Stolzes Herz und heiße Küsse (German Edition)
Brabourne dort über den Weg zu laufen. Lebemänner wie er hielten sich von derart faden Veranstaltungen für gewöhnlich fern.
Viel zu früh kam der Mittwoch heran. Wieder einmal stand Juliet in der Eingangshalle, um auf den Auftritt ihrer Stiefmama zu warten. Harry, der noch nie geduldig war, tigerte unruhig auf den schwarz-weißen Fliesen umher.
„Das nützt auch nichts“, sagte Juliet lächelnd.
Er verzog das Gesicht. „Mir schon.“
Sie war versucht, ihn am Arm zu packen und aufzuhalten. „Du gehst mir auf die Nerven. Hör doch wenigstens mal fünf Minuten damit auf.“
Er stöhnte, tat ihr aber den Gefallen. „In diesem braunen Zeug siehst du echt großartig aus.“
Spielerisch knickste sie vor ihm. „Vielen Dank, werter Herr.“
Er errötete. „Ich wollte doch nur ein bisschen üben.“
Sie grinste. „Natürlich. Zu deiner Information: Bei dem braunen Zeug handelt es sich um bronzefarbene Seide.“
„Diese Information werde ich eines Tages bestimmt brauchen können“, erwiderte er spöttisch.
„Man kann nie wissen.“
„Steht die Kutsche bereit?“, schnitt Emily die Neckereien ab. „Wir wollen doch nicht zu spät kommen.“
Ihre Stiefkinder blickten sich an und verdrehten die Augen. „Ferguson wartet schon seit zwanzig Minuten“, sagte Juliet. „Und du weißt, wie sehr es ihm widerstrebt, die Pferde draußen warten zu lassen. Es tut ihnen nicht gut.“
Emily eilte an ihnen vorüber. „Es steht Ferguson nicht zu, sich aufzuregen. Er wird tun, was man ihm aufträgt.“
Juliet presste die Lippen zusammen, sagte sich jedoch, sie dürfe Emily nicht gestatten, ihr die Laune noch mehr zu verderben. Vor ihnen lagen noch zu viele gemeinsame Stunden, um sich jetzt schon vom Ärger auffressen zu lassen.
Hobson legte ihr ein mit bronzefarbenem Satin besetztes braunes Abendcape um. Juliet lächelte ihm zu. Dann half er Lady Smythe-Clyde in ein eisblaues Cape. Sie ignorierte ihn.
Emily trug an diesem Abend ein silbernes Gewand, das mit blassblauen Blüten aus Halbedelsteinen aufgeputzt war, dazu ein Collier aus Saphiren. Die passenden Ohrringe reichten bis über ihr Kinn hinab, was die Aufmerksamkeit auf ihren schlanken Hals und die eleganten Schultern lenkte.
Juliet wandte den Blick ab. Schmerzliche Gefühle stürmten auf sie ein, denn diese Juwelen hatte sie zum letzten Mal an ihrer Mama gesehen, als diese sie für einen Ball angelegt hatte. Damals hatte sie gefunden, Mama sehe großartig aus mit dem Schmuck. Zu entdecken, dass Emily die Juwelen besser standen, tat weh.
Entschieden verscheuchte sie diese Gedanken.
Keiner sagte ein Wort, während sie durch Londons Straßen fuhren. Nebel wallte von der Themse auf, und die wenigen Straßenlaternen verbreiteten einen goldenen Schimmer, in dessen Licht man nichts sehen konnte. Unheimlich hallte das Hufgetrappel auf den Pflastersteinen wider.
Juliet war froh, als sie ihr Ziel erreicht hatten.
Sie betraten Almack’s gleichzeitig mit einer anderen Gruppe, was ihnen ein wenig Anonymität verlieh. Juliet sah sich um. Nichts war so, wie sie erwartet hatte. Almack’s war nichts als ein großer, schmuckloser Saal, und doch war es der berühmteste Raum von ganz London. Ein paar der glänzendsten Ehen hatten hier bei den allwöchentlichen Bällen ihren Anfang genommen. Juliet hatte nicht erwartet, enttäuscht zu sein.
Sobald sie drinnen waren, machte sich Emily davon.
„Schöne Anstandsdame“, meinte Harry. „Zum Glück bin ich mitgekommen.“
„Dasselbe hat sie auch im Carlton House gemacht. Aber eigentlich bin ich froh darum.“
Auf der anderen Seite des Saals näherte sich der Earl of Perth der Gräfin Lieven. „Madam“, sagte er mit einer makellosen Verbeugung und einem verwegenen Lächeln, „wäre es vermessen, Sie zu bitten, mich Miss Smythe-Clyde als Walzerpartner zu empfehlen?“
Scharf wandte sie sich ihm zu. „Immer sind Sie zur Stelle, wenn es Probleme gibt. Wollen Sie damit heute Abend schon wieder anfangen?“
„Mir bleibt leider gar nichts anderes übrig, meine Liebe. Ich interessiere mich nun mal für den Rotschopf und möchte die Dame gern näher kennenlernen.“ Seine schwarzen Augen funkelten unternehmungslustig.
Sie seufzte. „Sie waren schon immer ein Spitzbube, aber unwiderstehlich. Kommen Sie mit.“
Juliet und Harry kamen gerade von einem Kontratanz zurück. „Miss Smythe-Clyde?“, fragte Gräfin Lieven.
„Ja.“
„Ich möchte Ihnen den Earl of Perth vorstellen und ihn Ihnen als Walzerpartner ans
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