Stolz und Verlangen
Übersetzer für mich fungieren können. Kennst du jemanden, der bereit wäre, mir Unterricht zu geben?“
„Ich werde das arrangieren. Wenn du die Sprache ein wenig sprichst, wird es dir leichter fallen, dich einzugewöhnen.“ Er lächelte sie anerkennend an. Seine Miene wurde weicher, alle Distanziertheit schwand, und sofort war Molly wie gebannt von ihm. Ihre Blicke verhakten sich.
Julieta trat zu ihnen und sagte leise etwas zu Leandro.
„Ein Anruf“, wandte er sich erklärend an Molly. „Ich werde versuchen, es nicht zu lang zu machen, querida .“
„Dios mio !“ Die hübsche Brünette studierte aufmerksam Mollys Gesicht und lachte dann. „Wie du Leandro ansiehst! Du bist tatsächlich in meinen Bruder verliebt!“
Das Blut schoss Molly in die Wangen. Sie wollte schon vehement widersprechen, als ihr im letzten Moment einfiel, dass es für sie als Leandros Braut wohl wesentlich klüger sei, wenn sie sich bei diesem Thema zurückhielt. Dennoch war sie verlegen. Schaute sie ihn wirklich so an, als ob sie verliebt in ihn sei?
Ohne ihre gestrenge Mutter war Julieta eine ganz andere Person. Sie nahm zwei Gläser von einem Tablett und bot Molly mit einem freundlichen Lächeln eines davon an.
„Ich kann keinen Alkohol trinken“, lehnte Molly entschuldigend ab.
„Ach ja, ich vergaß, dass du schwanger bist. Weißt du, wir haben die Nachricht noch immer nicht so richtig verdaut“, meinte sie, ganz und gar nicht mehr steif und kalt. „Du hast in fünf Minuten geschafft, was Aloise in fünf Jahren nicht gelungen ist.“
Ein einzelner Satz, der gleich mehrere von Mollys Fragen beantwortete. Die erste Ehe ihres Mannes hatte also fünf Jahre gedauert, und seine damalige Frau Aloise hatte kein Kind von ihm empfangen. War das die Erklärung, warum er ihr in jener ersten Nacht so überzeugt versichert hatte, dass sie nicht schwanger von ihm werden könne? Vermutlich.
„Komm mit, du musst Fernando kennenlernen.“ Julieta legte die Hand an Mollys Ellbogen. „Er ist jünger und wesentlich amüsanter.“
Fernando Santos, ein athletischer Mann Ende zwanzig, hatte die Position des Gutsverwalters inne. Julieta ging sehr zwanglos mit dem jungen Mann um, scherzte und alberte mit ihm, bis Doña Maria ihre Tochter von der anderen Seite des Raumes her streng zu sich rief.
„Sind Sie sind derjenige, an den ich mich wenden sollte, wenn ich eine Hütte oder einen Gartenschuppen suche, wo ich einen Brennofen für meine Töpferarbeiten aufstellen kann?“, fragte Molly ihn. Aus den Augenwinkeln erkannte sie, dass Leandro unablässig mit gerunzelter Stirn in ihre Richtung schaute.
„Ja, Hoheit. Auf der alten Farm steht möglicherweise genau das Richtige für Sie. Da wir neue Schuppen für die landwirtschaftlichen Geräte und Maschinen gebaut haben, sind die meisten Gebäude dort jetzt leer.“
„Nennen Sie mich doch Molly“, bat sie ihn. Die Aussicht, sich ohne Zeitdruck und wann immer sie wollte ihrer Töpferei widmen zu können, zauberte ein strahlendes Lächeln auf ihr Gesicht.
Mit respektvoller Bewunderung sah der Gutsverwalter sie an. „Das wäre ein Affront für Ihre Familie. Sie sind die Frau des Herzogs, und hier auf diesem Schloss werden die traditionellen Formalitäten noch sehr hoch in Ehren gehalten.“
„Daran werde ich mich wohl erst gewöhnen müssen“, seufzte sie leise.
„Ich kann Ihnen versichern, ich spreche für die gesamte Dienerschaft, wenn ich Ihnen sage, wie froh wir alle sind, dass der Herzog wieder geheiratet hat“, sagte der junge Spanier herzlich.
In diesem Moment gesellte sich Leandro zu ihnen, und Fernando wurde auffällig zurückhaltend. Die Olivenhaine waren nun Gesprächsthema, und nach einer kurzen Unterhaltung – in Englisch, um Mollys willen –, führte Leandro Molly nach draußen auf die Terrasse. Ein Schauder lief ihr den Rücken herunter, als er plötzlich eisig blickende Augen auf sie richtete.
„Halte Abstand zu Fernando Santos“, wies Leandro sie harsch an. „Er ist ein hervorragender Verwalter, aber steht in einem allgemein schlechten Ruf, sobald es um Frauen geht. Du solltest es vermeiden, in seiner Gegenwart gesehen zu werden.“
So etwas hatte sie nun überhaupt nicht erwartet! „Was, um alles in der Welt, willst du damit eigentlich andeuten?“
„Flirte nicht mit ihm und halte die Formalitäten ein, wenn ihr miteinander zu tun habt.“
Fassungslose Wut flammte in Molly auf. „Ich habe nicht mit ihm geflirtet!“, protestierte sie vehement.
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