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Stolz der Kriegerin

Stolz der Kriegerin

Titel: Stolz der Kriegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Melli
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die er eher instinktiv einsetzte.
    Ehe Tirah sich versah, fand sie sich als winzige, violette Kugel irgendwo im Innern des Körpers wieder, umschlossen von einer Mauer aus blauer Magie, die sich kaum mehr durchdringen ließ. Am liebsten hätte sie vor Enttäuschung geweint. Wieso hatte ein junger Bursche, der ihres Erachtens die zwanzig noch nicht überschritten hatte, sie so leicht besiegen können?
    Nein, ich bin nicht besiegt, sagte sie sich und schwor zu kämpfen und ihn geistig in die Knie zu zwingen. Mit diesem Vorsatz legte sie sich eine neue Strategie zurecht. Da ihr der Großangriff keinen Erfolg gebracht hatte, wartete sie jetzt, bis die Wachsamkeit des Burschen nachließ und damit auch die Intensität des Feldes um sie herum schwand. Als das geschah, begann sie ihre Fäden auszustrecken und den gesamten Körper zu durchdringen. Dabei vermied sie es, sich Zugriff auf einzelne Körperteile zu verschaffen, um ihren Wirt nicht zu warnen, und wartete so auf eine günstige Gelegenheit.
    Zumindest besaß sie so die Möglichkeit mitzubekommen, was die Augen sahen. Noch immer schritt der Bursche schnurstracks durch die Ödlande nach Süden. Beim Anblick der von giftigen Magieschwaden beherrschten Landschaft mit ihrem abstoßend hässlichen Pflanzenwuchs schauderte es sie. Vor allem aber wunderte sie sich, dass ihr Wirt mitten durch die Magiefelder stapfte, die andere Menschen umgebracht hätten. Er schien nicht einmal viel zu davon spüren. Allerdings tat sich in seinem Innern so einiges, doch sie konnte nicht erkennen, was sich dort abspielte. Seltsam war nur, dass sie selbst von keiner fremden Magie berührt wurde. Da es hier viel aggressives Gelb gab, war sie sogar dankbar dafür.
    Nach einer Weile gestand sie sich jedoch ein, dass Abwarten und Zuschauen ihr auch nicht weiterhalfen, und startete ihre erste Attacke auf sein rechtes Bein. Für einen Augenblick konnte sie es lähmen und merkte, wie er umknickte und schwer zu Boden schlug. Der Schmerz, den er dabei spürte, tat auch ihr weh. Doch sie lachte triumphierend. Auf diese Weise würde sie dieses Bübchen mürbe bekommen. Bevor er zurückschlagen konnte, zog sie sich aus seinem Bein zurück und verschwand in der kleinen Kugel, die ihr Schutz gegen seine Angriffe bot.
    Sie spürte seinen Ärger und seinen Zorn und kicherte im Geist. Lange würde er das nicht durchhalten, sagte sie sich, und dann würde sie seinen Leib beherrschen und er nur noch ein Kügelchen in ihrem Innern sein – und sie dann auf die gleiche Weise quälen wie sie ihn jetzt.
    Den zweiten Teil dieses Gedankens fand sie weniger gut. Wie sie dieser Situation entgehen konnte, wusste sie nicht zu sagen. Am einfachsten wäre es, wenn sie seinen Geist tötete. Doch leider besaß dieser keinen Hals, um den sie ihre Hände legen und zudrücken konnte, bis er sein Leben ausgehaucht hatte und zu den Seelenhallen seiner Göttin gehen musste.
    Restlos sauer, weil sie mit einem anderen zusammen in einem einzigen Körper gefangen war, begann sie ihren nächsten Angriff und lähmte diesmal seine rechte Hand. Ihr Schwert entglitt ihm und fiel zu Boden.
    Da Tirah sich jetzt an die Nervenbahnen heftete, die seine Glieder und Organe mit seinem Gehirn verbanden, konnte sie sein Fluchen hören. Na, willst du nicht aufgeben?, dachte sie. Da schlug eine Welle blauer Magie über ihr zusammen und riss sie mit fort. Für Augenblicke fürchtete sie, ganz aus seinem Körper hinausgeschwemmt zu werden, doch als der Sturm sich gelegt hatte, fand sie sich erneut irgendwo in seinem Körper als winzige, blau eingepackte Kugel wieder.
    ☀ ☀ ☀
    Obwohl Rogon nicht erwartet hatte, dass der Geist in ihm Ruhe gab, hatte der Angriff ihn überrascht. Für einige Augenblicke fühlte er gleichzeitig Verzweiflung und Wut, merkte dann aber, wie sein Unterbewusstsein die Initiative ergriff und er die Herrschaft über seine Gliedmaßen wiedergewann. So leicht, wie sein Gegner es sich vorstellte, war er wohl doch nicht zu besiegen.
    Während seines weiteren Weges rief er sich alles ins Gedächtnis, was er von den Priesterinnen von Andhir, aber auch seinen Lehrern in militärischer Magie über die Besessenheit durch fremde Geister gehört hatte. Viel war es nicht, und das wenige, das er wusste, passte nicht mit dem zusammen, was er durchmachte. Zwar gab es Totengeister, die nicht zu den Seelendomen ihrer Götter gingen, doch die hatten meistens einen triftigen Grund. Entweder waren sie durch Gegenfarbenmagie umgekommen, oder sie

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