Stolzes Herz und heiße Küsse (German Edition)
ein Chippendale-Tischchen, das neben einem großen, gemütlich wirkenden Ledersessel stand. Mit einem Seufzer der Zufriedenheit ließ sie sich in die Kissen sinken und schob die Füße unter sich. Binnen Minuten war sie vollkommen in der Lektüre aufgegangen.
Die Uhr auf dem Kaminsims schlug vier.
Juliet legte das Buch in den Schoß und gähnte. Sie war ja so müde. Sie wollte nur für ein paar Minuten die Augen schließen. Hoffentlich tat Ferguson dasselbe. Er musste früh aufstehen.
Gegen fünf Uhr morgens kam Brabourne nach Hause, mittlerweile wieder besserer Stimmung. Er hatte beim Whist gewonnen, exzellenten Portwein getrunken und die Gesellschaft genossen. Seit Langem schon hatte er keinen so erfreulichen Abend mehr erlebt. Das letzte Mal musste gewesen sein, bevor dieses lästige Mädchen nach London gekommen war.
Mit dem Schlüssel, den er immer bei sich trug, schloss er sich die Tür auf. Es war ihm höchst zuwider, wenn er in halb trunkenem Zustand nach Hause kam und sich die Dienerschaft auf ihn stürzte. Selbst sein Kammerdiener sollte um diese Zeit im Bett sein.
Er schloss ab, drehte sich um und wäre beinah mit Burroughs zusammengestoßen. „Was zum …?“
„Verzeihung, Euer Gnaden, aber in der Bibliothek sitzt eine junge Dame.“ Der sonst so untadelige Bedienstete wirkte verstört. Sein Blick schoss unruhig im Raum umher, als befürchtete er, belauscht zu werden.
„Schicken Sie sie heim. Oder, besser noch, werfen Sie sie hinaus.“ Brabourne war nicht in der Stimmung für Jux und Tollerei.
Burroughs trat näher und flüsterte: „Es ist Miss Smythe-Clyde, Euer Gnaden. Ich sagte ihr schon, dass sie gar nicht hier sein sollte und ganz bestimmt nicht auf Sie warten könnte.“ Beleidigt rümpfte er die Nase. „Aber sie sagte, wenn ich ihr nicht helfe, sich hineinzuschleichen, würde sie einfach in aller Öffentlichkeit hereinmarschieren. Das konnte ich ihr nicht gestatten. Wo sie doch bald unsere Duchess werden soll.“ Er richtete sich auf. „Außerdem sitzt ihr Kutscher in Mrs. Burroughs’ Salon.“
Brabournes Mund wurde schmal. „Danke, Burroughs.“ Er reichte ihm Kastorhut und Stock. „Sie haben weitaus mehr als nur Ihre Pflicht getan.“ Er legte den Mantel ab. „Ich nehme mich der Sache an. Sehen Sie zu, dass Ferguson sich bereithält zu gehen.“
„Sehr wohl, Euer Gnaden“,erwiderte Burroughs. Aus seiner Stimme sprach vor allem Erleichterung. „Sehr gern.“
Energisch lenkte Brabourne seine Schritte Richtung Bibliothek. Mit dieser absurden Situation würde er gleich fertig sein. Der Muskel an seinem Auge begann wieder zu zucken. Unbegleitet sollte sich eine Frau niemals in das Heim eines Junggesellen begeben. Ein Kutscher zählte da nicht. Das wusste sie auch ganz genau, und doch war sie gekommen.
Er entdeckte sie nicht sofort. Im Zimmer war es kalt, und das einzige Licht rührte von den Kerzen in einem Leuchter am Kamin. Bei näherem Hinsehen erkannte er in seinem Lieblingssessel eine Gestalt. Er trat näher.
Auf dem Teppich lag ein Buch. Er hob es auf, und seine strenge Miene wurde von einem leichten Lächeln aufgehellt. „Die Braut von Abydos“. Interessante Lektüre. Er legte es auf das Tischchen.
Zusammengerollt lag sie im Sessel, von Kissen umgeben, die Beine angezogen, sodass die Halbstiefelchen unter ihrem Kleid hervorlugten. Sie sah jung und unschuldig aus. Und närrisch, dachte er, als ihn erneut der Ärger über ihr unkluges Verhalten übermannte.
Er packte sie an der Schulter und schüttelte sie, sanfter, als er eigentlich wollte. Sie riss die Augen auf und starrte ihn an. In ihren grünen Tiefen machte er Verwirrung aus, danach die Erinnerung, gefolgt von einem Gefühl, das er schon bei vielen Frauen entdeckt hatte. Begehren.
Ihre Reaktion verstörte ihn. Sie erregte ihn auch.
Er zog sie auf die Füße. „Was zur Hölle tun Sie hier?“
Sie wurde erst rot, dann bleich, bis die Sommersprossen dunkel auf ihrem Nasenrücken hervortraten. Abwehrend schob sie ihn von sich weg. „Wenn Sie mich loslassen, sage ich es Ihnen.“
„Wenn Sie es mir sagen, lasse ich Sie los. Vielleicht.“ Eine provozierende Antwort, aber er war gerade in der Stimmung, sie zu reizen – in jeder Hinsicht.
Ihre Handflächen waren gegen seine Brust gepresst. Er fühlte sie noch durch die Stofflagen von Rock, Weste und Hemd hindurch. Das Bedürfnis, ihr eine Lektion zu erteilen, die sie so bald nicht vergaß, geriet mit dem brennenden Wunsch durcheinander, ihre Lippen auf
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