Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stolz und Vorurteil - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Stolz und Vorurteil - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Titel: Stolz und Vorurteil - Vollständige Ausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Austen
Vom Netzwerk:
trotz der großen charakterlichen Verschiedenheit, eine langjährige, feste Freundschaft. Darcy schätzte an Bingley sein natürliches Wesen, seine Freimütigkeit und seine Lenkbarkeit — Eigenschaften, die in keinem größeren Gegensatz zu seinen eigenen hätten stehen können, obgleich er mit seinen eigenen gar nicht unzufrieden zu sein schien. Und Bingley seinerseits fand eine starke Stütze in der Achtung, die sein Freund ihm entgegenbrachte, und vertraute fest seiner überlegenen Menschenkenntnis und Welterfahrung. Darcy war auch der Intelligentere von ihnen; nicht, daß Bingley dumm war, aber Darcy war eben der Überlegenere. Gleichzeitig hatte Darcy aber einen Zug von Hochmut, Verschlossenheit und Verwöhntheit, und sein ganzes Wesen war, wenn auch nicht gerade unhöflich, so doch nicht sehr entgegenkommend. In dieser Hinsicht lief ihm sein Freund entschieden den Rang ab. Bingley war überall gern gesehen; Darcy eckte ständig an.
    Die Art, in der sie sich über den Ball in Meryton unterhielten, war für beide bezeichnend. Bingley glaubte, noch nie nettere Leute und hübschere Mädchen gesehen zu haben; alle waren äußerst freundlich und zuvorkommend gegen ihn gewesen, keine Spur von Förmlichkeit oder Steifheit, er hatte sich gleich gut Freund mit allen Anwesenden gefühlt; und was Jane betraf, er hätte sich kein engelhafteres Wesen vorstellen können. Darcy dagegen hatte nur eine große Menschenmenge gesehen, die durch wenig Schönheit und viel Uneleganz auffiel, für die er beim besten Willen kein Interesse hatte aufbringen können und von der er weder Vergnügen gehabt noch Entgegenkommen erfahren hatte … Miss Bennet — ja, er gab zu, daß sie nett aussah, nur lächelte sie zu viel. Mrs. Hurst und ihre Schwester erhoben hiergegen weiter keinen Einspruch, aber sie gestanden ihre Zuneigung und Bewunderung für Jane ein und erklärten, sie sei ein liebes Mädchen, dessen Freundschaft sie nicht ungern weiter pflegen wollten. Damit war also Miss Bennet zum »lieben Mädchen« ernannt, und Bingley fühlte sich durch diese Empfehlung berechtigt, von ihr und über sie zu denken, wie es ihm beliebte.

5. KAPITEL
    N ur einen kurzen Weg von Longbourn entfernt wohnte eine Familie, die zu den engeren Freunden der Bennets zählte. Sir William Lucas hatte früher ein Geschäft in Meryton geführt, das ihm zu einem annehmbaren Vermögen verholfen hatte. Eine Ansprache an den König während seiner Bürgermeisterzeit hatte ihm den Titel »Sir« eingebracht. Die Ehrung war ihm ein wenig zu Kopfe gestiegen; er faßte eine plötzliche Abneigung gegen das Geschäft und gegen sein Haus in dem kleinen Marktflecken, gab beides auf und bezog mit seiner Familie etwas außerhalb Merytons ein Landhaus, das von da an Lucas Lodge hieß. Hier konnte er zu seinem ständigen Vergnügen über seine eigene Bedeutsamkeit Betrachtungen anstellen und, ungehindert von jedweder Arbeit, sich damit beschäftigen, gegen die ganze Welt höflich zu sein. Denn wenn sein Titel ihn auch erhöht hatte, er machte ihn nicht hochfahrend; im Gegenteil, er war mehr denn je eines jeden gehorsamer Diener. Von Natur aus schon liebenswürdig, freundlich und gefällig, hatte seine Vorstellung bei Hofe ihn nur noch höflicher gemacht.
    Lady Lucas war eine sehr gute Frau und nicht klug genug, um eine schlechte Nachbarin für Mrs. Bennet abzugeben. Die älteste von den Lucas-Kindern, Charlotte, eine ruhige, vernünftige junge Dame von siebenundzwanzig, war Elisabeths beste Freundin.
    Es war natürlich unumgänglich notwendig, daß die Schwestern Lucas und die Schwestern Bennet den Ball gemeinsam durchsprachen. Am Morgen nach dem Fest erschienen jene in Longbourn, um zu hören und gehört zu werden.
    »Du hast aber den Abend gut begonnen, Charlotte«, sagte Mrs. Bennet mit höflicher Selbstbeherrschung zu Miss Lucas. »Dich hat ja Mr. Bingley sich zuerst ausgesucht.«
    »Ja, aber seine zweite Wahl schien ihm besser zu gefallen.«
    »Ach so, du meinst Jane — weil er zweimal mit ihr getanzt hat; du hast recht, das machte allerdings den Eindruck, als ob er sie bevorzugte. Hm, weißt du, ich glaube, er zog sie den anderen tatsächlich vor; ja, ja, ich hörte so etwas, ich weiß nicht mehr genau was … irgend etwas von Mr. Robinson —«
    »Sie meinen wahrscheinlich das Gespräch zwischen ihm und Mr. Bingley, das ich zufälligerweise mit anhörte; hab’ ich Ihnen noch nicht davon erzählt? Mr. Robinson fragte ihn, wie ihm unser Ball in Meryton gefalle und ob er

Weitere Kostenlose Bücher