Storm - Aus dem Leben eines Auftragskillers (German Edition)
einhundertdreißig Stundenkilometer ein. Auf der rechten Seite ließ ich einen dunklen Rastplatz hinter mir, den ich am liebsten aufgesucht hätte, aber es war nicht mehr weit zu meinem Ziel. Bald würde ich auf die A14 abfahren und in Leipzig einrücken. Ich gähnte lauthals in die Leere meines Autos. Das Leben eines Auftragskillers ist nicht immer spannend. Oftmals ist es bloß Routine. Ich fühlte mich in dieser Nacht wie ein Fließbandarbeiter, der eine ausgestanzte Standardware kontrollierte. Und wieder und wieder. Kilometer für Kilometer. Nur hatte ich mich getäuscht.
Binnen weniger Sekunden wurde aus Langeweile bitterer Ernst. Ein Roadtrip wucherte zum Überlebenskampf aus. Aus der eben erwähnten Raststätte bog ein Auto mit abgeschaltetem Licht auf die Autobahn ein. Der Fahrer schloss langsam zu mir auf. Mit meinem übermüdeten Hirn dachte ich nur, dass ich ihm Lichthupe geben würde, sobald er mich überholt hätte. Im wachen Zustand hätte ich wohl gleich kapiert, dass mit dem Wagen etwas faul war und zwar richtig faul.
Hätte ich die folgenden Ereignisse dann anders gestalten können? Ich kann es Ihnen ehrlich nicht beantworten.
Das Auto hinter mir blendete urplötzlich auf und hing mir wie eine Scheißhausfliege am Arsch. Ich war blind von dem grellen Licht, das mein Rückspiegel mir in die Augen zurückwarf. Ich trat aufs Gas und drehte den Spiegel zur Seite. Meine Situation besserte sich dadurch kaum. Mit tanzten rote Punkte vor den Augen herum. Sie sprangen im Kreis und lachten mich aus. Der Wagen hinter mir holte wieder auf. Ich fragte mich kurz, ob ich Opfer eines bösen Streiches einer Jugendbande geworden war. Der Blick in den Seitenspiegel klärte mich aber sofort über meinen Irrtum auf. Mich bedrängte ein dunkler Toyota mit Kennzeichen B – XT 1487. Familie Cramme hatte den Spieß umgedreht. Ich war zum Abschuss freigegeben worden. Wie hatten sie mich entlarvt? Sie konnten mein Auto überhaupt nicht kennen. Es hatte nie in der Nähe ihres Hauses gestanden. Sie mussten mich aus der Ferne bemerkt haben. War ich zu plump vorgegangen? Hatten sie meine Verfolgung gar vorausgeahnt? Darüber konnte ich später nachgrübeln. Zuerst musste ich ohne Blechschaden aus der Sache herauskommen. Ich drehte meinen Kopf nach hinten, um irgendetwas zu erkennen. Das aufgeblendete Licht ließ mir keine Chance. Gleichzeitig presste ich fast das Bodenblech unter dem Gaspedal durch.
Mobby stöhnte vor Anstrengung. Sein Motor arbeitete an der oberen Belastungsgrenze und röhrte wie ein Elch in der Brunftzeit. Auf diesen Zwischensprint hätte er gerne verzichtet. Mir ging es nicht anders. Ich muss zugeben, dass ich in diesem Moment nicht nur Angst um mein Auto hatte. Meine Hände zitterten, was nicht alleine der Vibration des Lenkrads geschuldet war. Peter Cramme war wahnsinnig geworden. Eine Verfolgungsjagd auf einer befahrenen Autobahn mit nunmehr über zweihundert km/h wäre nicht einmal mir in den Sinn gekommen.
Er fuhr so dicht auf, wie es ihm möglich war, und hielt die Scheinwerfer immer schön auf mein Cockpit gerichtet. Ich hatte den Mann unterschätzt. Er war kein humpelnder Spießbürger. Der Kerl hatte Mumm in den Knochen. Mehr als manch harter Schläger, der bei meiner Anwesenheit nach seiner Mutter schrie. Die Crammes erschienen mir geradezu lebensmüde. Hatten sie aufgegeben und sich geschworen, mich mit auf den Friedhof zu schleifen?
Mein Herz schlug bis an den Hals. Ich blickte dauernd vor und zurück, vor und zurück. Eigentlich galt meine Aufmerksamkeit mehr dem Geschehen hinter mir. Ich verlor die Straße aus den Augen. Vor und zurück. Halt, da war etwas!
Circa fünfzig Meter vor mir tuckerte ein Lkw mit zwei Anhängern gemütlich in die Nacht. Das Nummernschild stammte aus Polen. Ich befand mich auf direktem Kollisionskurs mit dem Kollos. Die Plane des Anhängers rückte näher. Die Crammes wollten mich endgültig unschädlich machen. Sie versuchten, mich zwischen sich und dem Lkw einzukeilen.
Aber n icht mit mir! Ich riss das Steuer nach links und scherte mit quietschenden Reifen aus. Mobby hatte sich schon in den Windschatten des Lkws gesaugt und hatte spürbar Probleme, die Spur zu halten. Für wenige Augenblicke schlingerte ich neben dem Berufskraftfahrer hin und her. Fast hätte ich ihn seitlich gerammt.
Der L kw-Fahrer hupte wutentbrannt und drohte mit seiner Faust aus dem Fenster.
Ich ignorierte seine Empörung und fixierte das Lenkrad. Der Wagen reagierte nicht sofort auf
Weitere Kostenlose Bücher