Storm - Aus dem Leben eines Auftragskillers (German Edition)
stapfte eine Etage höher. Oben erwartete mich das gleiche Bild wie unten. Ein langer Gang und viele Türen. Ich schlenderte durch das Gebäude wie ein Museumsbesucher und studierte die Namensschilder an den Bürotüren. Nach ein paar Sekunden fand ich die Tür von Frau Mendler.
Ich spannte meine Schultern und setzte eine grimmige Fratze der Entschlossenheit auf. Ohne Anklopfen trat ich in ein klassisches Büro voller Akten, Schränke und einer Spur Hoffnungslosigkeit ein.
Die junge Angestellte glotzte mich mit offenem Mund an und wollte empört aufschreien, weil ich mich nicht angekündigt hatte.
Ich überlegte noch kurz, ob ich ihr eine abgedroschene Geschichte über einen Vater, der verzweifelt seine Tochter sucht, auftischen sollte, aber mit fünfundvierzig Jahren ist man zu alt für so einen Quatsch. Bevor sie auch nur piepsen konnte, zielte bereits meine Desert Eagle auf ihr rechtes Auge.
» Klappe halten und zuhören!«, befahl ich.
Ihr traten sofort Schweißperlen auf die Stirn. Ihre goldenen Locken wackelten sichtbar vor ihren grünen Augen. Ansonsten stand sie steif da wie ein Zinnsoldat. Sie hatte Todesangst. Dabei war sie ein hübsches Ding mit zu kleinen Brüsten (für meinen Geschmack), die man trotzdem nicht den ganzen Tag in einem Büro einsperren sollte. Dazu wollte ich später kommen.
Mein Blick blieb steinhart, als ich drohte: »Ein falscher Laut und ich schieße dir alle Extremitäten einzeln ab! Danach töte ich jeden, der dich schon mal nackt gesehen hat. Das dürften deine nächsten Anverwandten und dein Freund sein, liege ich richtig?«
Sie nickte zaghaft.
»Ich hoffe nur, du hast nicht in irgendeinem Porno mitgespielt. Ich will nicht noch die ganzen Perversen abknallen müssen.« Ja, das war ziemlich platt, aber solche Sprüche erzielen ihre Wirkung.
Sie sagte keinen Mucks, traute sich nicht einmal , zu atmen. Es tut gut, einen Menschen in seiner Gewalt zu haben. Ich liebe dieses Gefühl der Macht. Früher habe ich davon manchmal einen Ständer bekommen. Das ist lange her. Heute kribbelt es bei mir in solchen Situationen nur noch angenehm im Schritt. In meinem Alter ist man für jede noch so kleine Ekstase dankbar. Der Job lässt dich viel zu schnell abstumpfen.
» Du darfst gerne mit mir reden, aber leise! Wie heißt du?«, fragte ich sie unterkühlt.
Ein kaum verständlicher Luftzug drang aus ihrer Kehle. »Conny.«
Meine Ohren funktionier ten ausgezeichnet; ich war mit dem Wispern zufrieden. Es ist immer gut, einen Menschen bei seinem Vornamen anzusprechen. Das erzeugt eine vertrauensvolle Atmosphäre. Ich wollte diesen Fakt anfangs selbst nicht glauben, aber nach Jahren voller Erpressungen und Informationsbeschaffung kann ich diese These vorbehaltlos stützen. Die Gesprächspartner sind anschließend viel kooperativer und geben mehr preis, als sie eigentlich wollen.
» Okay, Conny«, sagte ich freundlich. »Dir wird nichts geschehen, wenn du mir gibst, was ich will.« Als Beweis nahm ich meine Waffe aus ihrem Gesichtsfeld und richtete sie auf den Boden.
Sie schien mir nicht vollends zu glauben und nickte nur sehr zögerlich.
Ich musterte mein hilfloses Opfer von oben bis unten und labte mich an ihrer Angst. Wie erwähnt, ein alter Mann braucht auch seinen Kick.
C onny missdeutete meine Absichten. Ihre Pupillen weiteten sich besorgniserregend. Ihre Hände bedeckten sofort ihr schmächtiges Dekolleté. »Bitte nicht!«, wimmerte sie.
Ich begriff, was ich mit meinen Blicken angerichtet hatte und schüttelte lächelnd den Kopf. »Nein Süße, nicht das! Ich könnte mir Bessere kaufen, keine Sorge!«
Ihre Hände berührten wieder ihre Hüften und ihre Augen versprühten eine kleine Spur von Kränkung, als hätte ich ihren weiblichen Stolz verletzt. »Was wollen Sie dann?«
» Keine große Sache«, erwiderte ich. »Ich brauche nur eine Adresse, dann bin ich weg. Du hast doch Zugriff auf die Daten der Pharmazie-Studenten?« Ich deutete symbolisch auf den 22-Zoll-Monitor auf ihrem unordentlichen Schreibtisch.
Sie nickte.
»Ich suche Hanna Cramme.«
Die hübsche Blondine stand mehrere Sekunden wie angewurzelt an einer Stelle, als warte sie auf eine weitere Anweisung.
» Ein bisschen plötzlich!«, maulte ich. Ich hatte keine Zeit zu verlieren. Jederzeit hätte auch einer ihrer Kollegen in den Raum spazieren können und die Situation nur komplizierter werden lassen. Ich wollte kein Geiseldrama veranstalten.
Sie sprang augenblicklich nach vorne wie vom Starkstrom geküsst und
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