Stop Me - Blutige Botschaft (German Edition)
anderen Läden hatten am Heiligabend geschlossen. Nicht so das Flying Squirrel. Croc hatte an dreihundertfünfundsechzig Tagen im Jahr von vier Uhr am Nachmittag bis Mitternacht geöffnet.
“Es geht doch nichts über einen zuverlässigen Cajun”, sagte Romain und warf sich eine Handvoll Erdnüsse in den Mund.
“Mit wem hast du gerade geredet?”, wollte Croc wissen.
Romain drehte sich um, um ihn anzusehen. “Mit dir. Ich sagte, ich brauche noch ein Bier.”
“Aber sicher doch.”
Während Croc am Zapfhahn zog, stützte Romain sich mit dem Ellenbogen auf die hölzerne Theke und musterte die wenigen Leute, die rauchten, tranken und Dart spielten. Es war nicht gerade der beste Heiligabend, den er sich vorstellen konnte – nichts würde je an die heranreichen, die er mit Pam und Adele erlebt hatte –, aber Trinken machte die Feiertage erträglicher. Außerdem schlug ein Abend im Flying Squirrel die anderen Angebote, die er bekommen hatte, um Längen. Seine Eltern hatten ihn für den Abend nach Mamou eingeladen, aber seine Schwester Susan war mit ihrer Familie bereits aus Boston angereist. Sie würden fast eine ganze Woche bleiben, also hatte er vor, sich selbst rar zu machen – außer beim morgigen Weihnachtsessen natürlich. Er würde ihnen ein paar Stunden Gesellschaft leisten, aber nur, weil seine Eltern enttäuscht wären, wenn er es nicht täte.
“Letztes Jahr zu Weihnachten warst du auch schon hier”, bemerkte Croc und stellte Romains Bier vor ihn.
“Ich wusste gar nicht, dass du darüber Buch führst.” Romain hatte lange genug an der Bar gesessen, um betrunken zu sein, aber das war er nicht. Er hoffte, dass sich das bald änderte. Bis zu Jasmines unerwartetem Auftauchen war alles prima gelaufen. Wenn die Fragen nicht wären, die sie aufgeworfen hätte – und die Feiertage –, würde es ihm immer noch gut gehen.
“Und ich muss dich dann wieder nach Hause fahren, was?”, sagte Croc mit unheilvollem Stirnrunzeln.
Romain wusste, dass der alte Knabe eigentlich nichts dagegen einzuwenden hatte. “Schon möglich.”
“Ein oder zwei Mal im Jahr ist das schon in Ordnung, schätze ich.” Croc schob den Korb mit den Erdnüssen zurecht und wischte den Tresen ab, obwohl er sauber war. Dann räusperte er sich.
“Willst du mir irgendetwas sagen?”, fragte Romain. Es sah Croc gar nicht ähnlich, sich so zu zieren.
“Ich hatte gehofft … warte eine Sekunde!” Er eilte davon, um einen Streit zu schlichten, der beim Dart zwischen den Gatlin-Zwillingen ausgebrochen war. Obwohl sie Mitte zwanzig waren, zehn Jahre jünger als Romain, lebten sie beide noch zu Hause. Als Croc drohte, ihre Eltern anzurufen, beruhigten sie sich, und der Wirt kehrte zur Bar zurück. “Ich habe gehört, du willst dir eine Braut bestellen”, sagte er zu Romain.
Romain machte eine ungeduldige Geste. “Ein kleiner Witz, und schon plant die ganze Stadt meine Hochzeit. Ich fürchte, da bist du einer Fehlinformation aufgesessen.”
“Es ist eine gute Idee. Es ist ja nicht so, dass du viele Leute triffst, solange du dich da draußen am Bayou versteckst. Und du willst doch wohl nicht jeden Heiligabend mit mir verbringen, oder?”
“Mir würde es nichts ausmachen”, sagte Romain. “Mir gefällt es hier.” Es machte ihm sehr wohl etwas aus. Aber sein Leben schien sich nicht zu ändern, also fuhr er wahrscheinlich besser damit, wenn er die Realität akzeptierte.
“Ich sehe, dass es dir hier gefällt.” Croc winkte, als ein neuer Gast kam, dann richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf Romain. “Manchmal gefällt es dir so gut, dass du genug trinkst, um eine Alkoholvergiftung zu riskieren. Dann taumelst du raus zu meinem Truck, ich fahre dich nach Hause und sehe dich anschließend höchstens mal für ein, zwei Bier. Bis zum Geburtstag deiner Tochter oder deinem Hochzeitstag oder dem Todestag deiner Tochter. Dann darf ich dich wieder fahren.”
“Danke, dass du mich daran erinnerst. Aber für den Fall, dass du es nicht begriffen hast, es geht darum, zu vergessen .” Mit einer lässigen Handbewegung warf Romain sich eine weitere Handvoll Erdnüsse in den Mund, um die Tatsache zu verschleiern, dass es dieses Weihnachten, Jasmine Stratford sei Dank, noch schwerer war als sonst.
Es musste Moreau gewesen sein, der Adele umgebracht hatte. Romain hatte dem Mann in die blassen, leeren Augen gestarrt, hatte das höhnische halbe Lächeln gesehen und tief in seinem Inneren die Wahrheit gespürt. Also spielte der Rest keine
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