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Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald

Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald

Titel: Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Schreiner
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bei uns. Ich wiederhole: nicht bei uns! Ziehen Sie das sofort aus!«
    »Aber der Verkäufer meinte …«
    »Ich hoffe, Sie haben noch den Kassenzettel und können den Krempel umtauschen. Das ist ja so was von peinlich. Fehlt bloß noch, dass Sie einen Schuhplattler-Kurs belegen. Stehen Sie bloß nicht in meiner Nähe, Mirwald, die Leute denken sonst, wir gehören zusammen.« Er schüttelte den Kopf. »Mein Gott, wie daneben. Lassen Sie’s besser, Mirwald, stehen Sie zu Ihrer Abstammung – es gibt Menschen mit ernsteren Behinderungen.«
    »Das ist aber …« Mirwald zog eine Schnute.
    »Genug, gehen Sie mir aus den Augen. Wir fahren getrennt zurück. Holen Sie den Rosenkranz. Wir treffen uns im Büro.«
    Baltasar führte den Assistenten in die Sakristei. »Also, wie abgemacht, Sie nehmen das gute Stück für Ihre Untersuchungen mit, ohne dass es jemand merkt, und ich bekomme es so schnell wie möglich zurück. Und zu niemandem ein Wort!«
    26
    B altasar wälzte sich im Bett, gähnte und versuchte, noch mal einzuschlafen. Er wollte einfach nicht richtig wach werden. Vielleicht war der Weihrauch schuld, den er sich am Vorabend genehmigt hatte. Oder die Hektik des vergangenen Tages mit der Rosenkranz-Prozession. Es war schwieriger gewesen als gedacht, den verspäteten Besuchern zu erklären, warum die Reliquie nicht mehr zu sehen war. Mit »Sicherheitsbedenken« hatte er sich schließlich herausgeredet.
    Auch das Gespräch des Kommissars mit Sebastian hatte länger gedauert. Zumindest konnte er Mirwald das Versprechen abringen, den Jungen möglichst außen vor zu lassen und die Eltern vorerst nicht zu informieren. Einen Zweck hatte die Veranstaltung jedoch bisher verfehlt: Es gab keine neuen Hinweise auf das tote Mädchen.
    Es klingelte. Wer um Himmels willen wollte um sechs Uhr früh was von ihm? Er zog die Bettdecke über den Kopf und hoffte, Teresa würde öffnen. Nach einer Weile klopfte es an der Tür.
    »Herr Senner, aufstehen, Sie haben Besuch!«
    »Wer ist es denn? Er soll später wiederkommen.«
    »Der Mann will mit Ihnen persönlich reden.«
    Baltasar überlegte, ob er seine Amtstracht anlegen sollte, entschied sich aber für Jeans und Sweatshirt. Als er die Küche betrat, wartete dort ein etwa sechzig Jahre alter Mann in Soutane auf ihn. Das Gesicht war ausgemergelt, man fragte sich unwillkürlich, ob er an Vitaminmangel litt.
    »Herr Senner?«
    »Das bin ich.« Er unterdrückte ein Gähnen.
    »Gott möge Sie segnen. Ich bin Bruder Pretorius.«
    Baltasar musste wie ein wandelndes Fragezeichen wirken, denn der Mann fügte hinzu: »Hat Ihnen Bischof Siebenhaar nicht angekündigt, dass ich komme? Er sagte, ich könne auf Ihre Gastfreundschaft zählen.«
    Das war also der »gute Freund«, von dem Seine Exzellenz gesprochen hatte.
    »Nun, der Zeitpunkt ist etwas überraschend. Aber seien Sie willkommen. Ich helfe Ihnen mit dem Gepäck.«
    Sie gingen nach draußen. Im Hof stand ein alter VW-Käfer mit Passauer Nummernschild, die Kotflügel waren verbeult, ein Kratzer lief durch die Fahrertür, und statt einer Antenne steckte ein Kleiderbügel aus Draht in der Halterung.
    »Das ist ja eine richtige Antiquität.« Baltasar klopfte aufs Autodach. »Wo haben Sie den ausgegraben?«
    »Ist nur geliehen, von einer Klosterschwester. Fährt noch einwandfrei, trotz der zweihundertvierzigtausend auf dem Tacho. Nur der zweite Gang geht manchmal schwer rein. Ich selbst habe kein eigenes Auto. Ich bin bedürfnislos. Gott sorgt schon für seine Diener.« Er zog ein Kruzifix an einer Kette unter der Jacke hervor und küsste es. »Mir reicht eine Matratze zum Schlafen und ein Stück Brot. Es ist zu liebenswürdig, dass Sie mich aufnehmen. Ich werde Ihnen nicht zur Last fallen, Sie werden mich gar nicht bemerken.«
    Baltasar zeigte ihm das Gästezimmer. Als Gepäck hatte Bruder Pretorius nur einen Pappkoffer dabei. »Fühlen Sie sich wie zu Hause, gleich gibt’s Frühstück.«
    »Können wir nicht zuerst eine kleine Andacht zelebrieren, nur wir beide? Wenigstens eine Liturgia horarum , oder die Laudes ? Ich finde, man sollte den Tag mit Gott einläuten.«
    Das fängt ja gut an, dachte Baltasar, ein Stundengebet am frühen Morgen. »Ich brauch jetzt erst einen Kaffee. Stärken Sie sich doch auch ein wenig, danach ist genug Zeit für die Kirche. Sie läuft Ihnen nicht weg.« Baltasar lächelte.
    Bruder Pretorius sah ihn verständnislos an. »Meine Pflichten stehen für mich an erster Stelle. Davon rücke ich normalerweise nie ab.

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