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Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald

Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald

Titel: Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Schreiner
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modernen Flugverkehrs vorhergesehen haben soll: »Die Leut werden in der Luft fliegen wie die Vögel.«
    Der Haken an all diesen Geschichten ist nur – schriftlich findet sich aus jener Zeit nichts, es kann also genauso gut erfunden sein. Aber das juckt das fromme Volk im Bayerischen Wald nicht. Wenn man an Maria glaubt, warum darf man nicht auch mal an eine wilde Prophezeiung glauben? Denn die Bewohner dieser Region haben immer recht, ob sie nun Mühlhiasl oder sonst wie heißen.
    Bei den Marienkindern konnte Baltasar ein Gefühl der Beklemmung nicht loswerden. Das lag weniger an deren religiösen Praktiken als vielmehr an der Verbindung mit dem Rosenkranz und damit mit dem ermordeten Mädchen. Es konnte kein Zufall sein, die Marienverehrung mit der Gebetskette als Erkennungszeichen für die Statuen der Gottesmutter. Kam der Täter aus diesem Kreis? Wussten die Mitglieder der Gruppe mehr, als sie zugaben? Baltasar nahm sich vor, diesen Nepomuk Hoelzl genauer unter die Lupe zu nehmen.
    Ein Anruf riss ihn aus seinen Gedanken. Es war Philipp Vallerot. »Schneller als erhofft habe ich diesen Detterbeck ausfindig gemacht. Ich habe einen Gesprächstermin in einer Stunde vereinbart. Der Herr wird quasi persönlich anwesend sein, beeil dich!« Baltasars Rückfragen wich er aus. »Komm einfach.«
    Baltasar fläzte sich in einen von Vallerots Wohnzimmersesseln, die wie ein halbes Ei aussahen. »Also, wie hast du den Wirt herbeigezaubert? Du verfügst über magische Kräfte, ich wusste es, deshalb die Ablehnung alles Religiösen. In Wirklichkeit bist du ein Verwandter von Harry Potter.«
    »Ich glaube an die Segnungen der Technik, die haben in diesem Fall geholfen, ganz ohne Hexerei.« Vallerot nippte an seinem Mineralwasser. »Scheußliches Zeug.«
    »Warum trinkst du es dann?«
    »Hab mir den Magen verdorben. Jedenfalls, dank des Internets habe ich den Gesuchten ausfindig gemacht. Wie du dir denken kannst, ist Detterbeck nicht gerade ein häufiger Name in Frankreich. Er lebt übrigens noch in Bordeaux. Ich habe den Herrn angerufen und das Treffen vereinbart. Er freut sich, wieder mit jemandem aus seiner alten Heimat zu sprechen.«
    Baltasar runzelte die Augenbrauen. »Wie schaffst du das, hast du ein Flugzeug gechartert, das ihn herfliegt?«
    »Wieder hilft uns der Computer. Wir werden gleich eine Online-Videokonferenz beginnen, das ist heute kinderleicht. Du hast doch schon mal vom Internet gehört? Oder hältst du das World Wide Web für einen Naturschutzpark für Engel und andere Außerirdische?«
    »Ha, ha, ich weiß, wie das geht. Aber Detterbeck ist nicht mehr der Jüngste, du glaubst, er kennt sich aus mit solchen Dingen?«
    »Er hat den Enkel seines Nachbarn gefragt, der Junge hat alles gemanagt und stellt sein Gerät zur Verfügung. Der Mann braucht sich nur davorzusetzen und zu quatschen. Das Phantombild hat er schon. Testen wir, ob die Verbindung funktioniert.« Er schaltete den Laptop an. »Du darfst natürlich nicht vergessen, in die Kamera zu gucken, sonst sieht man dich am anderen Ende der Leitung nicht.«
    Es kratzte aus dem Lautsprecher, der Monitor flimmerte, nach einigen Sekunden stand das Bild. Ein Mann mit lichtem Haar und wachen Augen blickte sie an. Im Hintergrund war die Silhouette der Stadt zu erkennen.
    »Grüß Gott nach Bordeaux, Herr Detterbeck. Danke, dass Sie sich Zeit für das Gespräch genommen haben.«
    »Wie kann ich jemandem aus meiner Heimat etwas abschlagen, noch dazu, wenn es der Pfarrer ist?« Der niederbayerische Tonfall war unüberhörbar. »Wie kann ich Ihnen weiterhelfen?«
    »Sie haben die Zeichnung des toten Mädchens erhalten. Dazu bräuchte ich Hinweise, wer sie ist. Bislang hat sie noch niemand identifiziert.«
    »Ihr Freund Vallerot hat mir von dem Fall berichtet. Das ist ganz an mir vorbeigegangen, so kann’s gehen, wenn man nicht mehr in Deutschland ist. Schrecklich, so ein Verbrechen, sie war noch so jung, erst siebzehn.«
    »Kennen Sie die junge Frau?«
    »Ich hab mir das Bild lange angeschaut und überlegt. Ich bin mir nicht sicher, nach all den Jahren.«
    »Was macht Sie unsicher?«
    »Ich kann mich an ein Mädchen erinnern, das so ähnlich aussah wie das von dem Bild, aber älter wirkte. Deshalb weiß ich nicht, ob es dasselbe Mädchen ist.«
    »Diese Phantomzeichnungen sind sehr ungenau, es ist nur die Rekonstruktion von einem Schädel. Wie war das mit der Frau, die Sie meinen?«
    »Damals, das ist nun schon zwanzig Jahre her, kam das Mädchen in mein Gasthaus.

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