Stolz und Leidenschaft: Roman (German Edition)
den Schultern. »Nimm deinen Bruder mit nach oben, und versteckt euch im Wandschrank. Egal, was ihr vielleicht hört, kommt nicht heraus.«
»Aber was ist mit dir und den anderen?«
»Wir müssen uns trennen.« Sie machte eine kleine Pause. »Es sind nicht die Dienstboten, die sie suchen.«
»Wen suchen sie denn?«, fragte Caitrina, der die Worte des Campbell an ihren Vater wieder einfielen.
Mor gab ihr einen Kuss auf die Stirn. »Ich weiß es nicht, Kind. Nun geh!« Zu Brian gewandt sagte sie: »Pass auf deine Schwester auf.«
Er nickte grimmig, und seine harte und entschlossene Miene ließ ihn älter wirken, als er war. Ihr süßer junger Bruder würde niemals mehr derselbe sein. Keiner von ihnen würde jemals wieder derselbe sein.
Caitrina zögerte, dann warf sie der alten Frau die Arme um den Hals und schmiegte die Wange noch einmal an die vertraute
Schulter. Mor drückte sie noch ein letztes Mal, bevor sie sie sanft von sich schob. Caitrina nahm Brian an der Hand, und zusammen rannten sie durch den Saal auf die Treppe zu. Sie musste sich zwingen, nicht aus dem Fenster zu sehen. Sie konnten nichts anderes tun, als dafür zu beten, dass die Männer ihres Vaters siegen würden – dass die Stärke des Herzens über die zahlenmäßige Stärke triumphieren würde.
Als sie ihre Kammer erreichten, hastete Caitrina auf den Wandschrank zu und riss die Türen auf. Sie stöhnte auf.
»Da passen wir niemals beide rein«, gab Brian ihre eigenen Gedanken wieder.
Der Wandschrank war mit Kleidern vollgestopft. Wenn sie sie herausholten, würde das nur noch deutlicher auf ihr Versteck hinweisen – obwohl Caitrina erkannte, dass sie an diesem Punkt nicht mehr viel tun konnten, um ihr Entdecktwerden zu verhindern. Sie kämpfte gegen die wachsende Panik an, doch ihre verzweifelte Lage machte es schwer, einen klaren Gedanken zu fassen. Was konnten sie tun? Ascog Castle war keine besonders große oder verwinkelte Burg. Hier gab es nur wenige Orte, wo man sich verstecken konnte.
Das Geräusch einer Axt, die unten gegen die Tür schlug, ließ ihr die Härchen im Nacken zu Berge stehen. Sie hatten keine Zeit mehr … und keine andere Möglichkeit.
Brian schob sie auf den Wandschrank zu. »Du versteckst dich da drin, ich krieche unters Bett.«
Sie hatte keine Zeit zu widersprechen – oder eine bessere Wahl –, deshalb nickte sie und kletterte hinein. Wenn die Soldaten bereits dabei waren, die Tür aufzubrechen, dann bedeutete das …
Nein . Gewaltsam verdrängte sie die Gedanken an die Schlacht, die unten tobte. Sie würde sich nicht erlauben, an Malcolm und Niall zu denken. Fest kniff sie die Augen zu, um die Tränen zurückzuhalten. Es durfte ihnen einfach nichts passiert sein!
Die Zeit kroch schleppend dahin. Im Wandschrank, begraben unter all der schweren Wolle und samtenen Gewändern, war es warm und dunkel. All ihre Sinne schienen geschärft zu sein und konzentrierten sich auf die Geräusche, die von unten heraufdrangen. Bei jedem kleinsten Laut machte ihr Herz einen Satz und pochte ihr unnatürlich laut in den Ohren.
Das Warten erschien endlos, obwohl vermutlich nur ein paar Minuten vergangen waren, bevor sie die unverkennbaren Geräusche von Männern hörte, die die Treppe heraufpolterten.
»Findet das Mädchen!«, rief ein Mann.
Mich . Gnädige Mutter Gottes, sie suchen mich!
Die Tür zu ihrer Kammer flog krachend auf, und Caitrina hielt entsetzt den Atem an. Die Hilflosigkeit ihrer Lage, die Zwecklosigkeit ihres Versuchs, sich zu verstecken, brach mit voller Wucht über sie herein. Wie lange würde es dauern, bis sie …
»Lasst mich los!«
Ihr Herz tat einen heftigen Satz. Brian. Gütiger Gott, sie hatten Brian!
»Was haben wir denn hier?«, fragte ein Mann. »Den Welpen des Lamont, möcht ich wetten? Jedenfalls was von ihnen übrig ist.«
Caitrina erstickte einen Schrei, und ihre Nägel gruben sich ihr in die Handfläche. Das kann nicht wahr sein!
»Das Mädchen muss hier irgendwo in der Nähe sein«, meinte ein anderer Mann.
Das Geräusch von Brians verzweifeltem Kampf, die Männer von ihrem Versteck abzulenken, war mehr, als sie ertragen konnte. Sie schob die erstickenden Haufen aufgehängter Kleider zur Seite und stolperte aus dem Wandschrank. Alles, was sie sehen konnte, waren die breiten Rücken zweier Krieger in Kettenhemden, von denen einer Brian am Genick hielt.
»Lasst ihn los!«, schrie sie, während sie auf seinen Rücken sprang und ihm hart genug gegen die Schläfe schlug, dass
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