Stolz und Leidenschaft: Roman (German Edition)
zu überwältigen. Sie warteten nur noch auf sein Signal.
Er hatte versprochen, ihr ein paar Minuten allein mit ihren Brüdern zu geben, damit sie es ihnen erklären konnte, doch irgendwie hatte er ein komisches Gefühl. Er hätte ihr nie erlauben sollen mitzukommen, aber er hatte die Entschlossenheit auf ihrem Gesicht gesehen und verstanden, worin diese Entschlossenheit ihren Ursprung hatte. Teufel, er bewunderte sie dafür. Es würde nicht einfach für sie sein, sich dem Zorn ihrer Brüder zu stellen.
So wie es ebenfalls nicht einfach für sie gewesen war, sich dem seinen zu stellen. Er hatte sich wütend und enttäuscht gefühlt, doch am allermeisten verraten. Zwei Tage lang war er ohne Unterbrechung durch Cowal und Argyll geritten, auf der Suche nach irgendeiner Spur von ihren Clansmännern, in der Hoffnung, die Katastrophe zu verhindern. Die Nachricht von dem Angriff auf seinen Bruder hatte ihn in Dumbarton westlich von Loch Lomond erreicht, und da er ahnte,
wer dafür verantwortlich war, war er wie der Teufel nach Rothesay zurückgeritten. Dass er Colin dort vorgefunden hatte, machte alles nur noch schlimmer. Sein Bruder würde Vergeltung fordern und wäre nicht erfreut darüber, wenn die Lamonts verschont wurden. Aber Jamie zweifelte nicht daran, dass sein Cousin Wort halten würde – was immer Colin auch verlangen mochte.
Und die ganze Zeit über, während er auf der Suche war, um genau diese Situation hier zu verhindern, hatte seine Frau ihn angelogen.
Es war nicht einfach nur die Tatsache, dass sie etwas vor ihm verheimlicht hatte, was ihn schmerzte, sondern dass sie etwas vor ihm verheimlichen konnte, das sie so glücklich machte. Er hatte gehofft, dass sie ihm eines Tages diese Art von Loyalität entgegenbringen würde, doch diese Chance schien immer schneller zu schwinden.
Er wollte es verstehen, doch er konnte einfach nicht vergessen, dass sie ihm letzten Endes nicht genug vertraut hatte. Ein Teil von ihr hatte geglaubt, was ihre Brüder von ihm behaupteten. Jamie mochte Niall Lamont und die anderen Wachmänner vielleicht in den Kerker werfen, um sie aus Schwierigkeiten herauszuhalten, aber er würde niemals etwas tun, das Caitrina verletzen würde. Er hatte geglaubt, dass sie das verstand. Und wie konnte sie nur jemals denken, dass er einem Kind etwas antun würde? Brian war kaum alt genug, ein Schwert zu halten, geschweige denn, dadurch zu sterben.
Bei ihrer Hochzeit hatte er einen Schwur geleistet – er war für die Lamonts verantwortlich –, sie waren ebenso sehr seine Familie wie ihre. Doch sie betrachtete ihn immer noch als einen Außenseiter. Nun, da sie ihre Brüder wiederhatte, würde sie ihn vielleicht nicht länger brauchen – oder wollen.
Trotz seiner Wut hatte sein Herz sich schmerzhaft zusammengezogen, als sie ihm sagte, dass sie ihn liebte. Er
wollte ihr glauben. Einen Augenblick lang bekam etwas in seiner Brust einen Riss, und es fühlte sich an, als fiele Licht durch den Spalt. Doch er wusste, dass sie so gut wie alles sagen würde, um ihre Brüder zu retten, und er konnte einfach nicht anders, als an ihrer Aufrichtigkeit zu zweifeln. Liebe bedeutete Vertrauen, und ihr Handeln sprach eine andere Sprache.
Die Härchen in seinem Nacken sträubten sich, und ein Prickeln überzog seine Haut. Er hatte das sichere Gefühl, dass er beobachtet wurde. Da er nicht riskieren wollte, dass die Wachmänner der Lamont auf ihre Anwesenheit aufmerksam wurden, bedeutete er seinen Männern, die verbleibenden, im Wald positionierten Wachen zu überwältigen. Er spähte in die Dunkelheit und konnte schwach die seltsam geformten Schatten hinter den Bäumen links von ihm erkennen.
»Ich weiß, dass du da bist, Colin«, sagte er leise. »Du kannst dich genauso gut zeigen.«
Sein Bruder trat hinter einem Baum keine zehn Schritte von ihm entfernt hervor. »Du hattest schon immer die höchst verblüffende Fähigkeit, Gefahr zu spüren.«
Jamie entging die Wortwahl seines Bruders nicht, und er zog eine Braue hoch. »Bin ich denn in Gefahr, Bruder?«
Colins Augen verengten sich drohend. »Nicht, solange du deine verdammte Pflicht tust.«
Der Versuch seines Bruders, ihn einzuschüchtern, mochte vielleicht funktioniert haben, als sie noch Kinder waren, aber diese Zeiten waren schon lange vorbei. »Maße dir nicht an, mir zu sagen, was meine Pflicht ist. Ich bin ein eigenständiger Chieftain. Ich bin dir keine Rechenschaft schuldig.«
Das Gesicht seines Bruders verzerrte sich vor Wut. »Aber als
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