Storm - Aus dem Leben eines Auftragskillers (German Edition)
Mädchen litt schon genug. Meine Neugier wurde befriedigt. Ich nickte vor mich hin. »Hanna schuldet meinem Boss etwas Geld«, log ich. Ich konnte ihr schließlich nicht verklickern, dass ich ihre beste Freundin umbringen wollte. Das hätte unserer Zusammenarbeit vermutlich geschadet. »Sie hat ihre Raten nicht bezahlt.«
» Nein, Hanna hat keine Geldsorgen«, empörte sich Evelin. »Niemals! Davon hätte sie mir erzählt. Außerdem hätte sie das Geld von mir bekommen können. Das weiß sie.«
Ich z og gelangweilt die Mundwinkel nach unten. »Wer erzählt seinen Freunden schon alle seine Geheimnisse? Vielleicht war sie zu stolz, um sich das Geld von dir zu borgen. Oder sie schämte sich nur für ihre Schulden. Es kann tausend Gründe geben.« Ich legte eine bedeutungsschwere Pause ein. »Aber was zählt, sind ihre Schulden und mein wütender Boss. Gestern ist mir deine liebe Freundin durch die Finger geflutscht, aber das passiert nicht noch einmal.« Ich mischte Zorn in meine Stimme. »Du als ihre beste Freundin weißt doch bestimmt, wo sie steckt. Zuhause ist sie nicht. Also, wo versteckt sich deine Hanna?«
Evelins Augen zuckten nervös zur Seite. Sie wusste etwas. Schweiß glänzte auf ihrer Nase. Sie rang mit ihrem Gewissen.
»Na los!«, sagte ich gelassen. »Du weißt es, ich sehe es dir an. Denk an meinen Freund, und lass die Worte sprudeln!« Ich grinste höhnisch.
Das Kinn der Studentin zitterte. Neue Tränen liefen aus ihren traurigen Kulleraugen. »Nein, tun Sie mir das nicht an! Ich habe nur noch sie.«
» Ich will sie dir auch gar nicht wegnehmen. Nur das Geld interessiert mich. Und ich weiß, dass sie es hat. Sie rückt es nur nicht raus, warum auch immer. Du musst ihre Gier nicht schützen.«
Evelin schaute mich fragend an.
Ich fuhr mit meiner Taktik der Verharmlosung fort: »Ich will sie nur treffen, mit ihr reden und sie nach dem Geld befragen. Ganz sicher bringe ich sie nicht um, wenn du das denkst.« Ich verkaufte ihr die Lüge mit meinem stählernen Blick. »Tot nützt sie meinem Auftraggeber wenig. Tote zahlen keine Raten mehr.«
Sie begriff, auf was ich hinaus wollte , und rang ihren inneren Schweinehund nieder. Der Überlebenswille gewann die Oberhand. Die Angst durchschnitt ihr freundschaftliches Band.
» Zwischen euch wird sich nichts ändern. Ich werde Hanna nicht sagen, dass du sie verraten hast. Willst du wirklich für die Schulden deiner Freundin leiden?«
Evelin schüttelte zaghaft den Kopf.
»Dann sag mir, was ich wissen will, und ich bin schneller aus der Tür, als du gucken kannst! Wie klingt das?« Ich senkte meine Waffe auf den Boden.
» Na schön!«, gluckste sie. »Hanna hat mich gestern angerufen und gemeint, dass sie unser Treffen morgen leider absagen müsse. Sie hätte eine wichtige Familienangelegenheit in Berlin zu klären. Ich solle das verstehen und nicht böse sein. Sie wollte mir alles später erzählen.«
» Sie ist demnach in ihrem Elternhaus bei ihrem Vater und ihre Schwester?«, fragte ich rhetorisch.
» Genau. Jetzt gehen Sie bitte!« Evelin schluchzte wie ein Schlosshund.
» Kein Problem«, säuselte ich im Plauderton. »Aber behalt dir im Hinterkopf, dass du tot bist, wenn du gelogen hast! Und du bist tot, wenn du Hanna vor mir warnst.« Ich deutete einen Kopfschuss an; sie japste erschrocken auf. »Ciao.« Ich ließ das Häufchen Elend zurück und riss die Haustür auf. Ich rannte über die Straße zu meinem Auto, stieg ein und brauste davon, bevor jemand mein Nummernschild auch nur erahnen konnte.
Der vierte Tag meiner Jagd nach Hanna Cramme führte mich schließlich nach Berlin. Ich liebe diese junge und zugleich alte Hauptstadt meines Heimatlandes. An diesem Ort laufen alle Fäden des Staates zusammen. In Berlin wird das Schicksal einer Nation geschmiedet. Ob Politik, Wirtschaft oder Kultur, wer beim Konzert der Großen mitreden will, benötigt einen Sitz in Berlin. Die Stadt hat Geschichte und war Schauplatz vieler moderner Legenden. Von der geplanten Welthauptstadt des Deutschen Reiches, wurde sie zum Symbol des Kalten Krieges, bis hin zum Fall der Berliner Mauer. Wenn ich meine Füße auf den Berliner Boden setze, werde ich ein Teil dieser einzigartigen Vergangenheit. Ich verschmelze mit dem Ruhm und dem Glanz dieser Metropole.
Ich k ehrte immer gern zurück in den deutschen Sündenpfuhl. Am liebsten erledigte ich meine Aufträge in Großstädten und ganz besonders gern in dieser Stadt. Berlin, ein Treffpunkt für deutsche Profikiller.
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