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Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald

Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald

Titel: Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Schreiner
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abtreiben lassen. Ich wollte nicht, dass ein unehelicher Balg wie eine ständige Bedrohung über uns schwebte und einen Keil in die Familie treiben würde. Meine Schwiegertochter Christina wusste nichts von der Affäre. Ein Kind, das später, wenn es groß war, bei uns auftauchte und seine Rechte geltend machen würde, konnte ich wahrlich nicht gebrauchen. Allein schon unser Grundbesitz, unser Vermögen. Dieser Balg hätte Anspruch auf ein Erbteil gehabt. Das wollte ich auf keinen Fall.«
    »Und Frau Bichlmeier hat geholfen, oder?«
    »Ich redete mir den Mund fusselig und legte Bares auf den Tisch. Ein normaler Eingriff war unmöglich. Dafür war die Schwangerschaft schon viel zu weit fortgeschritten. Das hätte kein Arzt gemacht. Deshalb musste Walburga es tun. Es gelang ihr, diese Schnoin davon zu überzeugen, dass die Behandlung harmlos wäre. Das Mädchen willigte ein. Noch am selben Abend ging Walburga in ihrer Küche zu Werke.«
    »Aber es kam zu Komplikationen.«
    »Nicht direkt bei dem Eingriff. Der war zweifellos schmerzhafter, als sich das die gute Eva vorgestellt hatte. Aber danach wollte diese kleine Nutte plötzlich von unserem Arrangement nichts mehr wissen. Sie drohte damit, zur Polizei zu rennen und uns anzuzeigen. Sagte, sie wolle so lange hierbleiben, bis Hubert wieder zu ihr zurückgekehrt sei. Ich bekam Panik, sah meinen Plan scheitern und wusste nur einen Ausweg: Dieses Dreckstück musste für immer verschwinden.«
    »Da fassten Sie den Entschluss, Eva zu ermorden.«
    »Diese Zuchtl war selbst schuld, sie hätte nur das Geld nehmen und verschwinden müssen.« Lydia Schindler sah in die Runde, ihre Miene war regungslos. »Es war ganz einfach: Ich lockte dieses Weib mit der Bitte in mein Auto, wir sollten uns nochmal aussprechen. Ich fuhr bis zu den Totenbrettern. Schon während der Fahrt machte sie mir klar, dass sie ›ihr Ding durchziehen‹ werde, wie sie es nannte. Als wir ankamen, holte ich den Spaten aus dem Kofferraum und sagte, ich wolle ihr etwas in der Erde zeigen. Sie war so naiv, so dumm, glaubte mir alles. Als sie mir den Rücken zudrehte, schlug ich zu – wieder und wieder. Ich begrub sie an Ort und Stelle.«
    »Mutter, du … du hast Eva wirklich umgebracht?« Ein Beben ging durch Hubert Schindlers Körper. »Warum hast du das getan?«
    »Für dich. Für Christina. Für uns alle.« Lydia Schindler strich ihrem Sohn übers Haar.
    Er schlug ihr die Hand weg. »Lass mich!«
    Sie gab sich unbeeindruckt. »Ich bereue es nicht. Es war notwendig, die Jungfrau Maria sei meine Zeugin.«
    »Lassen Sie die Gottesmutter bei Mord aus dem Spiel«, sagte Baltasar. »Ihre Taten wären auch ohne Geständnis ans Tageslicht gekommen.«
    »Sie Schwätzer! Dass ich nicht lache! Es war allein meine Entscheidung, mich zu offenbaren.«
    »Sie haben mehrere Fehler begangen, Frau Schindler, die Sie bald überführt hätten.« Baltasar ging zu ihr. »Sie haben beispielsweise übersehen, dass Eva Helming Gepäck bei Walburga Bichlmeier zurückgelassen hatte. Die alte Dame hat diese Tasche all die Jahre auf ihrem Speicher versteckt. Die Laborergebnisse der Polizei liegen noch nicht vor, aber wahrscheinlich finden sich auf Evas Kleidern Faserspuren von Ihnen.« In Wahrheit hatte er keine Ahnung, ob es tatsächlich etwas Verwertbares gab. »Ihr größter Fehler jedoch war die Postkarte, die Sie Tage nach dem Mord an Evas Großtante geschrieben haben. Die brachte mich auf Ihre Spur.«
    »Ha, lächerlich! Wovon reden Sie?«
    »Haben Sie es schon vergessen? Ihr Pech, dass die Großtante die Karte aufbewahrt hat. Die Schrift ist mir aufgefallen: Die Buchstaben hatten dieselbe seltsame Form wie auf dem Zettel, auf dem Sie mir die Anschrift der Versicherung aufgeschrieben hatten. Und ich bin mir sicher, unter der Briefmarke wird die Polizei Ihre DNA entdecken, einen winzigen Rest Ihres Speichels, mit dem Sie vor zwanzig Jahren die Marke befeuchtet hatten.«
    »Was sollen diese Spitzfindigkeiten?« Lydia Schindler wurde lauter. »Das ändert gar nichts!«
    »Ich frage mich nur, warum Sie auch Walburga Bichlmeier umgebracht haben. Wollte sie ihr Wissen preisgeben?«
    »Walburgas Gewissensbisse fingen gleich nach dem Eingriff bei dieser Schlamp’n an. Sie wollte das Ungeborene unbedingt beerdigen, anstatt es auf den Müll zu werfen. Sie verbuddelte es bei den Totenbrettern, ›damit das Kindlein so etwas wie ein christliches Grab erhält‹, wie sie es nannte. Danach brachte ich Walburga dazu, sich den Marienkindern

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