Stolzes Herz und heiße Küsse (German Edition)
„Ich muss Ferguson holen und dann heimfahren.“
Er hob das Buch auf und streckte es ihr entgegen. „Vergessen Sie das nicht.“
Sehnsüchtig sah sie es an. „Das kann ich nicht mitnehmen. Papa sagt, das wäre für mich zu gewagt.“
Er lachte. „Dann lesen Sie es eben zu Ende, wenn wir verheiratet sind.“
Statt weiter mit ihm zu streiten, floh sie.
Lange nachdem sie weg war, stand Brabourne noch reglos da. Ihre Nähe, ihre Reaktionen hatten ihn so erregt, dass er jetzt nicht einschlafen konnte. Seine Gefühle mochten sich gegen diese Verbindung sträuben, aber sein Körper verlangte danach. Heftig.
Viel zu lang dauerte die Heimfahrt in der Droschke, wo Ferguson Juliet mit finsterer Miene gegenübersaß. Er zeigte womöglich noch größere Missbilligung als vorhin, als er sich bereit erklärt hatte, sie zu begleiten.
„Sagen Sie kein Wort“, befahl sie. „Ihre Haltung verrät mir alles, was ich wissen möchte.“
Knurrend verschränkte er die Arme vor der Brust. Sie wandte den Blick ab und sah hinaus auf Londons Straßen. Bald würde es hell werden. Zuvor mussten sie zu Hause sein. Bis jetzt hatte sie noch niemand gesehen – und dabei sollte es auch bleiben.
Merkwürdige Empfindungen kreiselten in ihrem Körper; er fühlte sich ganz schwer und lethargisch an. Ihre Lippen prickelten, worauf sie sie vorsichtig berührte. Sie fühlten sich nicht anders an als sonst. Ihr Hals schien gezeichnet von seinen Küssen. Sie fragte sich, ob sich von ihrem Ohrläppchen abwärts wohl eine scharlachrote Linie zeigte. Überraschen würde es sie nicht. Sie senkte die Hand.
Was für ein Glück, dass er innegehalten hatte. Sie sollte sich darüber freuen. Irgendwie jedoch fühlte sie sich leer, gar nicht froh. Er hatte ihr eine ganz neue Erfahrung eröffnet, und einen flüchtigen Augenblick lang, als seine Lippen die ihren berührten, hatte sie erforschen wollen, was er ihr darbot. So sehr hatte sie es sich gewünscht, dass es ihr Angst eingeflößt hatte – er hatte so große Macht über ihre Sinne.
Sie konnte ihn niemals heiraten. Erst würde er ihren Körper verführen, dann ihren Geist. Binnen Kurzem würde sie ihn lieben – und das würde ihr das Herz brechen, denn er würde ihre Liebe niemals erwidern.
9. KAPITEL
Triefend vor Nässe betrat Juliet die Eingangshalle. Von ihrem Umhang tropfte es auf die schwarz-weißen Marmor-fliesen. Mit beiden Armen umklammerte sie einen riesigen Rosenstrauß, den sie soeben im Garten hinter dem Haus gepflückt hatte. Der Duft erfüllte den ganzen Raum.
„Miss Juliet“, sagte Hobson, „im Morgensalon wartet ein Besucher auf Sie.“
In seiner sonst so farblosen Stimme schwang ein Hauch Begeisterung mit. Was ging hier vor? „Doch nicht etwa der Duke of Brabourne, oder?“, erkundigte sie sich. „Ihn empfange ich nämlich nicht.“
„Nein“, erwiderte Hobson und nahm den Strauß in Empfang, „diesem Besucher waren Sie immer sehr zugetan.“
Neugierig setzte sie sich in Bewegung; nicht einmal den Umhang nahm sie ab. Hobson hatte so geklungen, als sei es jemand von zu Hause. Eilig betrat sie den Raum. Ein wohlbekannter Mann, braunhaarig und von kräftiger Statur, stand am Fenster und sah hinaus.
„George!“, rief sie aus und eilte auf ihn zu. „Was machst du denn hier? Ich bin ja so froh, dich zu sehen.“
Beim ersten Wort hatte er sich umgedreht und ihr die Hände entgegengestreckt.
„Ich kam, sobald ich es erfuhr, Julie.“
Sie erkannte die Sorge und die Kränkung in seinen braunen Augen und wusste sofort, was er meinte. „Es war nicht meine Entscheidung. Ich habe sowohl Papa als auch dem Duke erklärt, dass ich nicht heiraten will.“
Verwirrt runzelte er die Stirn. „Warum war dann in der Zeitung eure Hochzeit angezeigt?“
Sie schnaubte auf sehr undamenhafte Weise und entzog ihm ihre Hände, die er immer noch fest umklammert hielt. „Weil Brabourne dickköpfig und arrogant und eingebildet ist und was dir sonst noch an üblen Eigenschaften einfällt.“
George riss die Augen auf. „So schlimm, und dein Vater besteht trotzdem darauf, dass du ihn heiratest? Das sieht Lord Smythe-Clyde aber gar nicht ähnlich! Er ist doch immer viel zu sehr mit seinen Experimenten beschäftigt, um dich zu irgendetwas zu zwingen, vor allem nicht, wenn es etwas ist, was dir widerstrebt.“
„Ich weiß“, erwidert sie händeringend. „Dahinter steckt seine neue Frau. Sie will die Verbindung mit Brabourne, damit sie gesellschaftlich besser dasteht, und deswegen
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