Storm: Thriller (German Edition)
würde einen guten SSA abgeben«, sagte er, und das stimmte auch. »Das will ich machen.«
»Supervisory Special Agent? Anscheinend haben Sie nichts von Ihrem Ehrgeiz eingebüßt.«
»Und außerdem würde ich sehr gerne hier in Washington bleiben, in der Außenstelle. Ich glaube, da kann ich den größten Schaden anrichten.« Eine Prise Selbstironie war immer gut.
Heute würde keine endgültige Entscheidung fallen, aber Kyle war sich ziemlich sicher, dass er erreicht hatte, was er wollte. Und die Position in der Außenstelle wäre zwar nicht unbedingt notwendig gewesen, war aber ein hübsches Sahnehäubchen obendrauf.
Die Büros lagen drüben am Judiciary Square, vielleicht einen Steinwurf weit vom Daly Building entfernt. Dann konnten er und Alex ein Schnurtelefon zwischen ihren Bürofenstern einrichten und die letzten Jahre aufarbeiten. Das würde bestimmt ein Heidenspaß werden, oder?
Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis sie sich zum ersten Mal wieder über den Weg liefen.
15
Ich besorgte den Leuten, die die Fingerabdrücke analysierten, ein paar Tickets für ein Spiel der Washington Nationals und hatte die Untersuchungsergebnisse gleich am Morgen auf dem Tisch.
An der Stelle, von der die Schüsse abgegeben worden waren, hatten sie auf einer ansonsten frisch gewischten Glasscheibe einen einzigen Fingerabdruck entdeckt. Und es stellte sich heraus, dass er mit zwei anderen Abdrücken übereinstimmte, die auf einer Geländerstrebe zwischen dem siebten und achten Stock des Gebäudes sowie am Sicherungsriegel einer Stahltür im Erdgeschoss entdeckt worden waren. Dort hatte der Attentäter vermutlich das Haus verlassen.
Das war aber auch die einzige gute oder zumindest interessante Nachricht. Die schlechte lautete, dass unser Abdruck mit keinem einzigen der zig Millionen Fingerabdrücke in der IAFIS-Datenbank übereinstimmte. Unser mutmaßlicher Killer hatte keinerlei kriminelle Vergangenheit, die uns hätte helfen können, ihn dingfest zu machen.
Also erweiterte ich meinen Suchradius. Erst kürzlich war ich in Afrika gewesen, auf der Jagd nach einem Massenmörder, der sich mit dem Beinamen »Tiger« geschmückt hatte. Im Rahmen meiner Ermittlungen hatte ich gute Bekanntschaft mit einem gewissen Carl Freelander geschlossen. Er war interner Ermittler bei der Army und gehörte zu einer behördenübergreifenden Anti-Terrorismus-Einheit des FBI in Lagos, Nigeria. Ich hoffte, dass Carl mir bei meinen Ermittlungen ein paar Umwege ersparen konnte.
Als ich ihn auf seinem Handy erwischte, war es in Lagos später Nachmittag.
»Carl, hier Alex Cross. Ich rufe aus Washington an. Wie wär’s, wenn wir die Höflichkeiten auf später verschieben und ich dir gleich sage, welchen Gefallen du mir tun sollst?«
»Hört sich gut an. Was kann ich für dich tun?«
Das war eines der Dinge, die mir an Carl gefielen – er arbeitete genau wie ich. »Ich habe hier einen Fingerabdruck im Zusammenhang mit einem Mordfall, zwei tödliche Schüsse aus zweihundertvierzig Metern Entfernung. Der Kerl ist offensichtlich gut ausgebildet, von der Ausrüstung ganz zu schweigen. Es könnte sein, dass da eine Querverbindung zum Militär besteht.«
»Lass mich raten, Alex. Du willst einen direkten Draht in die Datenbank.«
»So was in der Art«, erwiderte ich.
»Ja, okay. Ich kann es durch das CJIS jagen«, sagte er. »Dürfte nicht allzu lange dauern.«
CJIS bedeutet Criminal Justice Information Services und ist ein Dienst unter dem Dach des FBI , angesiedelt in Clarksburg, West Virginia. Das war eine dieser Situationen, wo die Katze sich in den Schwanz beißt – ein Anruf um die halbe Welt, um Zugang zu etwas zu bekommen, das direkt vor der Haustür lag, aber das machte ich keineswegs zum ersten Mal.
Keine zwei Stunden später meldete Carl sich zurück, allerdings mit eher entmutigenden Neuigkeiten.
»Dein Freund ist kein Angehöriger des US-Militärs, Alex, und gehört weder zum FBI noch zum Geheimdienst. Ich hoffe, du hast nichts dagegen, aber wo ich schon mal dabei war, habe ich deine Angaben auch in das Biometrische Identifikationssystem des Verteidigungsministeriums eingespeist. Er ist noch nie von den US-Streitkräften festgenommen worden und auch kein ausländischer Staatsbürger, der irgendwann einmal einen unserer Stützpunkte betreten hat. Keine Ahnung, ob du damit etwas anfangen kannst.«
»Jetzt kann ich zumindest einige der naheliegendsten Möglichkeiten ausschließen. Danke, Carl. Wenn du das nächste Mal in D. C. bist
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