Stolz der Kriegerin
magisch.«
»Vermutlich ein Fluch der Hexer von drüben, die sich dafür rächen wollen, weil ich meinen Fuß in ihre Lande gesetzt habe«, antwortete der König mit einem schmerzhaften Stöhnen.
»Das glaube ich weniger! Es sei denn, dieser Hexer wäre von grüner Farbe gewesen.« Laisa konzentrierte sich nun stärker und spürte das Fremde an Reodhil.
Es war jedoch so mit dem Geist des Königs verwoben, dass sie zunächst nicht begriff, woher es kam und was es bewirken sollte. Dann aber schloss sie die Augen und horchte in sich hinein. Sofort überfiel sie Trauer, Mutlosigkeit und Schwäche. Dazu kam eine starke Sehnsucht, diese Welt hinter sich zu lassen und in Tenelins Seelendom einzugehen.
Mit einem wütenden Fauchen streifte sie diese Gefühle ab und musterte den König. »Irgendetwas stimmt mit dir nicht, Reodhil. Noch weiß ich nicht, was es ist und wie es beseitigt werden kann.«
»Aber …«, begann Reodhil, doch Laisa hob die Hand.
»Kein Aber! Ich habe eben gefühlt, was in dir steckt. Du denkst an den Tod, nicht wahr? Und auch daran, die Last dieser Welt von dir abzustreifen.«
Reodhil sah sie empört an, senkte auf einmal aber den Kopf. »Nein, ich … Nun ja, gelegentlich. Der Schmerz ist auch zu groß. Aber wie kommst du darauf?«
»Ich sagte doch, dass ich eben die gleichen Wünsche verspürt habe, aber als Geschöpf Meandirs habe ich von mir aus nicht die Absicht, in Tenelins Seelenhallen einzugehen.«
Laisa überlegte, wie sie dem König helfen konnte. Der Verstand sagte ihr, dass es das Beste wäre, Khaton Nachricht zu schicken, dass mit Reodhil von Thilion etwas nicht in Ordnung war. Dann aber fragte sie sich, ob der Evari überhaupt bemerken würde, was sie selbst spüren konnte. Khaton hatte sie nur selten gelobt und dann auch nur ihr Gespür für Magie. Nach einigen Übungen war sie in der Lage gewesen, selbst feinste Nuancen gleicher Farben zu unterscheiden, und das half ihr nun, denn die Magie, mit der jemand Reodhils Geist beeinflusst hatte, war seiner eigenen sehr ähnlich. Selbst sie hatte Mühe, die Stellen, an denen die fremde Kraft mit der des Königs verschmolzen war, genau zu lokalisieren.
»Das muss ich mir genauer ansehen, aber jetzt ist nicht die Zeit dazu«, erklärte sie, um Zeit zum Nachdenken zu gewinnen.
Reodhil nickte sichtlich beklommen. »Auf der Reise kommen wir an einem meiner Jagdhäuser vorbei. Prinzessin Elanah hat gewiss nichts gegen einen Ruhetag einzuwenden, denn die Reise wird noch etliche Zeit dauern. Mich interessiert sehr, was Ihr herausgefunden habt, denn manchmal habe ich das Gefühl, als wäre ich nicht ich selbst.«
»Diesem Geheimnis werden wir auf die Spur kommen«, versprach Laisa und ignorierte dabei Ysobels und Borlons Blicke, die sie warnen wollten, sich um Dinge zu kümmern, von denen sie deren Meinung nach nichts verstand.
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Sechstes Kapitel
Der Große Strom
M ehr als tausend Meilen von Laisa und ihren Problemen entfernt, kämpfte Sung, der Heiler, mit dem Gefühl, einen schweren Fehler begangen zu haben. Er hatte Prinz Rogon nach dem ersten Eindruck beurteilt und stand nun vor der Erkenntnis, dass der unsicher, ja fast hilflos wirkende junge Mann fern der Heimat und außerhalb der Reichweite der Priesterinnen, deren Macht ihn beinahe erstickt hätte, ein ganz anderer geworden war.
Eben saß Rogon ein Stück von ihm entfernt und unterhielt sich mit mehreren Schlangenmenschen, zu denen Xulla sie gebracht hatte. Zwar waren nicht alle der Hochsprache mächtig, doch Xulla übersetzte ihre Worte.
Es war für Sung erschreckend, so viele neue Facetten an seinem Begleiter zu entdecken. Wenn er ihn zu dem verborgenen Tempel lotsen, in dem die in einem magischen Schlaf liegende Tirah versteckt war, und dort benutzen wollte, diese wiederzuerwecken, musste er sich beeilen. Fand Rogon noch mehr Freude an seiner unverhofften Freiheit und entdeckte weitere Talente an sich, die derzeit noch schlummern mochten, würde er sich nicht mehr von ihm leiten lassen. Dabei waren seine Fähigkeiten im Kampf für den Heiler bereits jetzt erschreckend. Nur wenige Menschen waren in der Lage, allein mit vier Sklavenjägern aus Flussmaul und den Freistädten fertig zu werden, insbesondere, wenn diese mit Artefaktwaffen aus dem Schwarzen Land ausgerüstet waren. Rogon war dieses Kunststück gelungen, und er hatte dabei nicht einmal eine Schramme abbekommen.
Sung sagte sich, dass er mit solchen Fähigkeiten hätte rechnen müssen. Als Sohn eines
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