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Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald

Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald

Titel: Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Schreiner
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anzuschließen. Die Totenbretter brachten mich übrigens erst auf die Idee, Eva an derselben Stelle zu vergraben. Es war doch ein Akt der Nächstenliebe, die Mutter neben dem Kind zu bestatten.«
    »Und was sollte das seltsame Ritual mit dem vergrabenen Rosenkranz?«
    »Es war eine Form der persönlichen Buße, wenn Sie so wollen, ein Opfer. Ich habe den Rosenkranz aus der Kirche genommen und als eine Art Grabbeigabe gespendet. Schließlich gehörte er teilweise mir, weil ich ihn mitfinanziert hatte. Dummerweise haben Sie ihn sich dann gegriffen und bei sich aufbewahrt, Herr Senner. Ich bekam es mit der Angst zu tun, dass doch noch verwertbare Spuren von mir darauf zu finden wären. Deshalb habe ich mich ein wenig in Ihrem Pfarrheim umgesehen. Leider kam mir dabei dieser Mann in die Quere.«
    »Du hast uns missbraucht, um deine Taten zu vertuschen?« Nepomuk Hoelzl war aufgesprungen. »Alles war nur eine Farce?«
    »Beruhig dich, Nepomuk. Walburga war ein treues Marienkind. Leider hat sie kalte Füße bekommen, als Sie, Herr Pfarrer, ihr zugesetzt haben. Sie kam zu mir und meinte, sie müsse alles beichten, Maria habe ihr das befohlen. Was blieb mir anderes übrig, als ihr für immer den Mund zu stopfen.« Sie fixierte ihren Sohn und dessen Frau Christina. »Ich hab es nur für euch beide getan. Bitte vertragt euch wieder und zerstört nicht alles, was ich aufgebaut habe.«
    »Sie haben nichts aufgebaut, sondern alles zerstört.« Baltasar fasste Lydia Schindler am Arm. »Kommen Sie, machen Sie nun den letzten Schritt, fahren wir zur Polizei.«
    »Lassen Sie meine Mutter los!« Hubert Schindler war aufgesprungen und hatte sich den Kerzenständer gegriffen. Die Kerze fiel zu Boden, der Docht erlosch. Er hielt den Ständer wie eine Lanze und zielte mit der Spitze auf Baltasars Brust. »Zurück, sage ich! Sofort!«
    Baltasar wich zurück.
    »Meine Mutter geht nirgendwo hin.« Hubert Schindlers Augen flackerten. Er zog seine Mutter hinter sich. »Ihr bleibt alle, wo ihr seid, sonst … Wir verschwinden jetzt. Und versucht nicht, uns zu folgen!«
    »Waffe runter, sofort!« Der Befehl klang wie ein Bellen. Er kam aus dem Munde eines Mannes, der vom Seiteneingang hereingeschlichen sein musste. Er trug die orangefarbene Schutzweste eines Straßenkehrers, hielt eine Pistole im Anschlag und zielte direkt auf Hubert Schindlers Kopf. Sein Kollege stand etwas abseits und versperrte Schindler den Rückzug. Bei genauerem Hinsehen entpuppten sich die beiden vermeintlichen Straßenkehrer als Oliver Mirwald und Wolfram Dix.
    Hubert Schindler ließ den Kerzenständer fallen. Mirwald legte ihm und seiner Mutter Handschellen an.
    »Na endlich! Ich dachte schon, Sie greifen überhaupt nicht mehr ein«, sagte Baltasar. »Einen schicken Anzug haben Sie übrigens, Herr Kommissar!«
    46
    Z ur Beerdigung hatte Baltasar Rosen gewählt. Sie bildeten einen hübschen Kontrast auf dem weißen Sarg, in dem Eva Helmings sterbliche Überreste lagen, zusammen mit dem Ungeborenen. Endlich waren Mutter und Kind vereint, sie würden mit zwanzig Jahren Verspätung eine angemessene Bestattung bekommen und ihren Frieden finden, auf dem Friedhof der Gemeinde. Spenden der Einheimischen hatten das ermöglicht.
    Sebastian schwenkte das Turibulum heftiger als sonst, was vielleicht der Tatsache zuzuschreiben war, dass ihm Baltasar seinen Finderlohn zugesteckt hatte, der für einen Computer und mehrere Videospiele reichen dürfte. Der Duft kitzelte Baltasars Nase und verschaffte ihm ein Hochgefühl. Wunderbarer Rosenweihrauch aus einem französischen Kloster, vermischt mit Olibanum, Myrrhe und einem Spezialextrakt aus Eritrea. Er trat vor, stimmte ein Lied an, die Gemeinde fiel ein.
    Des Menschen Tage sind wie Gras,
    er blüht wie die Blume des Feldes.
    Fährt der Wind darüber, ist sie dahin,
    der Ort, wo sie stand, weiß von ihr nichts mehr.
    Die Kirche war voll bis auf den letzten Platz. Zwei Zeitungsreporter standen am Rand, in der ersten Reihe Bürgermeister Xaver Wohlrab und seine Frau, daneben der örtliche Parteivorsitzende sowie die Leiterin des Tierschutzvereins und des Aktionsbündnisses Mopsfledermaus 21. Zwei Reihen dahinter Metzger Hollerbach mit Gattin, selbst der Direktor der Sparkasse war gekommen.
    Wie ein Vater sich seiner Kinder erbarmt,
    so erbarmt sich der Herr aller, die ihn fürchten.
    Am Mittelgang saß Wolfram Dix, dessen Fuß im Takt mitwippte, sein Assistent saß mit verdrießlichem Gesichtsausdruck daneben. Evas Großtante Josefa Breuer

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