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Stolz und Vorurteil - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Stolz und Vorurteil - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Titel: Stolz und Vorurteil - Vollständige Ausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Austen
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bis sie am Pfarrhaus anlangten.
    Nachdem sie sich verabschiedet hatten, fand sie in der Einsamkeit ihres Zimmers die nötige Ruhe, um sich ungestört das Gehörte noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen. Es war unmöglich, daß irgendwelche anderen zwei Menschen gemeint sein konnten als ihre Schwester und Bingley, und es war ebenso ausgeschlossen, daß es in der Welt noch einen Menschen gab, der so unter Darcys Einfluß stand. Daß er bei der Trennung der beiden seine Hand mit im Spiel hatte, daran war niemals ein Zweifel in ihr aufgetaucht; aber bisher hatte sie geglaubt, daß diese Verschwörung von Caroline ausgegangen sei. Und nun stellte es sich heraus, daß er und sein Dünkel und seine prinzlichen Launen der eigentliche Anlaß waren für alles, was Jane hatte erdulden müssen und noch erduldete, es müßte denn sein, daß auch in diesem Fall seine Einbildung ihn die Rolle, die er dabei gespielt hatte, überschätzen ließ. Jedenfalls hatte er auf unabsehbare Zeit jede Hoffnung auf Glück und Zufriedenheit für den warmherzigsten, liebsten aller Menschen zerstört. Wie lange das Unheil, das er angerichtet hatte, sich auswirken werde, konnte niemand vorhersagen.
    »Es lagen zwingende Gründe gegen sie vor«, waren Fitzwilliams Worte gewesen; und diese Gründe bestanden wahrscheinlich darin, daß sie einen Onkel hatte, der Anwalt in einer kleinen Provinzstadt war, und einen anderen, der in London ein Geschäft besaß.
    »Gegen Jane selbst kann doch kein Mensch etwas haben? So freundlich und gut, wie sie ist! So vernünftig, ruhig und lieb! Und auch gegen meinen Vater läßt sich doch nichts Nachteiliges vorbringen«, dachte Elisabeth, »denn er besitzt trotz all seiner Eigenheiten so viele gute Seiten, daß sich selbst ein Darcy ihrer nicht zu schämen brauchte, und dazu noch einen so grundanständigen Charakter, wie Darcy ihn niemals haben wird!«
    Der Gedanke an ihre Mutter stimmte Elisabeth allerdings etwas nachdenklich; aber mochte man auch an ihr vieles auszusetzen haben, so konnte das ihrer Meinung nach für Darcys Urteil nicht maßgebend gewesen sein; war sie doch überzeugt, daß der Mangel an gesellschaftlichen Verbindungen bei seiner hochmütigen Gesinnung weitaus schwerer ins Gewicht fiel als der Mangel an Intelligenz, den man ihrer Mutter wohl zu Recht vorwerfen konnte. Und so kam Elisabeth endlich zu dem Schluß, daß seine Handlungsweise zum Teil von übermäßigem Standesdünkel, seiner hervorstechendsten Eigenschaft, bestimmt war, zum Teil aber auch von dem Wunsch, seine Schwester mit Bingley zu verheiraten. Sie war schließlich so erbittert und so durchwühlt vom vielen Grübeln, daß es ihr den Kopf zu sprengen drohte. Und da sie jetzt am wenigsten Darcy begegnen konnte, bat sie ihre Gastheber, sie möchten sie heute auf Rosings entschuldigen. Charlotte sah auch sofort, daß sie sich nicht gut fühlte, und drängte sie daher nicht weiter; aber Mr. Collins konnte seine Besorgnis nicht verhehlen, daß Lady Catherine ihr Fortbleiben vielleicht unfreundlich aufnehmen werde.

34. KAPITEL
    A ls die anderen gegangen waren, beschäftigte sich Elisabeth, als wollte sie ihre Wut auf Darcy noch auf alle erdenkliche Weise steigern, mit den Briefen, die Jane ihr hierher nach Hunsford geschrieben hatte. Sie enthielten weder Klagen über das, was hinter ihr lag, noch eine Schilderung ihres gegenwärtigen Kummers. Aber auf keiner Seite, in keiner Zeile fand sich jene ruhige Fröhlichkeit wieder, die sonst Janes Briefe ausgezeichnet hatte und die ihrem ausgewogenen Gleichmaß, ihrer freundlichen Gesinnung gegen jedermann entsprungen war.
    Elisabeth glaubte jetzt beim erneuten Lesen aus jedem Satz eine Unruhe und eine Traurigkeit herauszuhören, die ihrer Aufmerksamkeit anfangs entgangen war; daß Darcy obendrein noch so schamlos sich brüstete, solches Leid verursacht zu haben, ließ Elisabeth den Kummer ihrer Schwester nur noch stärker empfinden. Es war ein Trost, wenn auch nur ein kleiner, daß der Besuch dieses Menschen auf Rosings morgen zu Ende ging, und ein großer war es, daß sie selbst in weniger als zwei Wochen wieder bei Jane sein würde, um ihr mit aller Liebe, deren sie fähig war, zu neuer Fröhlichkeit zu verhelfen.
    Der Gedanke an Darcys Abreise erinnerte sie auch daran, daß sein Vetter ihn begleiten werde; das tat ihr leid, aber Fitzwilliam hatte ihr ja deutlich zu verstehen gegeben, daß er in bezug auf sie keinerlei Absichten habe, und wenn sie ihn auch sehr nett fand, sie hatte nicht

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