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Stolz und Vorurteil - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Stolz und Vorurteil - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Titel: Stolz und Vorurteil - Vollständige Ausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Austen
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sowohl wie Darcy heimlich aufs schärfste.
    Elisabeth ihrerseits war vollauf beschäftigt. Sie wollte über die Gefühle jedes einzelnen ihrer Gäste Klarheit haben, sie wollte ihrer eigenen Herr werden, und sie wollte auf alle Besucher einen guten Eindruck machen. Und während sie an dem Erfolg dieser letzteren Bemühung schon verzweifelte, hätte sie sich dessen am sichersten fühlen dürfen; denn alle drei waren bereits für sie eingenommen; Bingley war bereit, Georgiana eifrig bemüht und Darcy sich längst bewußt, Gefallen an ihr zu finden.
    Beim Anblick Bingleys flogen Elisabeths Gedanken natürlich sofort zu Jane, und was hätte sie nicht darum gegeben, erfahren zu können, ob seine Gedanken denselben Flug angetreten hatten. Bisweilen glaubte sie zu bemerken, daß er schweigsamer war als sonst, und mehrmals machte sie sich selbst die Freude, seine Blicke so zu verstehen, als bemühe er sich, in ihrem Gesicht eine Ähnlichkeit mit ihrer Schwester zu lesen. Jedenfalls — mochte es nun Einbildung sein oder nicht —, sein Verhalten Miss Darcy, Janes Rivalin, gegenüber ließ keinen Zweifel zu. Nicht ein Blick wurde zwischen den beiden gewechselt, der etwas anderes als lediglich gute Freundschaft verraten hätte. Einige Male meinte sie sogar aus seinen Worten eine zärtliche Erinnerung an Jane herauszuhören und den Wunsch, das Gespräch auf sie zu bringen. So sagte er, während die anderen sich miteinander unterhielten, einmal zu ihr in einem Ton, in dem ein leises Bedauern mitzuschwingen schien, daß es schon sehr lange her sei, seit er das Vergnügen gehabt habe, mit ihr plaudern zu können, und er fügte, bevor sie noch etwas darauf erwidern konnte, hinzu: »Mehr als acht Monate sind es her; wir haben uns zum letzten Mal am 26. November gesehen, als wir alle in Netherfield tanzten.«
    So fest also hatte sich das Datum jenes Tages seinem Gedächtnis eingeprägt. Nachher fragte er sie noch, ob zur Zeit alle ihre Schwestern zu Hause in Longbourn seien. In der Frage selbst schien keine tiefere Bedeutung zu liegen, aber der Blick, der diese Worte begleitete, schien ihnen — so meinte wenigstens Elisabeth — einen besonderen Sinn zu verleihen.
    Sie fand nicht oft Gelegenheit, ihre Aufmerksamkeit Darcy zuzuwenden; aber so oft sie hinsah, hatte sie den Eindruck größter Liebenswürdigkeit, und was er sagte, wurde in einem Ton so frei von jedem Dünkel oder irgendwelcher Geringschätzung seiner Umgebung gesagt, daß sie die Gewißheit gewann, sein freundliches Wesen von gestern, von so kurzer Dauer es auch sein mochte, habe doch wenigstens den einen Tag überlebt. Als sie ihn dort so sitzen sah und hörte, wie er sich um die Freundschaft, um die gute Meinung von Menschen bemühte, deren Bekanntschaft zu machen er noch vor wenigen Monaten verächtlich abgelehnt hätte, fiel ihr der Unterschied so stark auf, daß es ihr schwer wurde, ihre Verwunderung zu verbergen. Niemals zuvor, weder in der Gesellschaft seiner Freunde in Netherfield noch in der seiner vornehmen Verwandten auf Rosings, hatte sie ihn so sehr bemüht gesehen, Gefallen zu erwecken, so frei von jedem übertriebenen Selbstbewußtsein, so ungezwungen und natürlich wie jetzt; dabei waren doch alle seine Bemühungen höchstens dazu angetan, sich mit Leuten auf guten Fuß zu stellen, deren Bekanntschaft ihn sowohl dem Spott der Damen von Netherfield wie von Rosings aussetzen würde.
    Die Besucher blieben fast eine halbe Stunde; und als sie sich verabschiedeten, bat Darcy seine Schwester, seinem Wunsch, Mr. und Mrs. Gardiner und Miss Bennet vor ihrer Abreise zum Essen bei sich auf Pemberley zu sehen, durch den ihren Nachdruck zu verleihen. Miss Darcy folgte seiner Aufforderung bereitwillig, wenn auch ihre Schüchternheit bewies, wie wenig sie es gewohnt war, Einladungen ergehen zu lassen. Mrs. Gardiner blickte auf ihre Nichte, um zu sehen, wie Elisabeth sich dazu stellte, die diese Einladung doch in erster Linie betraf; aber Elisabeth hatte sich abgewandt. Da Mrs. Gardiner jedoch überzeugt war, daß diese scheinbare Gleichgültigkeit mehr einer Verlegenheit entsprang, und da sie wußte, wie sehr ihr Mann Geselligkeit liebte, sagte sie dankend zu, worauf man sogleich den übernächsten Tag dafür festsetzte.
    Bingley zeigte sich sehr erfreut, Elisabeth schon so bald wiederzusehen da er noch vieles mit ihr zu bereden habe und noch viele Fragen nach den gemeinsamen Freunden in Hertfordshire stellen wolle. Elisabeth verstand dies alles so, daß er offenbar

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