Stolz und Verlangen
ihre fahrigen Hände in seine und brachte sie dazu, ihn anzusehen. „Doch, ist es.“
Als Molly sich zurechtmachte und Make-up auflegte, dachte sie, dass ihre wirre Mähne und ihre geschwollenen Lippen definitiv verrieten, was sie gerade mit ihrem Mann getan hatte. Das gewählte Kleid war sehr salopp und in keiner Hinsicht beeindruckend.
Bevor sie in den wartenden Hubschrauber einstiegen, konnte sie beobachten, wie Leandro das Gesicht der wärmenden spanischen Sonne entgegenhob. Das kurz geschnittene schwarze Haar perfekt frisiert, bot er eine aufreibend makellose und gepflegte Erscheinung.
Auf dem Flug sagte sie sich immer wieder vor, dass sie mit einem Schloss umgehen konnte. Doch nichts hätte sie auf das riesige Anwesen und das grandiose Gebäude vorbereiten können, über das der Hubschrauber jetzt kreiste, bevor er zur Landung ansetzte. Das Castillo war genau das, was man sich unter einem Schloss vorstellte, einschließlich Turm und Türmchen und mittelalterlichen Schlossmauern. Es stand auf einem Hügel, umgeben von gepflegten Gärten und fruchtbaren Olivenhainen und bot Ausblick auf ein üppig grünes Tal.
„Kein Wunder, dass du meinst, die Sonne geht nur deinetwegen jeden Tag auf“, flüsterte Molly atemlos. Jetzt war ihr auch klar, woher seine Selbstsicherheit stammte. „Wer, um Himmels willen, sind denn all die vielen Leute, die vor dem Eingang stehen?“
„Die Dienerschaft. Unsere Heirat ist ein wichtiges Ereignis für den ganzen Haushalt. Jeder will dich begrüßen und in deinem neuen Heim willkommen heißen.“
Molly war überzeugt, dass sie für alle nur eine Enttäuschung sein würde. Sie spürte die vielen neugierigen Augenpaare auf sich liegen und rückte Schutz suchend näher an Leandros Seite. „Sie starren mich an“, zischelte sie. Sie zwang sich, ein Lächeln aufzusetzen und es auch auf ihrem Gesicht zu halten.
„Wahrscheinlich denken sie alle, dass ich eine Minderjährige verführt habe“, konterte er trocken.
Doch das Personal sollte die niedrigste Hürde sein, die Molly zu nehmen hatte. Sie hatten nur wenige Schritte in die riesige Empfangshalle mit den vielen Ölgemälden und den lebensgroßen Marmorstatuen gemacht, als sie von Leandros Mutter begrüßt wurden. Sie war eine große, schlanke Frau, in deren schwarzem Haar silberne Strähnen schimmerten. Sie trug ein sehr elegantes Kostüm, aber ihre Augen blickten eiskalt. Begleitet wurde sie von zwei jüngeren Frauen, die ähnlich gekleidet waren. Die offizielle Vorstellung fand statt, aber es lockerte die Atmosphäre keineswegs. Doña Maria und ihre Töchter Estefania und Julieta sahen Molly nur reglos an, während sie sich bemühte, freundliche Worte zu finden, und sich den Anschein gab, als hätte sie nicht bemerkt, dass die Herzlichkeit in dieser Begrüßung komplett fehlte. Grundgütiger, sie konnte nur hoffen, dass sie nicht auf Dauer alle unter einem Dach leben mussten!
Überraschung zeichnete sich auf Leandros Gesicht ab, als er in den Salon trat und dort einen formellen Empfang in vollem Gange vorfand. Er erkannte Gesichter, die er schon seit zehn oder zwanzig Jahren nicht mehr gesehen hatte. Seine Mutter hatte also die gesamte Familie eingeladen, bis hinunter zum entferntesten Cousin x-ten Grades, um seine Braut vor dieses einschüchternde Empfangskomitee zu stellen.
„Ist das die Party, die du erwähntest?“, fragte Molly flüsternd. Sie fühlte sich völlig unpassend angezogen inmitten dieser Ansammlung von Designerkleidern und blitzenden Juwelen.
„Nein, das hier ist die Familie, einschließlich der entfernten Verwandtschaft. Es tut mir leid. Ich hatte keine Ahnung, dass so etwas geplant war.“
Molly ließ den Blick über den vollen Saal schweifen. Sie schluckte schwer, aber dann hob sie entschlossen das Kinn. Sie musste die Frage stellen, musste einfach. „Lebt deine Mutter auch hier?“
„Nein, sie wohnt in Sevilla und kommt von Zeit zu Zeit zu Besuch hierher.“ Leandro legte eine Hand an ihren Rücken und führte sie durch die Menge, um die Vorstellung zu übernehmen. Viele der Gäste sprachen Englisch, aber nur wenige so gut, dass es für eine entspannte Unterhaltung reichte. Molly würde also Spanisch lernen müssen, und zwar so schnell wie möglich, wenn sie hier hineinpassen wollte.
„Ich möchte Spanisch lernen“, teilte sie Leandro mit, als sie ein paar Minuten für sich allein hatten und nicht höfliche Konversation machen mussten. „Schließlich wirst du nicht die ganze Zeit als
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