Stolz der Kriegerin
dass er sich bis jetzt so manierlich benimmt. Wir sollten ihm aber nicht zu viel zumuten, sonst bricht sein Kharimdh-Erbe durch. Du willst doch gewiss nicht, dass es von unserem Sohn heißt, er sei genauso knurrig wie ein Angehöriger jenes sagenhaften Volkes unter dem Berg?«
»Natürlich nicht! Ich hoffe nur, er trifft die richtige Wahl. Wenn ich die jungen Damen so betrachte, könnte er seine Braut genauso gut durch ein Los ziehen.« Jannah lachte dabei hell auf und irritierte einige Damen in ihrer Umgebung.
Rogar hingegen verstand, was seine Frau meinte, und wollte nicht mit seinem Sohn tauschen.
☀ ☀ ☀
Rogon hatte sich das Buch über die Magierkriegerin Tirah geholt und sich in den Garten zurückgezogen, da es oben im Turm bereits zu dunkel zum Lesen wurde. Die Berichte über Tirahs Taten erinnerten ihn an die violett leuchtende Dame, und er fragte sich, wer sie gewesen sein mochte. Vielleicht konnte ihm der Heiler, der seit einigen Wochen in Andhirrah weilte und seine Kunst ausübte, etwas über sie berichten.
Als er aufstehen und Sung suchen wollte, sah er diesen am anderen Ende des Gartens stehen. Er winkte ihn zu sich und atmete auf, als der Heiler mit raschen Schritten näher kam.
»Eure Königliche Hoheit wünschen?«
Sung fühlte sich nicht sonderlich wohl in seiner Haut, denn er hatte von seiner Herrin den Auftrag erhalten, den jungen Mann unter allen Umständen zu jenem geheimen Ort zu bringen, an dem Tirah im magischen Schlaf ruhte.
Die Evari war bereits wieder abgereist, um nicht durch einen Zufall erkannt zu werden. Zudem war ihr das erkorene Opfer unheimlich. In Rogon floss das Blut von Wesen beiderseits des Stromes, und so mochte er Kräfte besitzen, die er nicht mehr beherrschen würde, sobald sie erwacht waren.
Rogon spürte die innere Unsicherheit des Heilers, ging aber nicht darauf ein, sondern fragte ihn nach der violetten Dame.
Für Sung kam das unerwartet, denn er selbst hatte Sirrins Anwesenheit magisch nicht gespürt. Allerdings hatte sie den Prinzen geprüft und mochte ihm dabei aufgefallen sein. Dies hieß für ihn, sehr vorsichtig mit Rogon umzugehen und nur dann zu lügen, wenn es unabdingbar war.
»Meint Ihr die junge Dame aus Lin’Whiran, Königliche Hoheit? Bei dieser handelt es sich um einen blauen Fehlschlag innerhalb der Königsfamilie, die man deshalb gerne mit einem blauen Prinzen verheiraten würde. Von der Abstammung her steht sie am höchsten von allen möglichen Bräuten, ist sie doch die Schwester der regierenden Herrscherin.«
Nur mit Mühe gelang es Rogon, sich an das Aussehen dieser Prinzessin zu erinnern, und er schüttelte den Kopf. »Die meine ich nicht! Es war eine strahlend violette Frau anwesend. Ich habe sie deutlich gespürt!«
»Ihr habt eine violette Dame gespürt? Dann müsst Ihr aber magisch sehr gut ausgebildet sein. Ich habe nichts dergleichen wahrgenommen.« Sung zwang sich ein Lächeln auf. Immerhin hatte er nicht gelogen, denn ihm war es nicht gelungen, Sirrins Abschirmung zu durchdringen.
Für Rogon waren die Worte des Heilers ein kalter Guss. Zu oft hatte er von Seranah und den anderen Priesterinnen gehört, dass er magisch taub sei. Wenn schon ein Mann wie Sung die Frau nicht bemerkt hatte, hatte er sich diese Begegnung gewiss nur eingebildet.
Er wollte Sung bereits sagen, er solle sich entfernen, damit er wieder in seinem Buch lesen konnte, als der Heiler auf das Bild zeigte und ihn verwundert anschaute. »Ihr interessiert Euch für die größte Heldin unserer Farbe, Königliche Hoheit?«
»Ich finde ihr Leben recht interessant. Sie hat die Krone, auf die sie Anspruch hatte, aufgegeben, um allen Völkern ihrer Farbe zu dienen.«
Das würde ich auch gerne tun, setzte Rogon in Gedanken hinzu. Doch als magisch taube Nuss hatte er kein Anrecht darauf, der verlängerte Arm der Evaris seiner Farbe zu werden.
Sung nutzte die Gelegenheit, die Rogons Antwort ihm bot, und legte sich schnell eine Strategie zurecht. Für ihn war es ein Segen, dass der junge Mann sich so stark für Tirah interessierte, denn damit konnte er Rogon wahrscheinlich ködern. Nun musste er dem Prinzen nur noch einen handfesten Grund liefern, dem Trauerspiel am Hof den Rücken zu kehren.
In dem Augenblick erinnerte Sung sich daran, gesehen zu haben, wie Elessandrinah von Ilynevhor und deren Mutter eine der zwischen Büschen versteckten Lauben betreten hatten. Rasch konzentrierte er sich auf die beiden und vermochte mittels seiner magischen Sinne einzelne
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