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Stolz und Vorurteil - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Stolz und Vorurteil - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Titel: Stolz und Vorurteil - Vollständige Ausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Austen
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überreden, daß er nicht dich, sondern ihre Freundin liebt!«
    »Wenn wir beide derselben Ansicht über Caroline wären«, sagte Jane, »dann würde mich deine Erklärung sehr beruhigen können. Aber ich weiß, daß du von einer falschen Voraussetzung ausgehst. Caroline ist völlig unfähig, einen Menschen absichtlich zu hintergehen; ich kann nur hoffen, daß sie sich selbst in diesem Fall getäuscht hat.«
    »Gut so! Du hättest keine bessere Erklärung haben können, da du ja nicht auf mich hören willst. Glaub’ du nur, daß sie sich getäuscht hat. Damit hast du getan, was du tun konntest und brauchst dich nicht mehr zu sorgen!«
    »Aber, liebe Lizzy, wie sollte ich glücklich werden können, wenn ich — falls es überhaupt dazu kommt — einen Mann heiraten würde, dessen Freunde und Schwestern ihm alle eine andere wünschen?«
    »Das mußt du selbst entscheiden«, sagte Elisabeth, »und wenn du nach reiflicher Überlegung zu dem Schluß kommen solltest, daß die Enttäuschung seiner Schwestern schwerer wiegt als dein eigenes Glück als seine Frau, dann rate ich dir, ihn um Himmels willen laufen zu lassen!«
    »Aber wenn er diesen Winter nicht wieder zurückkommt, werde ich vielleicht gar nicht die Möglichkeit haben, eine Wahl zu treffen. In sechs Monaten kann doch vieles dazwischenkommen!«
    Doch Elisabeth wollte nichts davon hören, daß Mr. Bingley nicht zurückkehren werde. Der Gedanke sei nur Carolines eigennützigen Wünschen entsprungen; und ob sie nun offen oder hintenherum mit ihrem Bruder gesprochen habe, sie, Elisabeth, nehme nicht für einen Augenblick an, daß ein so unabhängiger Mensch wie Mr. Bingley sich danach richten würde.
    Sie versuchte auf alle erdenkliche Weise, Jane zu ihrem Standpunkt zu bekehren, und durfte bald zu ihrer Freude feststellen, daß ihre Bemühungen nicht vergeblich gewesen waren. Jane neigte von Natur nicht dazu, den Kopf hängen zu lassen, und allmählich schöpfte sie neue Hoffnung, die nur noch selten von Zweifeln überschattet wurde, ob Mr. Bingley wohl wirklich nach Netherfield zurückkehren werde, um ihre Träume und Herzenswünsche zu erfüllen.
    Sie beschlossen, ihrer Mutter nur mitzuteilen, die Netherfields seien nach London gereist; sie solle sich nicht unnötig wegen Bingleys Verhalten beunruhigen. Aber auch das versetzte sie schon in große Erregung, und sie war außer sich, daß die netten Damen gerade zu dem Zeitpunkt fortgereist seien, wo man sich doch so nahegekommen war. Als sie sich jedoch genügend ausgejammert hatte, tröstete sie sich mit dem Gedanken, daß ja Bingley bald wieder zurückkehren und mit ihnen speisen werde, und ihre ganze Besorgnis löste sich in der Erklärung auf, sie habe ihn zwar nur zu einem einfachen Essen im Familienkreise geladen, aber sie werde dafür sorgen, daß es trotzdem zwei warme Gänge gebe.

22. KAPITEL
    D ie Bennets waren bei Sir William Lucas zu Gast, und während des Nachmittags übernahm Charlotte wieder freundlicherweise die Aufgabe, sich Mr. Collins zu widmen. Elisabeth dankte ihr herzlich dafür, sobald sie ihre Freundin allein sprechen konnte.
    »Es lenkt ihn ab und hält ihn bei glänzender Laune«, sagte sie, »ich weiß nicht, wie ich dir danken soll!«
    Charlotte versicherte ihr, daß es ihr eine Genugtuung sei, ihr damit einen Gefallen zu tun, und daß das kleine Zeitopfer sich damit reichlich bezahlt mache. Das war wirklich sehr freundlich gedacht und gesagt, aber Elisabeth ahnte noch nicht, wohin Charlottes Liebenswürdigkeit zielte: sie beabsichtigte nämlich nicht mehr und nicht weniger, als ihre Freundin für immer von Mr. Collins’ Aufmerksamkeiten zu befreien, indem sie sie auf sich selbst lenkte. Das war Miss Lucas’ Plan; und nach allen Anzeichen zu schließen, gelang ihr seine Durchführung so gut, daß sie an einem endgültigen Erfolg nicht gezweifelt hätte, wäre nicht Mr. Collins’ Urlaub so bald schon zu Ende gewesen.
    Aber da tat sie seinem leidenschaftlichen und zielbewußten Charakter unrecht; denn der trieb ihn am nächsten Morgen dazu, Longbourn in aller Heimlichkeit zu verlassen, um nach Lucas Lodge zu eilen und sich Charlotte zu Füßen zu werfen.
    Einen besseren Empfang hätte er sich wirklich nicht wünschen können. Charlotte sah ihn von ihrem Fenster aus kommen und beeilte sich, ihm wie zufällig in der Allee zu begegnen. Nie hätte sie auch nur zu träumen gewagt, daß ihrer dort ein solcher Schwall von Liebe und Beredsamkeit wartete.
    Dann war aber auch schon alles

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