STOP! (German Edition)
der Weg an sich schön anzusehen. Wie eine Allee, welche nun durch Lei t planken meiner Meinung nach geschändet aussah. Immer redete ich mir ein, dass die Wildtiere ein wenig mehr Respekt vor der Straße hatten, seit diese Leitplanken dort aufgebaut waren. Natürlich war das nicht so, aber die Straße erschien mir seither etwas weniger gefährlich. Ich drehte das Radio lauter und fuhr gemütlich nach Hause in die Stadt.
Langsam wurde auch ich nervös, wie immer am Tag vor der Abreise. War genug Futter für die Katzen da? Genug Ei n streu? Wohnung betretbar, Wäsche gewaschen, grundlegende Dinge genügend eingekauft, damit auch der Freund grob ve r sorgt war? Mit meiner imaginären Checkliste lief ich in der Wohnung hin und her, stellte fest, was ich alles vergessen hatte, tat es als „nicht so tragisch“ ab, wurde gleich wieder nervös, weil es eben doch essentiell sein könnte. Also widmete ich mich dem Packen des Handgepäcks, diesmal allerdings mit einer richtigen Liste, von Mama geschrieben. Sonnenbrille, Reisepass, Bespaßungsmaterial in Form von Rätselheftchen und Büchern. Eigentlich las ich nie viel im Urlaub, aber es muss auf jeden Fall genug im Gepäck sein. Bis auf die Sonnenbrille war nun alles eingepackt, diese war unauffin d bar. Egal, dann wird eben dort eine gekauft, schließlich gibt’s die überall.
„Na, freust du dich schon?“, fragte mein Freund.
„Hm. Sind halt zwei Wochen ohne dich, ist jedes Jahr aufs Neue doof. Du könntest schließlich auch mal mi t kommen.“
„Du weißt, dass an der Uni zu viel zu tun ist. Wir fahren schon noch weg. Halt nicht dieses Jahr.“
„Ja, das sagst du jedes Jahr.“
Mehr als zu seufzen blieb mir nicht. Wie jedes Jahr. Liebend gerne würde ich mal wieder einen Urlaub gemeinsam mit meinem Freund verbringen, aber immer war irgendwas. Zu viel Arbeit, zu viel zu lernen. Erst einen Urlaub ve r brachten wir gemeinsam, das war aber auch schon drei Jahre her. Schön war's damals. Wohl deswegen wollte ich ihn u n bedingt dabei haben, auch wenn ein Tauchurlaub eher nicht dem entsprach, was man als gemeinsamen Urlaub betrachten konnte. Schließlich taucht er nicht. Trotz allem war ich übe r zeugt, dass auch er mal andere Luft gebrauchen konnte. Aber zwingen ging auch nicht, so blieb nichts, als wieder mit Mama allein zu reisen und zu hoffen, dass es beim nächsten Urlaub anders laufen würde, als die letzten Male, nämlich dass er mitkäme.
„Wann geht’s morgen los?“
„Um drei. Mama ist dieses Jahr irgendwie komisch, so nervös war sie bisher noch nie.“
„Na, dann habt ihr auch genug Zeit, egal was passiert.“
„Ja, so was sagte sie auch.“
Ich stellte meinen mittlerweile fertig gepackten Rucksack neben die Tür und legte die Kleider für den morgigen Tag bereit. Den Rest des Abends herrschte eine gedrückte Stimmung vor. In mir keimten immer wieder Zweifel auf, ob es richtig war, „allein“ zu verreisen. Allerdings müsste dann auch Mama allein in Urlaub, wenn ich mich nicht anschließen würde – was sie niemals täte.
Der Morgen verlief entsprechend dem Abend, mit dem Unterschied, dass ich immer weniger Lust hatte, zu fahren. Ich vermisste hier alles jetzt schon, wusste aber, dass auch diese zwei Wochen Urlaub vorübergingen und es mir im Endeffekt gefallen würde. Also auf zur altbekannten, neuen Panik ob auch alles eingepackt und bereitgelegt war, die Katzen ve r sorgt sind, der Freund einverstanden und, und, und ...
Das Telefon klingelte. Mutti war dran und sagte Bescheid, dass sie nun losfahren würde, in einer halben Stunde wäre sie da. Abschiedsstimmung. Ich hasste das, immer musste ich weinen. Die letzten Handgriffe taten ihr Übriges, um die noch zu überbrückende Zeit verstreichen zu lassen. Ich ve r abschiedete mich schnell, damit kam ich besser klar. Danach klemmte ich mir mein Handgepäck unter den Arm und ging schnurstracks die Haustüre raus, so war's am besten. Vor der Haustüre angekommen war erstaunlich wenig Verkehr. Ich suchte nach den Zigaretten in meiner Handtasche, zündete mir eine an und wartete, dass meine Mutter endlich kommen würde. Kurz bevor ich aufgeraucht hatte, bog sie um die Ecke. Ich stieg wortlos in das Auto ein, warf meine Sachen auf die Rückbank und schnallte mich an.
„Hast du alles dabei, was ich dir aufgeschrieben habe?“
Ich nickte. Weitere Gespräche sollten in den nächsten Minuten vermieden werden, das wusste Mama. Sie fuhr auch kommentarlos an und schon nach wenigen Minuten
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