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Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald

Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald

Titel: Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Schreiner
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lag nahe. Es war unwahrscheinlich, dass es einfach verscharrt worden war. Hatte Walburga Bichlmeier doch noch eine Christenpflicht erfüllt und das Kleine beerdigt? Baltasar hatte plötzlich eine Idee. Es gab nur einen Ort, wo man suchen konnte. Er griff zum Telefon.
    »Ich hoffe, Sie haben einen guten Grund, warum Sie uns herbeordert haben.« Oliver Mirwald rieb sich den Dreck von seinen Lederschuhen. »Es ist nicht besonders lustig, in feuchter Erde herumzumarschieren.«
    »Ich habe Ihnen doch versprochen, Sie vorab zu informieren, wenn ich etwas unternehmen will. Das Versprechen löse ich hiermit ein.«
    »Das ist lobenswert, Hochwürden, aber wir haben auch noch anderes zu tun.« Wolfram Dix blickte zum Himmel. »Es sieht nach Regen aus. Da reizt mich selbst die gute Luft nicht so sehr.«
    »Ich habe geglaubt, Sie kommen mit Ihrem Einsatzkommando«, sagte Baltasar. »Wir brauchen Ausrüstung, wir brauchen die Experten der Kripo.«
    »Was glauben Sie denn, wer wir sind?« Mirwald rümpfte die Nase. »Wir sind von der Kriminalpolizei. Und Ausrüstung haben wir natürlich im Kofferraum.«
    »Bitte, Herr Pfarrer, Sie müssen uns schon verstehen«, sagte Dix. »Wir blamieren uns ungern in unserer Dienststelle. Wenn wir jetzt das große Programm abrufen würden, und am Ende käme nichts dabei raus – Sie können sich die Häme der Kollegen gar nicht ausmalen.«
    »Haben Sie denn gar kein Vertrauen zu mir?«
    »Ehrlich gesagt, nein.« Mirwald grinste. »Ihre göttlichen Eingebungen in allen Ehren, aber uns sind Fakten lieber.«
    »Also, ich habe eine Theorie.« Baltasar erläuterte seine Überlegungen. »Deshalb bin ich davon überzeugt, dass wir hier etwas finden.«
    »Haben Sie denn mehr als Ihre krausen Schlussfolgerungen? Vielleicht so etwas wie Indizien – oder gar Beweise?« Mirwalds Tonfall klang überheblich. »Sie wissen doch, was Beweise sind, Herr Senner, oder nicht?«
    Baltasar holte das Foto aus der Sammlung des Heimatpflegers Rossmüller aus der Tasche. »Schauen Sie sich die Aufnahme an. Sie zeigt genau die Stelle, vor der wir stehen, die beiden Totenbretter, der Ort, an dem das Skelett Eva Helmings gefunden wurde.«
    Die beiden Kommissare beugten sich über das Foto. »Na und?«
    »Fällt Ihnen nichts auf?«
    Mirwald nahm das Bild in die Hand. »Darauf sind drei Totenbretter zu sehen, hier stehen aber nur zwei. Und was soll mir das jetzt sagen?«
    »Die alte Aufnahme beweist: Früher gab es hier drei Gedenktafeln. Und nun das Foto von Walburga Bichlmeier aus früheren Jahren.« Er zeigte ihnen die Kopie des Bildes aus ihrem Fotoalbum. »Was sehen Sie? Genau. Ebenfalls drei Gedenktafeln. Also ist mittlerweile ein Totenbrett verschwunden, warum auch immer.«
    »Schön, dass Sie für uns eine Rätselstunde veranstalten, Hochwürden«, sagte Dix. »Aber deswegen sind wir eigentlich nicht gekommen.«
    »Um es kurz zu machen: Ich vermute, dass Walburga Bichlmeier bei dem dritten Totenbrett das Ungeborene beerdigt hat.«
    »Ahhaa.« Mirwald dehnte das Wort voller Unglauben. »Ich verstehe Sie richtig: Es fehlt etwas, deshalb muss da eine Leiche liegen.«
    »Hören Sie, das ist kein Zufall. Walburga Bichlmeier kannte diesen Ort, sie war sehr gläubig. Vielleicht hatte sie geahnt, dass die Mutter des Kindes bei der anderen Gedenktafel vergraben war. Jedenfalls ist es eine passende Stelle für jemanden, der keine offizielle Beerdigung will, aber doch ein christliches Symbol.«
    Dix besah sich nochmal die Fotos. »Wo wäre dann logischerweise die mutmaßliche Stelle des Grabes? Wahrscheinlich direkt beim dritten Totenbrett.«
    »Wir haben noch ein anderes Problem, wie Sie sehen.« Baltasar deutete auf den Zaun.
    Tatsächlich hatte sich seit dem Fund des Skeletts einiges verändert: Der Acker war weiträumig mit einem Weidezaun eingegrenzt worden, der allem Anschein nach unter Strom stand. Ein handgeschriebenes Schild warnte:
    Privatbesitz. Betreten verboten!
    Für die Öffentlichkeit gesperrt.
    Der Eigentümer
    Alfons Fink
    Warum hatte der Landwirt diesen verlassenen Acker eingezäunt? Hatte ihm der Trubel nicht gepasst? Wollte er weitere Nachforschungen verhindern?
    »Das ist der Vorteil, wenn man bei der Polizei ist.« Mirwald holte ein kleines Multiwerkzeug aus der Tasche und zerschnitt den Draht. »Alles dienstlich notwendig.«
    »Na gut, dann wollen wir mal überprüfen, ob an der These des Herrn Pfarrers etwas dran ist.« Dix ging zum Auto und öffnete den Kofferraum. »Aber nur solange es nicht regnet.«

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