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Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald

Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald

Titel: Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Schreiner
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Kindes. Der Mörder.
    Die Antwort auf all seine Fragen musste in den Papieren vor ihm liegen. Er betrachtete die Bilder von den drei Totenbrettern. Er studierte Eva Helmings Fahrkarte nach Passau und ihre Eintragungen auf der Rückseite. Er las die Zeitungsausschnitte über den Fall. Und er nahm sich noch einmal die Postkarte vor, die Eva ihrer Großtante geschickt hatte. Er schaute auf das Bergidyll der Vorderseite, las die wenigen Zeilen, die Eva geschrieben hatte, besah sich die Briefmarke mit dem Poststempel.
    Baltasar hielt inne. Irgendetwas stimmte nicht mit dieser Postkarte. Er holte eine Lupe und betrachtete den Poststempel genauer. Das Datum stand direkt auf der Briefmarke und war nur mit dem Vergrößerungsglas zu entziffern.
    Baltasar riss es beinahe vom Stuhl. Dass ihm das nicht schon vorher aufgefallen war! Die Postkarte war knapp eine Woche nach Eva Helmings Tod abgeschickt worden! Jemand anderes musste sie in den Briefkasten geworfen haben.
    »Such nicht nach mir«, stand da. »Mir geht es gut.« Ein Satz, der verhindern sollte, dass die Verwandten sich Sorgen machten und zur Polizei gingen. Die Strategie des Täters war aufgegangen: Zwanzig Jahre lang blieb der Mord unentdeckt, und das wäre er auch für immer geblieben, hätte nicht ein Ministrant in einem Acker …
    Eigentlich war es unübersehbar, dachte Baltasar, das Schreiben sah überhaupt nicht nach einem jungen Mädchen aus. Die Botschaft war in Druckbuchstaben verfasst, so als wolle jemand seine Handschrift verstellen. Einzelne Buchstaben wirkten seltsam eckig, wie abgehackt. Es war eine Fälschung.
    Die Handschrift erinnerte ihn an etwas … Er zerbrach sich den Kopf, wo er diese Art von Buchstaben schon einmal bemerkt hatte. Und dann … Es war, als hätte jemand einen Vorhang beiseitegeschoben. Was vorher im Dunkel lag, stand ihm plötzlich klar vor Augen. Baltasar dachte an die Hinweise, die er bei seinen Recherchen erhalten und denen er keine Beachtung geschenkt hatte. Ein Fehler. Er wusste, wer der Täter war. Alles passte zusammen. Nur der letzte Beweis fehlte.
    Er musste sich beeilen. Vermutlich ahnte der Mörder, dass sich mit dem Fund des Ungeborenen die Schlinge zuzog. Sollte die Polizei einen Massen-Speicheltest durchführen, würde die DNA-Spur unweigerlich zum Vater des Kindes führen. Bis dahin konnte jedoch viel Zeit vergehen. Zeit, die der Täter zur Flucht nutzen konnte.
    Er, Baltasar Senner, musste selbst das Heft des Handelns in die Hand nehmen. Er musste den Fuchs aus dem Bau locken. Und er wusste auch schon wie.
    Sonntagsmesse. Vormittag. Baltasar streifte sich das Gewand über und wies Sebastian darauf hin, den Weihrauchkessel nicht zu schnell zu schwenken. Er hatte für diesen besonderen Anlass Eichenmoos und Kandea beigefügt, und diese Mischung brauchte Zeit, um sich zu entfalten. Er hoffte, sein Auftritt würde überzeugend genug sein, dass der Mörder den Köder schluckte. Der Täter brauchte nicht einmal selbst anwesend sein. Der Klatsch würde die Nachricht zuverlässig in alle Winkel des Ortes transportieren.
    Die Kirche war zu zwei Dritteln besetzt. Baltasar vollzog die Zeremonien etwas schneller als sonst, darauf hoffend, dass es keiner bemerkte. Endlich kam der Moment, als er die Kanzel bestiegen hatte und seine Predigt begann. Er hatte beschlossen, die Kernbotschaft in Watte aus Bibelzitaten zu packen. Er hatte sich jene Passagen der Heiligen Schrift herausgepickt, in denen es um Schuld und Sühne, um verstoßene Frauen und um Kindsmord ging. Dazwischen streute er die Information, eine Babyleiche sei entdeckt worden, jetzt werde man den Schuldigen bald fassen, denn die Kriminalpolizei werde jeden um eine DNA-Probe bitten. Was selbstverständlich geflunkert war. Baltasar hatte keine Ahnung, was Kommissar Dix und sein Kollege wirklich planten. Er mahnte die Gemeinde, es sei Christenpflicht, an einem solchen Test teilzunehmen, nur so könne das Verbrechen aufgeklärt werden.
    Als Überleitung auf den nächsten Punkt sprach er vom biblischen Weg der Maria, von ihren Versuchungen und Pflichten als Mutter. Er verwies auf den Marienglauben in der katholischen Kirche, der die Leistungen der Frau würdigte, und sagte, in der Gemeinde gebe es einige Kinder Mariens, die einen sündigen eigenen Weg gingen und einen Mörder deckten. Was zu einigem Raunen in der Kirche führte. Aber damit sei nun Schluss, die Vorbereitungen für die Aufklärung des Falles seien getroffen. Amen.
    Den Rest der Messe vollzog er in doppelter

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