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Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald

Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald

Titel: Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Schreiner
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Geschwindigkeit. Er war kaum zurück im Pfarrheim, als er Philipp Vallerot anrief und ihm einen weiteren Spezialauftrag erteilte.

    Jetzt blieb Baltasar nichts anderes übrig, als zu warten. Er konnte sich auf nichts konzentrieren, versuchte ein Buch zu lesen, legte es nach einer halben Seite weg, ordnete seine Weihrauch-Utensilien, versuchte gar, seinen Kleiderschrank neu einzuräumen, unterließ es aber nach Teresas Protesten. Er legte sich aufs Bett, stand wieder auf, ging im Zimmer auf und ab und legte sich wieder aufs Bett.
    Der halbe Tag war vergangen, als Vallerots Anruf kam. »Apollo 13, Apollo 13, der Adler ist gelandet.«
    »Etwas mehr Ernst bitte, es ist wirklich wichtig.«
    »Bei dir ist alles wichtig, danach kann man nicht gehen.«
    »Hol mich bitte ab, wir fahren sofort los.«
    »Worum geht’s eigentlich?«
    »Mörderjagd.« Baltasar legte auf und erledigte einen weiteren Anruf. Er fühlte sich angespannt und war unsicher, ob sein Plan wirklich funktionierte. Die nächsten Stunden würden es zeigen.
    Philipp fuhr vor, und Baltasar stieg ein. »Ich dirigiere dich, mittlerweile kenne ich die Route.«
    Sie fuhren schweigend Richtung Norden. Als in der Ferne eine Galerie von Totenbrettern sichtbar wurde, sagte Baltasar: »Jetzt langsam vorbeifahren, wie Touristen, wir erkunden erst die Lage.«
    Sie rollten an den Gedenktafeln vorbei, die am Ortseingang von Arnbruck standen. Vor der Marienkapelle parkten mehrere Autos. Menschen waren keine zu sehen. Bis auf zwei Straßenkehrer in orangefarbenen Schutzwesten, die den Straßenrand reinigten. Sie fuhren weiter bis zur Ortsmitte und wendeten.
    »Park etwas weiter weg von der Kirche«, sagte Baltasar. »Ich geh den Rest des Weges zu Fuß.«
    Vallerot brachte den Wagen fünfzig Meter entfernt zum Stehen. »Und jetzt, mon Général?«
    »Du wartest hier. Ich gehe hinein.«
    »Ach! Sieht so dein Plan aus? Wie ausgeklügelt. Du reißt die Tür auf und sagst: Mörder bitte vortreten! Dann bittest du ihn höflich, dir zur Polizei zu folgen. Ist das dein Plan?«
    »Darin wird eine ganze Gruppe gläubiger Menschen sein. Die werden den Täter schon zur Vernunft bringen.«
    »Du meinst diese Sektenfanatiker? Das ist genau der richtige Personenkreis, der auf deine Argumente besonnen reagiert und sie mit dir in einer Kuschelrunde ausdiskutiert. Ha, ha, ha!«
    »Keine Sorge, das ist ein öffentlicher Ort, da gibt es Zeugen.«
    »Was meinst du, wie viele Menschen schon an öffentlichen Plätzen aufgeschlitzt wurden, trotz Zeugen?«
    »Ich pass schon auf mich auf. Der Herr beschützt mich.«
    »Der Große Außerirdische hat keine Schrotflinte. Aber ich.« Philipp Vallerot nahm einen Gegenstand vom Rücksitz und schlug den Stoff beiseite. Es war eine doppelläufige Flinte, der Lauf war abgesägt, das Holz des Schaftes von Narben gezeichnet.
    »Ist die vom letzten Weltkrieg übrig geblieben?« Baltasar betastete ungläubig die Waffe. »Wo hast du denn die her?«
    »Frag lieber nicht. Für unsere Zwecke reicht’s. Macht Löcher groß wie Kloschüsseln.«
    »Das letzte Mal habe ich so ein Gewehr gesehen… Lass mich überlegen … Das war bei der Kinopremiere von Der Pate – Teil 1 . Mit solchen Dingern haben die auf Sizilien rumgeballert.«
    »Daran siehst du, wie effektiv mein kleines Spielzeug ist. Munition habe ich genügend dabei, keine Sorge, das reicht, um ein Westernfort eine Woche gegen Indianer zu verteidigen.«
    »Ich hab nicht vor, mich umbringen zu lassen. Wir sind hier im Bayerischen Wald und nicht im Wilden Westen.«
    »Du überzeugst mich nicht. Ohne Begleitschutz lass ich dich nicht in diese Kirche. Wenn da wirklich der Mörder drin ist …«
    »Ich muss da zuerst alleine rein«, sagte Baltasar. »Also gut, wenn es dich beruhigt: Falls ich nach einer halben Stunde nicht rauskomme oder sonst etwas Gefährliches passiert, darfst du zum Sturmangriff ansetzen.«
    »Worauf du dich verlassen kannst!«
    45
    E twas mulmig fühlte sich Baltasar schon. Die Warnung seines Freundes Vallerot war berechtigt: Es war völlig unklar, was ihn in der Kirche erwartete. Aber er sah keine andere Möglichkeit, den Fall aufzuklären. Er ging an den Totenbrettern vorbei. Es war wie eine stille Mahnwache vor dem Gotteshaus. Ein letztes Geleit, dachte er.
    Vor dem Portal der Liebfrauenkapelle blieb Baltasar stehen. Er überlegte, ob er einen Seiteneingang suchen sollte, entschied sich aber dagegen. Vielleicht schaffte er es, unbemerkt hineinzuschlüpfen. Doch das würde ihm allenfalls

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