Stop saying Goodbye: Roman (German Edition)
befriedigendste, romantischste Liebesgeschichte überhaupt – bis sie endete.
Mit Dad zusammen war Mom total anders als vorher. Dort, wo sie aufgewachsen war, zog man sich nicht bloß zum Abendessen um, sondern auch zum Frühstück und zum Lunch, trug grundsätzlich hohe Absätze; Maniküren und toupierte Haare gehörten zur täglichen Routine. Aber in meiner Kindheit war sie Katie Sweet in Jeans und Clogs, das Haar zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, und das einzige Make-up, das sie regelmäßig benutzte, war klarer Lipgloss. Im
Mariposa Grill
arbeitete sie nicht bloß in dem winzigen Büro, wo sie jeden einzelnen Cent nachhielt, der eingenommen und ausgegeben wurde, nein, man traf sie genauso beim Putzen der Kühlkammer an, die Arme bis über die Ellbogen in einem Eimer voll Desinfektionslauge. Nur wenn sie zu irgendwelchen Wohltätigkeitsveranstaltungen oder Hochzeiten ging, erhaschte ich gelegentlich einen Blick auf das durchgestylte weibliche Wesen, das ich aus ihren Jahrbüchern oder alten Fotoalben kannte – mit Make-up, Top-Frisur, echtem Glitzerschmuck –, aber das kam mir jedes Mal so vor, als trüge sie ein Kostüm, würde Verkleiden spielen. Im richtigen Leben trug sie Gummistiefel, hatte Schmutzränder unter den Fingernägeln und stapfte im Garten durch den Schlamm, um Blattläuse von den Tomatenpflanzen zu lesen, und zwar einzeln.
Mittlerweile sah meine Mutter aus wie Katherine Hamilton, Ehefrau eines Star-Trainers. Sie trug ihre Haare in einem langen, lockeren Stufenschnitt, ließ sich alle zweiMonate blonde Strähnen färben und bevorzugte Klamotten, mit denen sie problemlos jederzeit vor einer Fernsehkamera erscheinen konnte und die von ihrer persönlichen Einkaufsberatung im Edelkaufhaus
Esther Prine
ausgesucht und zusammengestellt wurden. Heute zum Beispiel trug sie zu einer schnörkellosen weißen Hemdbluse einen schwarzen Rock, glänzende Lacklederstiefel sowie eine Lederjacke. Sie glich zwar weder meiner Mutter noch Katie Sweet, überhaupt und ganz und gar nicht, aber sie sah toll aus. Und dann rief sie meinen Namen.
»Mclean?«
Trotz aller Differenzen spürte ich, wie mein Herz beim Klang ihrer Stimme plötzlich schneller und höher schlug. Manche Dinge lassen sich einfach nicht abschütteln, sondern liegen einem im Blut. Mir war schon seit Langem – schmerzlich – bewusst, welchen Einfluss meine Mutter auf mich hatte. Dass ich letztlich nie von ihr loskommen würde. Und umgekehrt. Sosehr ich es mir manchmal wünschte: Nichts konnte daran etwas ändern, da mochten wir uns noch so heftig und oft streiten und Gemeinheiten an den Kopf werfen.
»Hallo«, sagte ich, als sie mir mit ausgestreckten Armen entgegenlief und mich an sich zog.
»Danke, dass du gekommen bist«, sagte sie. »Du ahnst nicht, wie viel mir das bedeutet.«
Ich nickte, während sie mich fest und entschieden zu lang umarmte, was nicht ungewöhnlich war, sich aber noch unbehaglicher anfühlte als sonst, weil wir Publikum hatten. »Äh … Mom«, meinte ich schließlich über ihre Schulter hinweg. »Das ist Dave.«
Sie ließ mich los, tastete jedoch gleichzeitig nach meiner Hand und umklammerte sie, als hätte sie Angst, ich würdeihr sonst wieder entwischen. »Ach, hallo!«, sagte sie, ließ ihren Blick zwischen uns hin- und herwandern. »Nett, dich kennenzulernen.«
»Gleichfalls«, meinte Dave. Schaute sich um, betrachtete die Heerscharen von Fans, die an uns vorbei zum Kassenbereich und durch den Haupteingang der Arena strömten, deutete mit dem Kinn vielsagend auf die Unmengen Leute, die – vergeblich – versuchten, noch Karten zu ergattern. »Hör mal«, raunte er mir zu. »Wie schon gesagt, ich weiß die Einladung wirklich zu schätzen. Aber ich glaube, du begreifst nicht –«
»Entspann dich«, erwiderte ich zum wiederholten Mal. Er hatte mir auf dem Weg zur Arena mehrfach zu erklären versucht, dass ich, da erst vor Kurzem hergezogen, keinen Schimmer hatte, wie schwer es war, Tickets für ein solches Match zu bekommen. Man konnte sie nicht einfach
kaufen
. Er würde nie im Leben reinkommen. Mir war klar, ich hätte ihm erklären sollen, was Sache war. Aber ich schaffte es einfach nicht. Ich stand ohnehin schon total unter Druck, weil ich meine Mutter wiedersehen würde; ihm lang und breit von der Scheidung zu erzählen, würde die Situation für mich nicht gerade vereinfachen.
»Hast du gut hergefunden?«, fragte meine Mutter und drückte liebevoll meine Hand. »Hier geht
Weitere Kostenlose Bücher