Stolz und Vorurteil - Vollständige Ausgabe (German Edition)
erlauben zu wollen, seiner Sache vollkommen gewiß zu sein.
Elisabeth hielt es jetzt an der Zeit, ihn aus seiner peinlichen Lage zu befreien und bestätigte seine Worte, indem sie von dem letzten Gespräch zwischen ihr und Charlotte berichtete. Sie bemühte sich auch, den schlechten Eindruck zu verwischen, den Sir William von seinem Empfang haben mußte; sie beglückwünschte ihn aufrichtig und sprach ihre Überzeugung aus, daß der ausgezeichnete Charakter Mr. Collins’ gewiß Charlottes Glück gewährleiste.
Glücklicherweise war Mrs. Bennet von der Neuigkeit so erschlagen, daß sie verhältnismäßig wenig zu sagen fand, solange Sir William noch da war; aber kaum hatte er sich verabschiedet, gab sie ihren Gefühlen freien Lauf: erstens weigere sie sich, auch nur ein Wort von der ganzen Geschichte zu glauben; zweitens könne ihr niemand einreden, Mr. Collins sei etwa nicht nach allen Regeln der Kunst eingefangen worden; drittens wisse sie, daß die beiden nicht glücklich miteinander werden würden; viertens sehe sie voraus, daß die Verlobung auseinandergehen werde. Zwei Dinge vor allem wurden jedoch mit unleugbarer Deutlichkeit klar: daß Elisabeth Schuld an allem habe und dass sie, Mrs. Bennet, geradezu schändlich von aller Welt behandelt worden sei. Diese beiden Themen wurden nun ausschließlich und ergiebig im Laufe des Tages noch weiter behandelt. Nichts konnte sie besänftigen, nichts sie trösten. Ein Tag genügte ihrem Ärger gar nicht, sich auszutoben: eine ganze Woche lang konnte sie Elisabeth nicht sehen, ohne zu schelten; ein Monat mußte verstreichen, bevor sie zu Sir William und Lady Lucas sprechen konnte, ohne bissig zu werden; und was Charlotte betraf — da mußten noch viele Monate vergehen, ehe sie auch nur daran denken konnte, ihr zu verzeihen.
Mr. Bennet stand der Angelegenheit sehr viel gelassener gegenüber. Wenn er sich überhaupt Gedanken darüber machte, so nur höchst angenehme, wie er behauptete. Es sei ihm eine große Genugtuung, festzustellen, daß Charlotte Lucas, die er bislang immer für einigermaßen vernünftig gehalten habe, ebenso töricht sei wie seine Frau und noch dümmer als seine eigenen Töchter!
Jane gestand ein, etwas Erstaunen bei der Nachricht empfunden zu haben, aber sie sprach weniger über ihre Überraschung als über ihren Wunsch, die beiden glücklich zu sehen — und Elisabeth konnte sie nicht zu der Ansicht bekehren, daß das doch ganz ausgeschlossen sei. Kitty und Lydia waren weit davon entfernt, Charlotte zu beneiden: Mr. Collins war ja bloß ein Geistlicher! Als Neuigkeit für Meryton hatte die Sache wohl einen Wert, aber sonst war sie höchst belanglos.
Lady Lucas genoß selbstverständlich von Herzen den Triumph, ihrer Nachbarin nun eine demnächst gut verheiratete Tochter entgegenhalten zu können, und sie machte jetzt häufiger als früher Besuche auf Longbourn, um zu erzählen, wie glücklich sie sei, obgleich Mrs. Bennets sauertöpfische Miene und unfreundliche Bemerkungen eigentlich jedes Glück hätten davontreiben müssen.
Zwischen Elisabeth und Charlotte entstand seit der Verlobung eine Entfremdung, die eine Aussprache verhinderte; Elisabeth war überzeugt, daß die alte Vertraulichkeit zwischen ihnen nie wieder aufkommen könne. In ihrer Enttäuschung über die Freundin wandte sie sich jetzt mehr und mehr der Schwester zu, an deren Ehrlichkeit und Feingefühl sie nie zu zweifeln brauchte und um deren Herzensangelegenheit sie sich von Tag zu Tag mehr Sorge machte, da Bingley jetzt schon eine Woche fort war, ohne etwas von sich hören zu lassen.
Jane hatte Caroline umgehend auf ihren Brief geantwortet und zählte jetzt die Tage, bis sie wieder Nachricht von ihr erhielte.
Das versprochene Schreiben von Mr. Collins an Mr. Bennet kam am Dienstag nach seiner Abreise und enthielt einen Überschwang an Dankesbezeugungen, wie sie kaum nach einem zwölfmonatigen Aufenthalt in der Familie berechtigt gewesen wären, geschweige denn nach zwölf Tagen. Nachdem er sein Gewissen so entlastet hatte, fuhr er begeistert fort, von seinem Glück zu sprechen, die Liebe ihrer liebenswürdigen Nachbarin, Miss Lucas, gewonnen zu haben. Schließlich erklärte er dann auch, daß er sich nur deswegen so schnell bereit gezeigt habe, ihrer freundlichen erneuten Einladung zu entsprechen, weil er sich der Gesellschaft seiner Charlotte erfreuen wolle; er hoffe, am Montag in vierzehn Tagen wieder bei ihnen zu sein. Lady Catherine, fügte er in einer Nachschrift hinzu,
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