Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald
war aus Linz angereist. Sie hatte sich vorher bei Baltasar darüber beschwert, dass man in der Kirche nicht rauchen dürfe. Unruhig nestelte sie an ihrer Handtasche. In der hintersten Reihe waren Alfons Fink und seine Frau Gabriele auszumachen.
Denn er weiß, was für Gebilde wir sind,
er denkt daran: Wir sind nur Staub.
Unter der Marienstatue funkelten die Edelsteine des Rosenkranzes im Kerzenlicht. Baltasar sprach ein Gebet und lud die Besucher ein, dem Leichenzug auf den Friedhof zu folgen. Nach einigen Minuten setzte sich die Kolonne in Bewegung. Die Sonne schien, es war windstill.
Nach der Beerdigung löste sich die Schar der Kirchenbesucher auf.
»Eine ergreifende Zeremonie, das haben Sie gut gemacht, Herr Pfarrer.« Bürgermeister Wohlrab schüttelte ihm die Hand. »Ich bin froh, dass diese schreckliche Geschichte ein Ende hat. Nicht gerade Werbung für unseren Ort.«
»Übrigens – was macht denn Ihr Immobilienprojekt?«
»Hören Sie auf damit, Hochwürden! Es ist eine einzige Katastrophe!« Wohlrab verzog das Gesicht. »Das Landratsamt hat den Golfplatz nicht genehmigt. Zu starker baulicher Eingriff in ein Naturbiotop, in dem seltene Tierarten leben, hieß es. Dass ich nicht lache! Diese blöde Mopsfledermaus. Wenn ich den Kerl erwische, der dieses Märchen in die Welt gesetzt hat, dem drehe ich eigenhändig den Hals um.« Der Bürgermeister machte eine entsprechende Bewegung mit den Händen. »Außerdem verfügte die Behörde, das Sporthotel müsse ein Stockwerk niedriger gebaut werden. Daraufhin sind die Investoren abgesprungen. Das Projekt würde sich nun nicht mehr rentieren, sagten sie. Das war’s.«
»Und nun?«
»Ich hab schon wieder neue Pläne. Sie kennen doch diese Quelle mit dem angeblichen Wunderwasser oben im Wald? Dort ist auch eine kleine Kapelle, leider ein Schwarzbau, den das Landratsamt abreißen lassen will. Und das Wasser ist laut Analyse nur so gut wie stinknormales Leitungswasser.«
Baltasar runzelte die Stirn. »Und wo steckt da die gute Nachricht?«
»Sehen Sie das nicht? Eine wundertätige Quelle! Wie Lourdes! Dort ist auch nur normales Wasser. Man könnte den Ort zur Wallfahrtsstätte ausbauen, das würde Touristen aus ganz Deutschland, was sag ich, aus ganz Europa anziehen. Wer spricht von Neukirchen beim Heiligen Blut? Wer kennt schon Altötting? Allerdings bräuchte ich Ihre Mithilfe, Hochwürden, es ist zum Vorteil der Gemeinde.«
»Sie meinen?« Baltasar ahnte Schlimmes.
»Nun, es fehlen noch die Wunder, wissen Sie, eine kleine Spontanheilung vielleicht, ein Blinder kann wieder sehen oder gewinnt im Lotto, so was in der Richtung. Sie hören doch viel …« Der Bürgermeister zwinkerte ihm zu. »Da wäre es doch schön, wenn Sie ein kleines Wunder bezeugen könnten. Das würde helfen! Die Zeitungen berichten darüber und schon …«
»Vielen Dank, Herr Bürgermeister, kein Bedarf.«
Xaver Wohlrab ließ sich nicht abschütteln. »Oder Ihr Rosenkranz, ist das nicht eine heilige Reliquie, die Wunder tut? Ihre Kirche würde sich fantastisch als Wallfahrtsstätte eignen, da würden wir uns die Kosten für einen Neubau sparen und hätten auch keine Probleme mit dem Landratsamt. ›Kirche zum heiligen Rosenkranz‹ – klingt doch gut, finden Sie nicht?«
Baltasar schüttelte ihm die Hand. »Viel Erfolg mit Ihren Projekten, ich muss mich um die anderen Besucher kümmern.«
Er wandte sich den beiden Kriminalbeamten zu, die abseits am Zaun standen. »Nun die Herren, Fall gelöst?«
»Frau Schindler hat ihre Aussage zu Protokoll gegeben und das Geständnis wiederholt«, sagte Wolfram Dix. »Damit ist der Fall abgeschlossen.«
»Und Hubert Schindler?«
»Wir mussten den Sohn freilassen, nachdem Sie keine Anzeige erstatten wollten, Herr Senner«, sagte Dix. »Und eine Mittäterschaft an den Verbrechen der Mutter können wir ihm nicht nachweisen. Uns fehlen die Beweise.«
»Wobei schon spannend wäre nachzuforschen, ob die Mutter tatsächlich die Täterin war oder ob sie nur ihren Sohn schützen wollte«, sagte Mirwald. »Ihr schien die Aussicht, lebenslänglich ins Gefängnis zu wandern, gar nichts auszumachen. Es sei ein Opfer für die Familie, meinte sie. Das ist doch seltsam.«
»Wir werden den Teufel tun und den Fall wieder aufrollen«, sagte Dix. »Die Beweise sind eindeutig, die DNA-Spuren, die Fasern, das Geständnis. Mirwald, schreiben Sie sich das endlich hinter die Ohren, abgeschlossen ist abgeschlossen. Die Aktendeckel bleiben zu. Basta!«
»Sie haben
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