Stolz und Vorurteil - Vollständige Ausgabe (German Edition)
nur nicht gleich fort, sondern schloß sich ihnen an und begann ein Gespräch mit ihrem Onkel.
Elisabeth konnte nicht umhin, sich darüber zu freuen. Es war doch gut, wenn er jetzt selbst feststellen mußte, daß man sich nicht aller ihrer Verwandten zu schämen brauchte. Sie lauschte genau auf jedes Wort, das gesprochen wurde, und frohlockte heimlich bei jedem Ausdruck, bei jedem Satz ihres Onkels, durch den er seine Bildung, seinen klugen Verstand und seinen guten Geschmack bewies.
Von allgemeineren Dingen kam das Gespräch allmählich auf Forellen und Fischfang, und Elisabeth hörte, wie Darcy ihren Onkel auf das verbindlichste einlud, so oft er Lust habe und solange er in der Gegend bleibe, bei ihm zu fischen; gleichzeitig bot er ihm an, ihm mit allem Nötigen an Gerät auszuhelfen und ihm die besten Stellen im Fluß zu zeigen.
Mrs. Gardiner, die mit ihrer Nichte hinter den beiden Herren ging, warf ihr einen erstaunten Blick zu. Elisabeth sagte nichts, aber die Artigkeit, die in der Einladung lag und nur ihr allein gelten konnte, gab ihr ein tiefes Gefühl der Genugtuung. Auch sie war aufs höchste verwundert. Immer wieder fragte sie sich: Warum hat er sich so verändert? Wie kam das? Meinethalben kann doch unmöglich sein Betragen um so viel liebenswürdiger geworden sein. Das können meine Vorwürfe und Anschuldigungen in Hunsford doch nicht fertiggebracht haben. Es ist doch gar zu unwahrscheinlich, daß er noch etwas für mich empfindet!
Nachdem sie so eine Weile gegangen waren, die beiden Herren voran, dahinter die beiden Damen, klagte Mrs. Gardiner über Müdigkeit und bat ihren Mann, ihr seinen Arm als Stütze zu reichen. Darcy nahm also den Platz an der Seite Elisabeths ein, und zusammen gingen sie weiter, den anderen voraus. Nach einer kleinen Weile fing Elisabeth an zu sprechen. Sie wollte ihn unbedingt wissen lassen, daß man sie seiner Abwesenheit versichert hatte, bevor sie nach Pemberley gefahren waren, und meinte, seine Ankunft sei doch sehr unerwartet gewesen.
»Denn Ihre Haushälterin sagte uns«, fügte sie hinzu, »daß Sie bestimmt erst morgen zurückkehren würden; und wir hatten auch in dem Gasthaus, in dem wir übernachteten, gehört, daß Sie noch nicht in Pemberley erwartet wurden.«
Er erwiderte, daß eine dringende Unterredung mit seinem Verwalter ihn veranlaßt habe, seiner Reisegesellschaft vorauszueilen.
»Sie wird morgen früh hier eintreffen«, fuhr er fort. »Übrigens befinden sich auch einige Bekannte von Ihnen dabei, nämlich mein Freund Bingley und seine Schwestern.«
Elisabeth antwortete hierauf nur mit einem leichten Kopfnicken. Ihre Gedanken waren bei der Nennung des Namens Bingley zu dem Abend zurückgeeilt, an dem zuletzt von ihm zwischen ihnen die Rede gewesen war. Und nach seiner Miene zu schließen, beschäftigte auch ihn ein ähnlicher Gedanke.
»Es befindet sich aber noch jemand bei der Gesellschaft«, fuhr er nach einer Weile fort, »der ganz besonders wünscht, Ihre Bekanntschaft zu machen. Wollen Sie mir erlauben, Ihnen meine Schwester vorzustellen, solange Sie noch in Lambton bleiben?«
Diese Bitte fügte eine neue Überraschung zu all den anderen dieses Tages, eine so große Überraschung, daß Elisabeth nachher nicht mehr wußte, in welcher Weise sie ihm geantwortet hatte. Sie war überzeugt, daß dieser Wunsch Miss Darcys ursprünglich von ihrem Bruder ausgegangen sein mußte; weiter wollte sie jetzt nicht denken, das genügte ihr vollauf. Sie freute sich aufrichtig, daß er demnach trotz aller verletzten Eitelkeit nicht gar zu schlecht von ihr denken konnte.
Sie gingen jetzt stumm nebeneinander her, beide tief mit den eigenen Gedanken beschäftigt. Elisabeth fühlte sich begreiflicherweise nicht gerade behaglich, aber gleichzeitig war ihr wohl und froh zumute. Seine Bitte, ihr seine Schwester vorstellen zu dürfen, empfand sie als besonderen Vorzug. Bald hatten sie die andern weit hinter sich gelassen, und als sie am Wagen anlangten, waren Mrs. Gardiner und ihr Mann gut eine viertel Meile zurückgeblieben.
Er bat sie, ins Haus hineinzukommen und sich ein wenig auszuruhen, aber sie versicherte, gar nicht müde zu sein, und so standen sie denn zusammen auf dem Rasen und warteten. Vieles hätte in der Zeit gesagt werden können, und das Schweigen fing an, peinlich zu werden; aber jedesmal, wenn Elisabeth zum Sprechen ansetzte, fiel ihr etwas ein, was ihr das Thema als ungeeignet erscheinen ließ. Schließlich erinnerte sie sich, daß sie ja eine
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