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Stolz der Kriegerin

Stolz der Kriegerin

Titel: Stolz der Kriegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Melli
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geflochtenem Crohan-Leder hängenden blauen Halbedelstein zum Vorschein. Nachdem sie diesen an ihre Lippen gehalten und ein paar Worte in ihrer Sprache gesagt hatte, reichte sie ihn an Rogon weiter.
    »Dieses Schmuckstück wird jedem Zirdh’een zeigen, dass du ein Freund meines Volkes bist. Vielleicht hilft es dir an fernen Orten. In früheren Zeiten waren auch andere Sumpfländer die Heimstatt von Schlangenmenschen. Zwar haben wir schon lange nichts mehr von unseren Verwandten gehört, doch vielleicht führt dich dein Weg in ihre Lande.«
    Rogon legte sich die Schnur um und reichte Xulla die Hand. »Ich danke dir! Sollte ich je von anderen Zirdh’een hören, werde ich ihren Spuren folgen und ihnen Grüße vor dir und deinem Volk überbringen.«
    Die junge Schlangenfrau nickte gerührt, umarmte dann Rogon und küsste ihn auf beide Wangen. »Du bist anders als die Menschen in den Ländern der Wardan. Irgendetwas an dir ist uns verwandt!«
    Dann ließ sie ihn los und ging. Die anderen Schlangenmenschen folgten ihr und warfen dabei einen letzten Blick auf Rogon. Aber keiner von ihnen schenkte Sung Beachtung.
    Der Heiler sah den Zirdh’een nach und atmete tief durch. »Puh, ich bin froh, dass sie weg sind! Sie erscheinen mir doch arg fremd.«
    »Sie sind treuere Diener Ilynas als die Menschen der blauen Reiche«, antwortete Rogon bitter und wies auf das Boot. »Steig ein! Wir wollen heute noch ein schönes Stück vorwärtskommen. Oder hast du vergessen, dass wir Tirah suchen wollen?«
    »Natürlich nicht!«, brummte Sung und setzte vorsichtig den Fuß auf das ihm unheimliche Ding. Rogon musste das Schilfboot festhalten, damit der Heiler einsteigen konnte. Dann griff er nach einem der Paddel, stieß das Schiffchen beim Einsteigen vom Ufer ab und nahm mit einer geschmeidigen Bewegung Platz.
    Sung drehte sich mit angespannter Miene zu ihm um. »Ich hoffe, du bist mir nicht böse, dass ich mit den Schlangenmenschen nichts am Hut habe. Aber für mich gehört dieses Volk nach Osten in Ilynas Land. Die Dämmerlande wurden nach dem Friedensschluss unserer Göttinnen und des schwarzen Giringar mit den drei Dämonen des Westens uns Menschen überlassen!«
    »Dies ist ein Irrtum, mein Freund. Das Recht der Zirdh’een auf diese Sümpfe wurde im Dämmerlandvertrag ausdrücklich anerkannt, ebenso wie das auf die südlichen Stromsümpfe. Von dort sind die Schlangenmenschen jedoch nach dem ersten großen Dämmerlandkrieg vor vierhundert Jahren spurlos verschwunden.«
    »Du kennst dich gut aus«, sagte Sung mit einem gewissen Spott, denn ihm erschien das Hier und Jetzt wichtiger als jenes uralte Regelwerk, für das sich nur noch die Priesterinnen und Priester interessierten, die es in der Heiligen Stadt aufbewahrten.
    »Mein Vater sagte zu mir, um die Welt zu begreifen, müsse man wissen, wie sie so geworden ist.« Auch in Rogons Stimme schwang ein leichter Spott. Er mochte Sung, doch der Heiler kam ihm in einigen Dingen unbedarft und teilweise sogar engstirnig vor.
    »Man muss die Dämmerlandverträge kennen, um zu begreifen, weshalb Flussmaul und Dscher, obwohl sie beide auf der goldenen Seite des Großen Stromes liegen, damals nicht aufgegeben werden mussten, und weshalb die Goisen im Gegenzug einen Sumpfstreifen am östlichen Ufer des Mündungsdeltas behalten durften«, fuhr Rogon fort, während er das Boot so geschickt lenkte, dass Sung ihn um dieses Können beneidete.
    Zunächst säumten noch Schilfflächen, Weiden und Erlengestrüpp ihren Weg, doch je weiter sie nach Süden kamen, umso mehr blieb die Sumpflandschaft hinter ihnen zurück, und schließlich trieben sie auf dem freien Wasser des Toisserech. Dort säumten flache Hügel die Ufer, die mit wild wucherndem Gebüsch bedeckt waren, an das seit Jahrzehnten niemand mehr Hand angelegt hatte.
    Einen Tag später erreichten sie den Hauptarm des Großen Stromes an der Stelle, in die jener Fluss mündete, der auch Andhir durchquerte. Rogons Herz zog sich zusammen, als er den Weg in die Heimat vor sich sah, und für einige Augenblicke kämpfte er mit dem Gedanken, seiner Familie wenigstens eine Botschaft zu schicken, dass er wohlauf sei.
    Sung spürte die Gefühle des jungen Mannes und legte sich beim Paddeln doppelt ins Zeug. »Wir sollten möglichst rasch von hier verschwinden. Hier herrscht der Silldhar von Norensill, und das ist kein freundlicher Mann«, erklärte er seine Hast.
    Kurz darauf fuhren sie an der größten aller Freistädte vorbei. Eine sechseckige Mauer von

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