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Stolz und Verlangen

Stolz und Verlangen

Titel: Stolz und Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvia Day
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Eliza fragte sich, ob sie mehr sagen sollte als das. Welche Antwort könnte man geben, die sich nicht unbeholfen anhörte? In Wahrheit hielt sie derartige Komplimente für eine Plattitüde. Schließlich war sie sich durchaus bewusst, dass sie keine klassische Schönheit war. Doch da sie heute Abend einige Mühe auf ihr Aussehen verwendet hatte, wäre es unaufrichtig, seine Galanterie als bloße Höflichkeit abzutun. Zumal sie heute ein Kleid ihrer Mutter trug.
    Eliza wunderte sich immer noch über ihre Entscheidung. Ihre Mutter war keine Frau, der sie nacheifern wollte. Lady Georgina war unbezähmbar und ungestüm gewesen. Sie hatte sich keine Gedanken um die Konsequenzen ihres Tuns gemacht oder inwieweit andere davon betroffen sein könnten. Jahrelang hatte sich Eliza immer die Frage »Was würde Mutter tun?« gestellt, um dann genau das Gegenteil zu machen. Aber heute Nachmittag hatte sie den Wunsch verspürt, sich für Jasper schön zu machen. Er war nach dem unglückseligen Zwischenfall in der Royal Academy schrecklich aufgewühlt gewesen. Es bedeutete ihr sehr viel, dass er sich so um ihr Wohlergehen sorgte. Wenn sie ganz ehrlich war, so musste sie sich freilich eingestehen, dass sie das Kleid auch in der Hoffnung gewählt hatte, sie könne ihn bezüglich ihrer Frage, ob er mit ihr schlafen wolle, zu einer Antwort verleiten.
    Natürlich gab es auch eine vernünftige Erklärung für ihre Wahl: Sie demonstrierte damit vor aller Welt, dass in ihrem Leben eine drastische Veränderung stattgefunden hatte. Nur allzu gut erinnerte sie sich noch an jenen Tag, als ihre Mutter sich in Mr. Chilcott verliebt hatte. Lady Georginas blaue Augen hatten gestrahlt, ihre Lippen waren rot und ihre Wangen rosig gewesen. Sie hatte vor sich hin gesummt und zwischendurch immer wieder laut zu singen begonnen. Im Verlauf der folgenden Woche hatte sie unentwegt gelächelt. Am auffälligsten war jedoch ihr veränderter Kleidungsstil gewesen. Sie hatte Gewänder mit weniger Verzierung und in kräftigeren Farben gewählt, als wüsste sie, dass ihr verliebtes Strahlen Zierrat genug sei. Aufgrund dieser Erfahrung war Eliza klar, dass sie nicht weiterhin möglichst unauffällig wirken durfte, wenn sie glaubhaft vorgeben wollte, ein tieferes Interesse an einem bestimmten Mann zu haben.
    Sir Richard räusperte sich. »Ich hoffe, Sie verzeihen mir, Miss Martin, aber ich bin in Sorge um Sie.«
    »Ach?«
    »Es widerstrebt mir, mich in Angelegenheiten einzumischen, die mich nichts angehen«, sagte er und hörte sich dabei alles andere als widerstrebend an. »Doch ich fürchte, Ihr lobenswerter Scharfsinn bei der Wahl eines Gatten hat an Urteilskraft verloren.«
    Sie hob die Brauen. »Wie meinen Sie das?«
    »Ich spreche natürlich von Mr. Bond.«
    »Verstehe.« Obwohl Tolliver ihr bereits seit zwei Saisons den Hof machte, hatte er sich noch nie derart herablassend geäußert. Sein Ton gefiel ihr ganz und gar nicht. Es war ein Ton, den ein Elternteil oder Lehrer gegenüber einem widerspenstigen Kind anschlug.
    »Mr. Bond hat etwas an sich, das mir Unbehagen einflößt. Ich kann es nicht genau benennen, aber irgendetwas stimmt nicht mit ihm.«
    Sie warf einen raschen Blick durch den Saal, bis sie Jasper erspähte, der mit verschränkten Armen und schläfrig verhangenen Augen neben einer Säule stand. Nicht zum ersten Mal fiel ihr auf, dass er sie nicht mehr auf dieselbe Art ansah wie bei ihrer ersten Begegnung. Sein Blick war nun hitziger, aufmerksamer und führte dazu, dass auch ihre eigene Wahrnehmung geschärft wurde. Wärme breitete sich in ihrem Inneren aus. Sie kannten einander nur ein paar wenige Tage, aber dennoch hatte diese Bekanntschaft eine tiefe Veränderung in ihr bewirkt, hatte eine ihr innewohnende Empfindsamkeit freigelegt, die ihr bislang verborgen gewesen war.
    Was Tollivers Bemerkung betraf, so konnte sie ihm seine Worte nicht verübeln, auch wenn ihr die Art missfiel, wie er sie geäußert hatte. Jaspers Kleidung war das Einzige, was an ihm geschliffen wirkte. Obwohl er nach außen hin völlig angepasst wirkte, würde ein scharfer Beobachter sofort erkennen, wie sehr er aus der Menge hervorstach. Seine Haltung und seine geschmeidigen Bewegungen strahlten etwas Gefährliches, Raubtierartiges aus.
    »Ich verstehe nicht, warum Sie ihn als unpassend empfinden«, log sie. »Ich finde ihn durchaus salonfähig.«
    »Miss Martin, ich muss sagen, Ihre Einschätzung erschreckt mich. Aus welcher Familie stammt er?«
    »Sein Vater ist mit Lord

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