Stolz und Vorurteil - Vollständige Ausgabe (German Edition)
angenehm. Ich verspreche Ihnen, Sie werden sehr bald schon einen Brief von mir erhalten, in dem ich Ihnen meinen Dank für diese Worte und für alles andere Gute, das ich in Ihrem Hause erfahren durfte, zum Ausdruck bringen werde. Und meinen schönen Cousinen will ich jetzt, obwohl meine baldige Wiederkehr dies wohl überflüssig erscheinen läßt, meine tiefgefühlten Wünsche für ihr Wohlergehen aussprechen, meine Cousine Elisabeth nicht ausgenommen.«
Mrs. Bennet hoffte bei sich, Mr. Collins so verstehen zu dürfen, daß er sein Augenmerk nun einem von den jüngeren Mädchen zuwenden wolle; Mary würde sie wohl dazu bringen können, ihn zu nehmen. Aber am nächsten Morgen schwand jede Hoffnung dieser Art dahin. Charlotte kam schon früh zu Besuch und erstattete Elisabeth unter vier Augen Bericht über die Ereignisse des vergangenen Tages.
In Elisabeth war schon ein paarmal während der letzten Tage der Gedanke aufgetaucht, ob wohl Mr. Collins sich jetzt einbildete, in ihre Freundin verliebt zu sein; aber daß Charlotte ihn gar noch ermunterte, erschien ihr gänzlich unwahrscheinlich. Ihr Erstaunen war daher auch so groß, daß sie ausrief: »Mit Mr. Collins verlobt? Meine liebe Charlotte, das ist doch unmöglich!«
Charlotte wurde einen Augenblick verlegen, aber da sie das ja schließlich erwartet hatte, faßte sie sich sogleich wieder und erwiderte:
»Warum tust du so erstaunt, Lizzy? Hältst du es für so unwahrscheinlich, daß Mr. Collins imstande sein soll, die Neigung einer Frau zu gewinnen, nur weil er nicht so glücklich war, bei dir Erfolg zu haben?«
Aber auch Elisabeth hatte sich wieder in der Gewalt und brachte es sogar mit einiger Anstrengung fertig, ihrer Freundin einigermaßen überzeugend zu versichern, daß die Aussicht auf ihre zukünftige Verwandtschaft sie sehr erfreue und daß sie ihr alles erdenkliche Glück wünsche.
»Ich weiß wohl, was du denkst«, meinte Charlotte, »und warum du so erstaunt bist, nachdem Mr. Collins eben erst dich heiraten wollte. Aber wenn du dir etwas Zeit nimmst, alles genau zu überlegen, wirst du hoffentlich einsehen, daß ich richtig gehandelt habe. Ich bin nicht romantisch veranlagt, das weißt du. Ich will nichts anderes als mein eigenes Heim. Und was Mr. Collins’ Charakter, Stellung und Beziehungen anbetrifft, so bin ich überzeugt, daß die Möglichkeit, mit ihm glücklich zu werden, mindestens ebenso groß ist wie die, mit der die meisten Leute ihre Ehe beginnen.«
Elisabeth antwortete leise: »Zweifellos!« und nach einer verlegenen Pause kehrten sie zu den anderen zurück. Charlotte blieb nicht mehr sehr lange, und Elisabeth fand dann Muße, über das Gehörte nachzudenken. Aber es dauerte lange, bis sie sich mit der Vorstellung von dieser seltsamen Ehe abfinden konnte. Daß Mr. Collins in drei Tagen zwei Anträge vorgebracht hatte, war nicht so verwunderlich, wie daß er einmal damit Erfolg hatte. Sie hatte schon immer gewußt, daß ihre und Charlottes Ansichten über die Ehe verschieden waren, aber sie hätte es nicht für möglich gehalten, daß ihre Freundin, wenn es wirklich darauf ankam, alle ihre Gefühle einem nüchternen Vorteil geopfert haben würde. Charlotte die Frau von Mr. Collins ein beschämender, beleidigender Gedanke!
Und zu dem Schmerz über die Freundin, die sie enttäuscht hatte und in ihrer Achtung gesunken war, fügte sich noch die traurige Überzeugung, daß die Freundin kaum auf sonderliches Glück rechnen dürfe bei der Wahl, die sie selbst für sich getroffen hatte.
23. KAPITEL
E lisabeth saß noch in Gedanken über das Gehörte und überlegte, ob sie den anderen etwas davon erzählen dürfe, als Sir William selbst erschien, um auf Wunsch seiner Tochter die Verlobung bekanntzugeben. Zu seinem Erstaunen begegnete er bei seinen Zuhörern weniger der erwarteten Überraschung als unverhohlenem Zweifel. Mrs. Bennet beteuerte mit weit mehr Hartnäckigkeit als Höflichkeit immer wieder, er müsse sich da doch gründlich geirrt haben, und Lydia, die von Natur taktlos und vorlaut war, rief laut: »Du lieber Gott, Sir William, wie können Sie uns so ein Märchen erzählen? Wissen Sie denn nicht, daß Mr. Collins Lizzy heiraten will?«
Eine derartige Aufnahme hätte selbst die Geduld eines Höflings aus der alten Zeit auf eine harte Probe gestellt, aber Sir Williams Weltgewandtheit ließ ihn den Proteststurm überstehen; er hörte sich mit größter Zuvorkommenheit all die Taktlosigkeiten an und bat die Damen nur, ihm doch
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