Stop saying Goodbye: Roman (German Edition)
Vertrauen und Verrat, Distanz und Kontrolle. Solange es währte und wehtat, hatte ich gedacht, so was würde nur uns passieren, aber mittlerweile war mir klar, dass das nicht stimmte. Andererseits wusste ich auch: Nur weil wir Frieden miteinander geschlossen hatten, hieß das nicht automatisch, andere würden es auch schaffen. Trotzdem, Dave hatte etwas Großes für mich getan. Ich konnte zumindest versuchen, mich zu revanchieren.
Sie wirkte sehr überrascht, als ich ein paar Minuten später an ihre Tür klopfte; meine Eltern begleiteten mich. Sie ließ uns natürlich trotzdem eintreten. Während ich ihr den Grund für meinen Besuch erklärte, verwandelte sich die Überraschung in Reserviertheit, ja, Misstrauen. Dennoch ließ sie zu, dass wir uns um den Küchentisch setzten. Ich erzählte ihr, was in jener Nacht geschehen war: wie Davemeinen Vater informiert hatte, wo ich steckte, warum er dann selbst noch zu mir gefahren war. Während ich redete, nahm ich wahr, dass ihr Gesicht langsam etwas weicher wurde. Sie versprach nichts, meinte nur, sie werde über alles nachdenken, was wir ihr erzählt hätten.
Dann passierte es. Und zwar mir. Eine Erschütterung.
Mom und ich wollten gerade in Peters Auto einsteigen. Dad und Opal standen bei uns, um sich zu verabschieden und zu winken. Das Haus hinter ihnen wirkte schon ziemlich leer geräumt. Es kam mir alles so seltsam vor, wie das exakte Gegenstück zu meinem Abschied aus Tyler, damals, als ich mit Dad weggegangen war. Ich war schon so oft von irgendwo aufgebrochen, doch er war niemals derjenige gewesen, der zurückblieb. Und plötzlich hatte ich das Gefühl, ich konnte nicht, würde es nicht ertragen.
»Es ist doch kein Abschied für immer«, sagte er, während ich mich förmlich an ihm festklammerte. Opal, die neben ihm stand, war den Tränen nah. »Wir sehen uns ganz bald wieder.«
»Ich weiß.« Ich schluckte, trat einen Schritt zurück. »Es ist bloß … Ich finde es total furchtbar, mich von dir zu trennen. Dich allein zu lassen.«
»Ich schaffe das schon.« Er lächelte mich aufmunternd an. »Und jetzt lauf!«
Ich schaffte es so eben, mich zusammenzureißen, bis ich eingestiegen und Mom losgefahren war. Doch während das Haus mit ihm und Opal davor im Außenspiegel auf meiner Seite langsam kleiner wurde, fing ich an zu weinen. Schluchzte hemmungslos.
»Nein, bitte nicht«, sagte meine Mutter; ihre Hände zitterten, als sie den Blinker setzte, um abzubiegen. »Bitte nicht weinen, sonst breche ich auch gleich zusammen.«
»Tut mir leid.« Ich rieb mir mit dem Handrücken heftig über die Nase. »Alles okay, ehrlich.«
Sie nickte, bog auf die Hauptstraße ein. Doch kurz bevor sie die nächste Kreuzung erreichte, setzte sie auf einmal erneut den Blinker, fuhr rechts ran, hielt am Straßenrand. Stellte den Motor ab, sah mich an. »Ich kann dir das nicht antun.«
Ich wischte mir die Augen mit den Fingern ab. »Was?«
»Dich entwurzeln, dich zum Umziehen zwingen, was auch immer.« Sie seufzte schwer, schniefte leicht, wedelte mit der Hand hin und her, als könnte sie die Tränen so zurückhalten. »Zumal ich selbst seit mehr als zwei Jahren dagegen wettere. Es ist falsch. Ich komme mir vor wie eine Heuchlerin. Ich kann das nicht.«
»Aber es gibt doch gar keine andere Möglichkeit«, sagte ich, während sie ein Taschentuch aus einem Behälter in dem gigantischen Fach vorne zwischen unseren Sitzen zog und sich die Nase putzte. »Es sei denn, du möchtest auf einmal, dass ich mit ihm nach Hawaii gehe. Oder wie oder was?«
»Ich bin mir da gar nicht mehr so sicher«, antwortete sie und ließ den Motor wieder an. »Wir werden sehen.«
Am Ende handelten wir einen Kompromiss aus. Meine Mutter ließ sich darauf ein, dass ich in Lakeview wohnen blieb, unter einer Bedingung: Ich sollte sie regelmäßig besuchen, entweder in Tyler oder in Colby. Mein Vater hingegen musste erst einmal davon überzeugt werden, dass Opal sich nicht zu viel zumutete; denn sie bot mir an, ich könnte bei ihr einziehen – sie hatte ein Extrazimmer –, sofern ich ihr im Gegenzug bei den Vorbereitungen zur Eröffnung des neuen Restaurants half. Außerdem musste ich hoch und heilig versprechen, dass ich mit meinen beiden Eltern von mir aus engen Kontakt hielt, Anrufe und E-Mails nicht ignorierte und immer ehrlich erzählte, wie es mir ging. Bisher war es mir nicht schwergefallen, meinen Teil der Vereinbarung einzuhalten.
Ich war glücklich, dass ich das Schuljahr an der Jackson
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