Stolz der Kriegerin
ansprach.
»Damit, Schwester, geht dein sehnlichster Wunsch in Erfüllung! Nun kannst du den König aus seiner Gefangenschaft erretten. Ich werde Befehl geben, den Brautzug zusammenzustellen, und Vorreiter aussenden, damit unser Kommen in Halondil und Thilion angekündigt wird. Oder wollt Ihr, weiße Dame, den Bärenfluss abwärts zum Großen Strom fahren und damit Feindseligkeiten von Seiten Tenelians hervorrufen? Der Priesterkönig von Tenelian hat bereits angekündigt, dass er die Auslieferung einer Anhängerin unseres guten Gottes Tenelin an das schwarze Ungeheuer Arendhar mit allen Kräften verhindern wird.«
Das Gleiche hatte Laisa bereits von Khaton gehört, und schüttelte daher den Kopf. »Ich werde die Route nehmen, die du vorgeschlagen hast!«
Klinal atmete tief durch und starrte seine Geschwister düster an. »Diese Befehle kann ich laut dem mir übermittelten Willen des Königs und mit der Erlaubnis des Kronrats erteilen. Zufrieden, Bruder?«
Elandhor antwortete nicht, sondern starrte finster zu Boden.
Daher kehrte Klinal ihm mit einer brüsken Bewegung den Rücken und trat auf Laisa zu. »Ihr werdet gewiss mit mir über die Vorbereitungen sprechen wollen, die für diese Reise getroffen worden sind. Doch sollten wir das in einem angenehmeren Rahmen tun als im Thronsaal eines Königs, den dieser seit mehr als einem Jahrzehnt nicht mehr betreten hat.«
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Drittes Kapitel
Der Prinz von Andhir
R ogon saß an seinem Lieblingsplatz im obersten Stockwerk des alten Turms und starrte auf die Berge von Andhir, die ihm an diesem Tag mehr denn je wie Kerkermauern erschienen. Hinter den hohen Gipfeln lagen fremde Länder und eine Freiheit, die er wohl nie kennenlernen würde.
Missmutig zupfte er an seinem knielangen, blauen Staatsrock, der mit Knöpfen aus Rotgold besetzt war. Im selben Augenblick hörte er ein Geräusch und zuckte zusammen. Doch als er sich umsah, war es nur seine Schwester Rhynn , die die Treppe heraufkam und kopfschüttelnd vor ihm stehen blieb.
»Ich wusste doch, dass ich dich hier finde. Ich soll dir von der Oberpriesterin ausrichten, dass der Erbprinz von Andhir vermisst wird.«
Rogon lachte bitter auf. »Damit sie mir erneut irgendwelche zweibeinigen Ziegen vorstellen kann, die sich ihrer Ansicht nach zur Gemahlin für mich eignen!«
»Deine Verlobung und die spätere Heirat mit einer Dame von passender Abstammung ist der Preis dafür, dass unser Vater zum Obersten Feldherrn der blauen Reiche ernannt wird. Du solltest die Oberpriesterin verstehen. Sie entstammt der alten Herrscherfamilie von Andhir, und es muss schmerzhaft für sie sein, einen Fremden auf dem Thron ihrer Heimat zu sehen.«
» Seranah und die Verwandtschaft, die sie noch besitzt, hat jedes Anrecht auf den Thron verloren! Du kennst die Gesetze. Wenn mehr als sechs Generationen zwischen dem Thron und der betreffenden Person liegen, erlischt der Anspruch.«
»Bei Seranah sind es nur drei Generationen«, erinnerte Rhynn ihren Bruder.
»Auch hier schreibt das Gesetz die Thronfolge eindeutig vor. Als Timkhor von Fraarin das Reich Andhir erobert hat, rottete er die Herrscherfamilie bis auf einen unbedeutenden Nebenzweig aus und beherrschte das Land mehr als sechs Jahre lang, ohne dass Seranah und ihre überlebenden Verwandten einen Versuch unternahmen, Andhir zu befreien. Das hat erst Vater getan, und zwar zusammen mit den Prinzen von Eldwaal und Dardhul sowie der Erbin von Grynn. So hat es auch der heilige blaue Tempel in Edessin Dareh gesehen, sonst hätte er Vater nicht als König von Andhir in die blauen Stammtafeln eingetragen. Seranah hat damit auch kein Recht, sich in die Führung des Reiches einzumischen. An Vaters Stelle hätte ich sie schon längst abgesetzt.«
Da Rogon sich sichtlich aufregte, machte seine Schwester eine beschwichtigende Geste. »Vater kann die Oberpriesterin nicht einfach absetzen. Dafür hat sie zu viel Einfluss auf die gesamten Priesterinnen von Andhir und ist überdies beim blauen Tempel in der Handelsstadt hoch angesehen. Du solltest diese Tatsache akzeptieren und unseren Eltern das Auskommen mit der Priesterschaft nicht noch schwerer machen.«
Rhynn trat näher und legte ihrem Bruder die Hand auf die Schulter. »Wenn ich könnte, würde ich dich in die Handelsstadt mitnehmen, Ron. Aber Vater würde es nicht zulassen. Die Andhirhexen verlangen, dass der Erbe des Reiches in ihren Traditionen aufwächst.«
»Dann sollen sie doch Rhai als Königin nehmen! Die ist nicht nur hier
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