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Stolz und Verfuehrung

Titel: Stolz und Verfuehrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Laurens
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blieb sie im Flur stehen und winkte ihnen zum Abschied zu. Jonas wirkte unruhig und ein wenig entsetzt, als er sich, flankiert von den beiden unentwegt plappernden Teufelchen in Engelsgestalt, auf den Weg nach Seaton machte.
    Kurz vor Sonnenuntergang kehrten sie zurück und stellten fest, dass Em bereits auf sie wartete. »Wie hat es euch gefallen?«, fragte sie.
    »Wun-der-voll«, beteuerte Gertie. »Überall herrliche Landschaften.«
    »Und erst der Weg zum Meer«, gähnte Bea, »wir sollten morgen ein paar Bilder dazu malen.«
    Em zog die Brauen hoch und blickte Jonas an, während die Zwillinge in die Küche stoben.
    »Es war«, nachdenklich unterbrach er sich und gestand dann ein, »besser, als ich erwartet hatte. Sie haben sich recht ordentlich benommen. Aber sie werden sehr müde sein.«
    »Kommen Sie doch rein und trinken Sie einen Tee. Hilda hat mit dem Gebäck experimentiert. Sagen Sie uns Ihre Meinung dazu.«
    Jonas brauchte keine weitere Ermutigung, als die köstlichen Düfte aus der Küche um seine Nase wehten. Er folgte Em in die warme und fröhliche Geschäftigkeit und dachte unwillkürlich daran, wie kalt, dumpf und leer die Küche des Gasthauses vorher stets gewesen war.
    Jetzt summte und brummte es dort wie in einem Bienenstock. Neben Hilda und ihren beiden Küchenmädchen hielten sich auch Issy und John Ostler in der Küche auf. Die Zwillinge bedienten sich selbst mit frischem Backwerk und entwischten dann nach oben.
    Der große Ofen blies Wärme und die köstlichen Düfte in den Raum. Jonas zog sich einen Stuhl an den Arbeitstisch und setzte sich, um niemandem im Wege zu stehen.
    Henry hatte ebenfalls Platz genommen, hielt ein halbes Brötchen in der einen und einen Stift in der anderen Hand. Vor ihm auf dem Tisch lag ein aufgeschlagenes Buch, in das er nachdenklich hineinschaute.
    Ein Teller mit Gebäck und ein Becher Tee tauchten vor Jonas auf. Er bedankte sich mit einem Lächeln bei Em, nahm das Brötchen und biss hinein.
    Der Geschmack aus Früchten und Zimt entfaltete sich plötzlich auf seiner Zunge, spielte verführerisch mit den Knospen seines Gaumens. Es war so köstlich, dass er am liebsten laut gestöhnt hätte.
    Em warf einen raschen Blick in seine Richtung. »Gut?«
    Er nickte nur, biss noch einmal hinein.
    Anders als er, kaute Henry wie abwesend an seinem Brötchen und zeigte keine Reaktion. Jonas war neugierig, was Henrys Aufmerksamkeit so sehr fesselte, und warf einen Blick auf das Buch. »Was ist das?«
    »Hausaufgaben in Latein.« Henry schaute auf. »In Latein bin ich nicht so weit, wie ich sein sollte. Ich muss aufholen.«
    Jonas nahm noch einen Bissen und nickte in Richtung Buch. »Womit kämpfst du dich gerade ab, mit Konjugationen?«
    »Unter anderem.«
    »Ich lese immer noch regelmäßig lateinische Schriften«, sagte Jonas, »vielleicht kann ich helfen und dir vorzeitige Falten auf der Stirn ersparen. Welches Verb?«
    Em stand hinter den beiden und lauschte auf Henrys Antwort und Jonas’ Erwiderung. Während sie in der Küche geschäftig dies und jenes überprüfte, behielt sie das Paar am Tisch genau im Blick. Rasch hatten die beiden alles um sich herum vergessen, vertieften sich in die Diskussion über die Verben und die Philosophie des Textes, den Henry gerade übersetzte.
    Es fiel ihrem Bruder nicht leicht, Hilfe anzunehmen. Er war das zurückhaltendste, ruhigste und nachdenklichste Mitglied der Familie. Häufig machte sie sich Sorgen, dass er, falls irgendetwas nicht in Ordnung war, es ihr nicht anvertrauen würde, um ihr nicht noch mehr Lasten aufzubürden.
    Als einziges männliches Mitglied in ihrem Haushalt fühlte er sich gleichermaßen verantwortlich und über die Maßen hilflos. Em konnte sein Dilemma sehr gut verstehen. Ihr Bruder wollte die Verantwortung für sie übernehmen, musste aber akzeptieren, dass aufgrund seines jugendlichen Alters und seiner Unerfahrenheit Issy und sie die Verantwortung für ihn trugen.
    Obwohl sie ihm nie erzählt hatte, welchen Handel Issy und sie mit ihrem Onkel abgeschlossen hatten - unbezahlte Arbeit als Gegenleistung für seinen Unterricht -, hegte sie seit Langem die Vermutung, dass er es längst erraten hatte oder doch so viel ahnte, dass er sich Issy und ihr nur noch mehr verpflichtet fühlte.
    Weder Issy noch sie erwarteten oder wünschten sich Dankbarkeit von ihm. Das war nicht der Grund, weshalb sie den Handel geschlossen hatten. Aber Em verstand, dass Henry solche Gefühle hegte - es wäre ihr unter diesen Umständen

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