ob wir den Eid unseres Königs zu erfüllen gedenken.«
»Eldrin hätte zu Hause bleiben sollen, anstatt den Thiliern über den Großen Strom zu folgen. Dann hätte er diesen Eid nicht leisten müssen.« Der Wachoffizier spie aus und winkte dann seinen Leuten, den Weg freizugeben.
Es war die erste unverfälschte Reaktion, die Laisa von einem der Einheimischen mitbekam. Besonders froh über die Entwicklung schien der Mann nicht zu sein, dennoch sprach er sich nicht gegen die Auslieferung der Prinzessin an T’wool aus.
Nach dieser nicht sehr freundlichen
Weitere Kostenlose Bücher