Stolz und Leidenschaft: Roman (German Edition)
Gesetzlosigkeit in den Highlands mit voller Wucht ins Bewusstsein. Die Unantastbarkeit Ascogs war verletzt worden, und niemals würde sie sich hier wieder völlig sicher fühlen. Ihr war, als wäre innerhalb von nur wenigen Stunden ihre ganze Welt ins Wanken geraten. Gesetzlose waren nicht länger ein gestaltloses Problem; sie waren eine sehr reale Bedrohung.
Noch nie hatte Caitrina ihren Vater so wütend erlebt. Er nahm den Angriff auf ein Mitglied seines Clans als persönliche Beleidigung und schickte sofort eine Gruppe von Kriegern aus, um die Gesetzlosen aufzuspüren, doch seine Männer kehrten am nächsten Tag wieder zurück, ohne eine Spur von ihnen ausfindig gemacht zu haben. Zum ersten Mal verbot er Caitrina, ohne Begleitung in den Wald nahe der Burg zu gehen.
Jamies Warnung verfolgte sie. Dass seine Vorhersage sich so schnell bewahrheitet hatte, zwang sie dazu, sich zu fragen, ob er möglicherweise mehr wusste, als er sich hatte anmerken lassen. Es zwang sie ebenfalls dazu, ihr Urteil über ihn in Frage zu stellen. Er sah sich selbst als eine ausübende Kraft von Recht und Ordnung und behauptete, dass er die Highlands von Gesetzlosen befreien wollte, und zum ersten Mal wurde ihr klar, dass so eine Gewalt möglicherweise auch nötig war.
Argyll war der Teufel und Clan Campbell seine Brut, aber war die Wahrheit vielleicht in Wirklichkeit komplizierter? Hatte sie Jamie Campbell zu hart verurteilt? Hatte sie ihm fälschlicherweise vorgeworfen, brutal zu sein, wenn er nur
versuchte, die Ordnung im Land wiederherzustellen? Sie hatte in ihm nur einen Campbell gesehen, die Augen vor dem verschlossen, was vor ihr lag, und es stattdessen vorgezogen, auf Gerüchte zu hören. Er war ein harter Mann und ein erbitterter Krieger, doch nicht ein einziges Mal hatte sie Anzeichen von Grausamkeit oder Ungerechtigkeit an ihm entdeckt.
Aber was machte das schon für einen Unterschied? Nach dem, was sie zu ihm gesagt hatte, bezweifelte sie, dass sie ihn jemals wiedersehen würde. Diese Erkenntnis erfüllte sie mit einem tiefen Gefühl des Bedauerns und einem dumpfen Schmerz in der Brust, der nicht versiegen wollte.
Schließlich, einige Tage nach dem Angriff, wurde Caitrina klar, dass sie etwas unternehmen musste. Ihr Vater hatte sie gedrängt, Jamie Campbells Antrag in Betracht zu ziehen, und sie beabsichtigte herauszufinden, warum. Nicht für ihren Clan, sondern für sich selbst – obwohl sie erkannte, dass es möglicherweise bereits zu spät war.
Gerade hatte sie auf der Suche nach ihrem Vater den Saal betreten, als sie den Ruf hörte, das Fallgitter herunterzulassen. Das Blut gefror ihr in den Adern. Das Gitter am helllichten Tage zu schließen konnte nur eines bedeuten: Schwierigkeiten.
Mit wild klopfendem Herzen hastete sie zum Fenster des Saals, gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie der Wachmann auf dem Tor taumelnd über die Ringmauer stürzte. Ein Pfeil ragte ihm aus dem Rücken. Sie brauchte nicht erst nach unten zu sehen, um zu wissen, dass die Angreifer bereits in der Burg waren. Eine weitere Wache versuchte, das Fallgitter zu schließen, doch ein Schuss aus einer Hakenbüchse traf ihn in den Bauch und machte sein Vorhaben zunichte.
Chaos herrschte, als ihre Clansmänner verzweifelt versuchten, den Überraschungsangriff unter Kontrolle zu bringen. Wie erstarrt vor Entsetzen musste sie vom Fenster aus
hilflos mit ansehen, wie eine beträchtliche Streitmacht an Männern – mindestens ein paar Dutzend an der Zahl – durch das Tor stürmten und den barmkin überrannten. Ganz offensichtlich waren sie auf eine Schlacht vorbereitet; der Stahl ihrer Helme und Kettenhemden glänzte in der Sonne. Sie trugen Schwerter, aber eine große Anzahl von ihnen trug auch Schusswaffen. Das war keine zerlumpte Bande marodierender Gesetzloser, erkannte sie. Das waren gut ausgerüstete Soldaten, was möglicherweise erklärte, warum sie praktisch mühelos hatten hereinspazieren können. Sie trugen nicht die Insignien der Wache des Königs, was nur eine einzige Möglichkeit übrigließ – ihr Herz sank – Argyll.
Übelkeit krampfte sich ihr in der Magengrube zusammen, während sie mit den Augen die Menge bewaffneter Männer in den vordersten Reihen absuchte und dabei nach einem ganz bestimmten Ausschau hielt. Bitte, nicht er! Sie erkannte den Anführer sofort an der Art, wie er Befehle erteilte, und stieß einen unbehaglichen Seufzer der Erleichterung aus. Der Mann war nicht groß oder breit genug, um Jamie zu sein.
Das
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