Storm: Thriller (German Edition)
Strafverfolgungsbehörden war auch der FBI -Agent Steven Malinowski geschieden. Abgesehen von den gelegentlichen Wochenenden und dem einen Monat im Sommer, wenn er Besuch von seinen Töchtern bekam, lebte er alleine auf einer von außen hübsch anzuschauenden, von innen jedoch eher armseligen kleinen Ranch in Hyattsville, Maryland.
Daher gab es nicht allzu viel, was ihn nach Hause zog. An diesem Abend zum Beispiel rollte er erst kurz nach halb zwölf in seine Einfahrt. Er stieg aus seinem Range Rover, und sein Gang ließ durchaus ein paar Bier und auch den einen oder anderen Schnaps erkennen, aber betrunken war er nicht. Eher vielleicht ein bisschen beschwipst.
»He, Malinowski.«
Der Agent fuhr herum und steckte die Hand unter das Jackett, dort, wo das Halfter saß.
»Nicht schießen. Ich bin’s.« Kyle kam um die Garagenecke und trat in den Lichtkegel der Straßenlampe, gerade so lange, dass sein Gesicht für einen Moment zu erkennen war. »Ich bin’s, Steve. Max Siegel.«
Malinowski kniff die Augen zusammen. »Siegel? Was, in Gottes Nam…?« Er ließ das Jackett zuklappen. »Ich hätte fast einen Herzschlag bekommen. Was zum Teufel machen Sie denn hier? Wie viel Uhr ist es überhaupt?«
»Können wir uns vielleicht drinnen weiter unterhalten?«, sagte Kyle. Es mussten rund drei Jahre vergangen sein, seitdem Malinowski und Siegel das letzte Mal miteinander gesprochen hatten. Die Stimme musste gut sein, aber nicht perfekt. »Ich komme hinten rum, okay? Lassen Sie mich rein.«
Malinowski blickte links und rechts die Straße entlang. »Ja, ja, na klar.« Als er dann die Schiebetüren in der Küche aufschob und Siegel ins Haus ließ, hatte er bereits die Lichter zur Straße hin ausgemacht und die Vorhänge zugezogen. Nur die Beleuchtung der Dunstabzugshaube über dem Herd war eingeschaltet.
Er steckte seine Dienstwaffe in eine Küchenschublade, holte zwei Bierflaschen aus dem Kühlschrank und bot Max eine an.
»Nun mal raus mit der Sprache, Siegel. Was ist denn los? Was machen Sie denn hier, um diese Zeit?«
Kyle lehnte das Bier ab. Er wollte nichts anfassen, wenn es nicht unbedingt sein musste.
»Meine Tarnung ist komplett aufgeflogen«, sagte er. »Ich weiß nicht, wie, aber sie sind mir auf die Schliche gekommen. Ich hatte keine andere Wahl, ich musste abbrechen.«
»Sie sehen beschissen aus, wenn ich das sagen darf. Diese riesigen blauen Augen …«
»Sie hätten mich mal vor einer Woche sehen sollen. Ein paar von Arturo Buenez’ Jungs haben mich in die Mangel genommen.« Kyle tätschelte den armeegrünen Seesack, den er auf dem Rücken trug. Darin befand sich, eingewickelt in eine dicke Decke, die Lähmungswaffe mitsamt dem Wasserbehälter. »Das war alles, was ich rausschaffen konnte.«
»Warum haben Sie das vereinbarte Signal nicht gegeben?«, wollte Malinowski wissen, und das war der eine Punkt, den Kyle trotz aller Bemühungen nicht herausgefunden hatte – wie Max Siegel im Notfall Kontakt mit seinem Führungsagenten aufgenommen hätte.
»Ich habe Glück gehabt, dass ich überhaupt rausgekommen bin«, sagte er. »Dann habe ich mich erst mal nach Florida verzogen und unsichtbar gemacht, bis ich dann hierhergekommen bin. Fort Myers, Vero Beach, Jacksonville.«
Vielleicht lag es ja am Alkohol, Malinowski schien jedenfalls nicht zu registrieren, dass Kyle seine Frage gar nicht beantwortet hatte. Wie auch? Konnte er ja gar nicht.
»Also, bei wem muss ich mich jetzt noch melden?«, wollte Kyle wissen.
Der Agent schüttelte den Kopf. »Bei niemandem.«
»Bei der DEA auch nicht? Oder irgendjemandem in Washington?«
»Es gibt sonst niemanden mehr, Siegel. Sie waren doch ganz auf sich allein gestellt.« Plötzlich hob er den Kopf. »Warum wissen Sie das denn nicht mehr?«
»Jetzt machen Sie mal halblang. Ich bin total am Ende. Sehen Sie mich doch mal an.«
Malinowski ließ ein mitfühlendes Lächeln sehen. »Sie brauchen auf jeden Fall erst mal ein bisschen Erholung, Max. Gut, dass Sie gekommen sind.«
Der Typ hatte wirklich keinen Schimmer, oder? Das Spiel machte viel zu viel Spaß, um es gleich wieder zu beenden.
»Ich habe Kyle Craig gesehen, Steve.«
»Was? Moment mal … den Kyle Craig?«
Lächelnd breitete Kyle die Arme aus. » Den Kyle Craig. Quicklebendig und in voller Größe.«
»Das verstehe ich nicht. Wie passt das denn mit all dem …?«
Es war, als würde die ganze Rechenaufgabe Zahl für Zahl über Malinowskis Gesicht laufen. Und in dem Moment, als es klick machte und er
Weitere Kostenlose Bücher