Stolzes Herz und heiße Küsse (German Edition)
Wimpern hindurch lugte sie zu ihm auf. Sie reichte ihm kaum bis zur Schulter. „Wenn man sieht, dass er sich in meiner Gesellschaft wohlfühlt, werden all die alten Tanten, die mir eben noch die kalte Schulter gezeigt haben, sich wieder bei mir einschmeicheln müssen. Das ist der Lauf der Welt.“
Er sah auf sie hinab, auf die engelsgleich gewölbte Stirn, die süßen, vollen Lippen. Ihr Aussehen täuschte über die berechnende Kälte ihres Herzens hinweg. Diese Frau erinnerte ihn an seine Mutter.
Sein Blick verdüsterte sich. Emily wich vor der kaum verhüllten Gefahr zurück, die ihn wie ein Schatten zu umgeben schien. Aber nichts konnte sie zum Schweigen bringen. „Andernfalls hätten Sie sich doch nicht all die Mühe gegeben und Juliet dem Prinzen vorgestellt.“
„Brabourne“, mischte sich da plötzlich Prinnys Stimme ins Gespräch. „Kommen Sie, ich will mit Ihnen reden.“ Er richtete die Aufmerksamkeit auf Emily. „Nachdem Sie mir diese hübsche Dame vorgestellt haben.“
Brabourne tat wie geheißen und beobachtete mit spöttischer Miene, wie Lady Smythe-Clyde geziert lächelte und sich der Prinz wie ein Pfau in die Brust warf. Sie gaben ein sehr ungewöhnliches Paar ab. Wenn er nicht der Thronfolger wäre, hätte man sie für ein sehr amüsantes Paar gehalten, von so unterschiedlichem Umfang. Aus ihm hätte man leicht drei von ihrer Statur machen können.
Nach zehn Minuten Neckerei besann der Prinz sich auf sein ursprüngliches Anliegen. „Kommen Sie, Brabourne, wir müssen uns ein wenig unterhalten.“
Brabourne neigte zustimmend den Kopf. Beide verabschiedeten sich von Lady Smythe-Clyde.
Kaum hatten sie einen ruhigen Ort erreicht, als Prinny verkündete: „Sie werden das Mädel wohl heiraten müssen. Ich habe mein Bestes getan, um sie in Mode zu bringen, und Sallys Eintrittskarten für Almack’s tun ein Übriges, aber es wird nicht ausreichen. Wir werden allmählich ein ganz schön prüder Haufen.“ Sein Blick schweifte über seine Gäste.
Beherrscht erwiderte Brabourne: „Ich glaube nicht, dass eine Ehe auch nur einem von uns gut bekäme, Sir.“
Prinny betrachtete seinen Freund. „Haben wohl Angst, man könnte Ihnen Fesseln anlegen? Keine Sorge. Die Frauen erwarten nicht, dass ihr Gatte ihnen treu ist, sie wollen nur ihr Auskommen und eine gesellschaftliche Stellung. Es wird ihr egal sein, was Sie tun, solange Sie diskret sind.“
Brabourne schnaubte. Eine andere Antwort als Ja war undenkbar, und das wollte er nicht sagen.
Der Prinz hingegen nahm Brabournes Zustimmung als gegeben hin und schlenderte davon. Brabourne wandte sich ab. Er würde sich nicht zu etwas drängen lassen, das er nicht selbst wollte.
So leid ihm das Mädchen auch tat.
7. KAPITEL
Die Eintrittskarten für Almack’s kamen am folgenden Nachmittag. Es lag kein Begleitschreiben oder Ähnliches bei, von dem man auf den Absender hätte schließen können. Wenn Juliet nicht gewusst hätte, dass Lady Jersey ihr die Karten hatte schicken sollen, wäre ihr die ganze Sache ein Rätsel geblieben. Die Frau hatte getan, was der Prinz ihr aufgetragen hatte, aber auf eine Art, die unmissverständlich zu verstehen gab, dass sie es gegen ihren Willen tat. Juliet hatte gehört, dass sich die Patronessen von Almack’s niemandem beugten. Vielleicht wollte sich Lady Jersey aus irgendeinem persönlichen Grund beim Regenten einschmeicheln.
Juliet schüttelte den Kopf. Sonst war sie nicht so misstrauisch. Normalerweise glaubte sie allem und jedem unbesehen.
Nun ja, sie brauchte ja nicht zu Almack’s zu gehen. Sie warf die Karten in den Papierkorb im Morgenzimmer. Sie musste sich um die Haushaltsabrechnung kümmern und hatte keine Zeit, sich wegen Almack’s oder des Prinzen oder Brabourne den Kopf zu zerbrechen. Vor allem nicht wegen Brabourne.
Später am Abend saß Juliet lesend in ihrem Zimmer. Plötzlich kam Harry zu ihr hereingestürmt.
„Was machst du denn um diese späte Stunde noch hier? Ich dachte, du wolltest mit Tommy ins Drury Lane, um den Schauspielerinnen dort schöne Augen zu machen“, neckte sie ihn.
„Das ist doch wieder einmal typisch Schwester!“, sagte er, die Hände in die Hüften gestemmt. Vor Entrüstung stand ihm das Haar zu Berge. „Da komme ich, um dich zu warnen, dass der Teufel los ist, und dir fallen dazu nur frivole Bemerkungen ein.“
Mit einem resignierten Seufzen legte Juliet ihr Buch weg. Vielleicht würde sie später weiterlesen können. Vielleicht auch nicht. Harry konnte ebenso
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