Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald
recht, die elende Schreibarbeit im Büro.« Mirwald seufzte. »Da lob ich mir doch unseren Undercover-Einsatz in der Kapelle. Pistole ziehen, Handschellen, Verhaftung – so stelle ich mir Polizeiarbeit vor! Das war grandios!«
»Mirwald, ich entdecke ganz neue Seiten an Ihnen.« Dix zog ihn in Richtung Auto. »Fahren wir lieber, bevor Sie noch Ihre Leidenschaft für die Kirche entdecken und Ministrant werden wollen.«
Baltasar ging hinüber zum Pfarrhaus, zog sich um und genehmigte sich eine Tasse Kaffee. Er war froh, dass der Schrecken nun vorüber war und er sich wieder um seine Gemeinde kümmern konnte. Er überlegte, ob er eine neue Weihrauch-Mixtur ausprobieren sollte.
Draußen fuhr ein Auto vor. Dem Motorengeräusch nach zu urteilen, war es Pater Pretorius mit seinem VW Käfer.
»Unser Besucher sein aus dem Krankenhaus entlassen worden«, sagte Teresa.
Der Pater trug ein kleines Pflaster am Kopf.
»Wie geht’s? Alles abgeheilt?« Baltasar begrüßte ihn.
»Es war eine einzige Quälerei, sag ich Ihnen. Die Schwestern nahmen keine Rücksicht auf meine Verletzungen.« Er deutete auf sein Pflaster. »Haben einfach den Verband abgerissen, wie ein Pferdedoktor, das tat weh. Jetzt verstehe ich das Leiden Christi am Kreuz. Und dann mein Zimmergenosse, dieser Trampel mit seiner Trampelfamilie.«
»Sie sehen wieder ganz gesund aus«, sagte Teresa.
»Ja, Fräulein Teresa, Sie haben ein Auge für die Selbstheilungskräfte eines Mannes.« Pretorius tätschelte ihren Arm. »Mit Ihrer Pflege wäre ich viel früher wieder zurückgekommen.«
»Bloß nicht!«, entfuhr es Baltasar. »Ich meine, man muss seine Verletzungen sorgsam auskurieren, sonst bleibt etwas zurück.«
»Ein wahres Wort. Leider muss ich Sie verlassen, ich wäre gern noch ein paar Tage geblieben.« Der Pater blickte traurig drein. »Aber die Pflicht ruft. Ich reise ab, packe bloß noch meine Sachen.«
Baltasar sandte im Stillen ein Dankgebet gen Himmel, Gott der Allmächtige war gnädig mit seinem Diener. »Warten Sie, ich habe noch etwas, was Ihnen gehört. Teresa hat es zufällig gefunden.« Er überreichte Pretorius dessen Berichtsakte.
»Sie … Sie haben … das gefunden?« Das Gesicht des Paters verfärbte sich dunkelrot. »Was erlauben Sie sich?«
»Jetzt mal halblang, Pater. Wir haben Sie gastfreundlich bei uns aufgenommen. Ist das der Dank dafür – Geheimberichte über uns an den Bischof?«
»Das … Das ist meine Pflicht. Meine … Meine Arbeit«, stammelte er. »Ich bin zur Vertraulichkeit angehalten. Was glauben Sie, wie es wäre, wenn die Besuchten wüssten, warum ich wirklich komme? Sie würden alles vorbereiten für eine große Show, und ich könnte nicht unvoreingenommen urteilen.«
»Und wie fällt Ihr Urteil über uns aus?«
»Sie waren sehr nett, Herr Senner.« Pretorius straffte sich. »Aber das darf ich nicht zum Maßstab machen. Das verbietet mein katholischer Dienstherr. Wohin ich sehe, sehe ich bei Ihnen Mängel, Mängel, Mängel. Ihre lasche Dienstauffassung, fehlender Respekt gegenüber dem Vorgesetzten, Ihr moralisch zweifelhafter Lebenswandel – ich weiß, es ist hart, es Ihnen direkt ins Gesicht zu sagen: Aber so ist es, hier stehe ich und kann nicht anders, so wahr mir Gott helfe!«
»Das ist schade. Dennoch habe ich ein Geschenk für Sie zum Abschied. Ein Andenken.« Baltasar holte einen Umschlag aus der Schublade und überreichte ihn Pretorius.
»Für mich?« Pretorius war überrascht. »Was ist da drin?« Er riss den Umschlag auf und nahm einige Fotos heraus. Schweigend betrachtete er die Aufnahmen. Seine Gesichtsfarbe wechselte von Rot zu Leichenblass. »Das … Das ist … Woher haben Sie …?«
Die Fotos stammten vom letzten Krankenbesuch Teresas mit Philipp Vallerot. Baltasar hatte beide vorher um einen großen Gefallen gebeten. Deshalb war die Haushälterin überschwänglich freundlich zu Pretorius gewesen. Sie hatte halb auf dem Krankenbett gelegen, als sie dem Pater einen Begrüßungskuss gab. Derweil hatte Philipp Vallerot auf den Auslöser seiner versteckten Kamera gedrückt.
»Sind die Schnappschüsse nicht klasse geworden?« Baltasar lächelte. Teresa grinste. »Diese Schärfe, diese Farben. Obwohl ich sagen muss, Pater, auf den Fotos sieht es so aus, als würden Sie Teresa unangemessen belästigen. Ihr Blick bei dem Kuss, wirklich allerliebst. Und erst diese Aufnahme.«
Er zog ein Foto heraus, auf dem Pretorius nur wenige Zentimeter von Teresas Hals entfernt war – unglücklicherweise sah
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